Hurling-Fieber in Waterford
"Good Luck, Waterford"! Die Männermannschaft kam nach 50 Jahren ins Hurling-Finale. Die ganze Nation fiebert so sehr mit, dass ab und zu sogar ein Haus oder Auto blauweiß gestrichen wurde...
Als ich vor drei Wochen etwa, an einem ruhigen Sonntagnachmittag, durch die Stadt lief, hörte ich plötzlich laute Musik und Menschen, die klatschten, kreischten und laut "Port Lairge" durch die Gegend schrieen.
Kurze Zeit später kamen von überall her Leute mit glücklichen Gesichtern und blauweißen Flaggen in den Händen in die Innenstadt.
Selbst die Verkäufer aus den Geschäften wollten dabei sein und stürmten auf die Straßen. Die Stimmung war so überwältigend. Jeder feierte mit, ob jung, ob alt, Mann oder Frau.
"Aber warum der Trubel?", fragte ich mich. Irgendetwas muss mit Waterford passiert sein, soviel war schon mal klar, denn blauweiß ist die Farbe County Waterfords und "Port Lairge" ist das irische Wort für Waterford.
Nachdem ein altes Ehepaar mir schließlich erklärte, dass die Waterford Männermannschaft nach 50 Jahren endlich wieder einmal im Hurlingfinale sei, war ich immer noch nicht schlauer.
Was ist denn nun Hurling? Um nicht all zu unahnend dazustehen, fragte ich lieber die Mitarbeiter im Center und schaute mir ein Spiel bei meinen Nachbarn an.
Folgendes fand ich heraus:
Hurling ist wohl, die mit Abstand, älteste und ureigenste Sportart Irlands. Und, angeblich auch, die härteste Sportart der Welt, jedenfalls die gnadenloseste Mannschaftssportart.
Ähnlich wie beim Hockey wird mit einem Holzschläger, dem Hurley und einem kleinen Ball gespielt. Die Teams bestehen aus jeweils 15 Mann.
Der Ball kann mit dem Schläger sowohl vom Boden als auch in der Luft geschlagen werden. Auch ist es gestattet, den Ball mit den Händen aufzuheben, aber auch hier nur für maximal vier Schritte. Wie beim Football wird nach Punkten gewertet, einen Punkt gibt es für den Ball über die Torlatte und drei Punkte für den Ball ins Tornetz.
Soviel zum Ablauf. Kaum zu glauben, aber so ein Spiel ist sogar noch beliebter als Fußball oder Football. Denn das, was Hurling so einzigartig macht und die ganze Nation zum Mitfiebern bewegt, ist viel mehr die Kenntnis darüber, dass alle Spieler Amateure sind, die fürs Spiel keine Bezahlung erhalten und für ihr Land, ihre Provinz, ihre Stadt kämpfen.
Aufgrund dieser Tatsache versuchen die Bürger alles, um ihr Team zu unterstützen.
In Waterford wurde fast jedes Haus vor dem Finale, welches jedes Jahr Anfang September in Dublin abgehalten wird, mit Stadtflaggen geschmückt, an einigen Häusern waren sogar kleine gebastelte Hurler und Männer befestigt, selbst die Geschäfte hatten Flaggen, Poster mit "Good Luck, Waterford" aufgehängt.
Ein paar Leute gingen soweit, dass sie ihre Häuser, Autos und Auffahrten blauweiß strichen. Die Stadt verloste Preise für das beste dekorierte Haus, für das beste aufgemotzte Auto und für den am besten gekleideten Waterford-Fan.
Selbst die Schule verpflichtete die Kinder zum Tragen blauweißer Kleidung am letzten Schultag vor dem finalen Event.
Sonntag, den 7.September, war es soweit: In der Stadt und in den Pubs wurden Leinwände aufgestellt, auf denen das Spiel, Waterford gegen Kilkenny, übertragen wurde. Ich sah mir das Spiel mit meinen Nachbarn an. Und nach eineinhalb Stunden stand das traurige und enttäuschende Ergebnis fest: Waterford hatte verloren.
Trotzdem ließ keiner einen Tag später auf sich warten, versammelte sich in der riesigen Menge in der Stadt und begrüßte die heimgekehrten Hurling-Spieler.
Der ganze Wirbel ums Hurlingfinale hat mir gezeigt, wie "irre" die Iren doch eigentlich sind.
Selten habe ich soviel an patriotischem Mitgefühl gesehen.
Nachdem letzten Wochenende kehrte in Waterford wieder Ruhe ein.
Bei uns im Jugendzentrum war durchgehend eher weniger los.
Das Sommerprogramm war Ende August abgeschlossen und die Kinder mussten zurück zur Schule. Somit haben unsere zwei Vollzeitjugendarbeiter, eine Teilzeithelferin und ich die Zeit sinnvoll genutzt alles aufzuräumen und für unsere Clubs, die jetzt wieder starten, alles vorzubereiten.
Meine Aufgabe war außerdem noch für meinen eigenen Club, der bald ebenfalls anfangen soll, Pläne zu gestalten und auszuarbeiten.
Voller Vorfreunde werde ich nun Mitte Oktober mit einem Kochprogramm für Kinder beginnen.
Am letzten Freitag zog meine neue Mitbewohnerin Sandra in das Haus ein. Sie wird für ein Jahr in einem Nachbarprojekt, welches sich auf schwererziehbare Kinder spezialisiert hat, arbeiten.
Bisher kommen wir sehr gut miteinander aus. Letzten Samstag hatte meine Fußballmannschaft ein wichtiges Spiel, was wir gewannen. So, wie es sich gehört, folgte anschließend eine große Feier. Sandra kam mit, lernte meine Mitspielerinnen kennen und was das Wichtigste war, wir hatten viel Spaß.
Im nächsten Monat hoffe ich mehr von Irland und der Landschaft zu berichten!
Wiebke Wendeling, eine sehr gute Freundin aus Aurich, wird mich am Freitag für zehn Tage besuchen. Zu dritt, mit Sandra, haben wir uns für das Wochenende eine Jugendherberge in Dublin gebucht, da alle von uns gerne die Stadt erkunden wollten.
Anfang Oktober wird mein Freund Jan-Rewert für sechs Tage in Irland sein und mit mir County Wicklow besichtigen. Im Anschluss findet für alle europäischen Freiwilligen, die im Juli und August nach Irland gekommen sind, ein On-Arival-Training in Dublin statt.