Hundeschlitten fahren, ein Wochenende am Kardon und ein Museum
Neben Bauarbeiten im Park hatte ich diese Woche das erste Mal die Gelegenheit, mit einem Hundeschlitten zu fahren. Das Wochenende verbrachte ich am Kardon. In der Woche darauf gestaltete ich unter anderem einen neuen Ausstellungsraum.
7.2. bis 13.2.2011:
Diese Woche standen Arbeiten in einem zukünftigen Ausstellungsraum statt.
Der Raum befindet sich in einem separaten Häuschen auf dem Hof der Parkverwaltung. Im Dezember hatte ich dort schon geholfen die Decke weiß zu streichen. Nun sollten wir Volontäre die Wände mit einer Brand– und Korrosionsschutzfarbe streichen. Eigentlich sollten wir schon am Montag damit beginnen, aber dann wurde uns gesagt, dass zuerst die Elektrik gemacht werden würde, dann sollten wir streichen. Also Kommando zurück.
So beschäftigte ich mich am Montag anderweitig: Ich ging auf die Bank. Das kann hier schon mal 30 bis 45 Minuten dauern, auch wenn man als zweiter in der Reihe steht. Scheinbar sind hier alle Vorgänge auf Behörden, bei der Post oder der Bank ziemlich kompliziert. Außerdem ist es mir bisher noch nicht gelungen das System, falls es eines gibt, beim Anstellen zu kapieren. Irgendwie kommen immer wieder Leute, die scheinbar vor dürfen oder es zumindest machen. So kommt es vor, dass man zuerst an zweiter Stelle, dann aber plötzlich an fünfter Stelle steht.
Naja, so verbringt man dann halt ziemlich viel Zeit auf der Bank.
Sodann überarbeitete ich noch einmal meinen Postkartenentwurf. Denn wie ein Testdruck zeigte stimmte noch nicht alles. Nach ein paar Mausklicks und Tastendrücker, war das Ergebnis aber zufriedenstellender. Jetzt muss nur noch Natalia Petrowna damit zufrieden sein.
Eine weitere Arbeit waren Fühlkästen im Besucherzentrum des Parks. Dort stehen ein paar Kisten mit verschiedenen Naturmaterialien. Die Besucher, vor allem Kinder, müssen dann hineingreifen und erraten was drin ist. Mit Hilfe eines Etikettes können sie sich dann überprüfen. Ich sollte eines der Etiketten erneuern, da es Fehler hatte. Inzwischen habe ich das gemacht, doch um die Sache abzuschließen, muss ich das Etikett farbig ausdrucken. Der einzige Farbdrucker des Parks ist aber kaputt. Also wollte Natalia Petrowna das Dokument bei sich zu Hause ausdrucken. Bis jetzt warte ich noch immer darauf.
Am Montag kam Igor Anatolewitsch ins Büro und fragte, ob jemand Lust hätte, Hundeschlitten zu fahren. Lust?? Ich warte schon seit Ewigkeiten auf eine günstige Möglichkeit. Denn normalerweise kostet es viel Geld, wenn man einen Hundeschlitten mietet.
Doch nun hatte der Pfarrer von Esso um Hilfe gebeten. Denn eines seiner Hobbys ist das Hundeschlittenfahren. Er nimmt sogar an der „Beringia“ teil, eines der größten Hundeschlittenrennen der Welt, das hier in Esso jährlich startet.
Ich sagte dann sofort zu und erfuhr dann, dass ich für zwei Tage mit dem Pfarrer unterwegs sein würde. Übernachten würden wir an dem See Galjamaki. Los gehen sollte es morgen, am Dienstag. Also packte ich am Montag noch das notwendige zusammen. Die Devise lautete, so leicht und so warm wie möglich. Naja, ich zog dann halt meine wärmsten Klamotten an und packte etwas zu Essen ein und was man halt sonst so noch dringend braucht um zwei Tage in der winterlichen Natur zu überleben.
Am Dienstagmorgen fand ich mich dann gegen halb Neun im Park ein. Der Pfarrer kam gegen halb zehn.
Zuerst gingen wir zu ihm nach Hause. Dort packten wir den Schlitten mit unserem Gepäck. Dabei erklärte mir der Pfarrer schon einige Dinge der Ausrüstung. Nachdem der Schlitten dann gepackt war gings mit zwei Hunden los zum Zwinger des Pfarrers. Dort spannten wir dann noch 9 weitere Hunde an den Schlitten und gaben allen Hunden noch etwas zum Essen. Gegen ca. 11 Uhr setze ich mich dann zwischen das Gepäck in den Schlitten und wir fuhren los.
Der Pfarrer stand dann hinten auf dem Schlitten, lenkte und gab die Kommandos, die in etwa so klangen: he; hop-d-hop; los; schnell; krk-krk; ho…
Wenn es den Berg hoch geht, muss derjenige, der hinten steht etwas nachhelfen und mit einem Bein anschieben oder wenns steiler wird nebenherlaufen und schieben. Wenn es dann ganz steil wird, muss auch derjenige im Schlitten aussteigen und den Hunden helfen.
Wenn die Hunde mal zu schnell sind oder stehen bleiben sollen, so tritt der Hintere auf die Bremse und gibt die entsprechenden Kommandos.
Nachdem wir ein paar Minuten unterwegs waren, wechselten wir die Positionen und ich durfte mal hinten auf dem Schlitten stehen und lenken. Wenn der Weg dann gefährlicher wurde wechselten wir wieder.
Dennoch schaffte ich es einmal den Schlitten umzuwerfen und im Schnee zu landen. Daraufhin erklärte mir der Pfarrer, dass man niemals den Schlitten loslassen soll (was ich Reflexartig getan hatte) und wenn man sich mit den Zähnen daran verbeißt.
Anfangs dachte ich, dass so eine Hundeschlittentour nicht allzu anstrengend sein würde, doch dabei hatte ich mich getäuscht. Schließlich musste man öfters aussteigen und nebenherjoggen und schieben. Dabei kam man dann auch bei minus 25 Grad ins Schwitzen. Lediglich die Finger und die Zehen wurden manchmal kalt.
Gegen 14 Uhr erreichten wir dann eine kleine Hütte an der wir den Hunden etwas zu essen gaben und auch selber Tee tranken und eine Kleinigkeit aßen. Während dieser halbstündigen Pause entschlossen wir uns dann, dass wir nicht weiter zum Galjamaki fahren würden, sondern hier umdrehen und wieder nach Hause fahren würden. Denn wir hätten noch ca. 4 Stunden Fahrt durch unbekanntes Territorium und bei starkem Wind vor uns gehabt. Den letzten Teil hätten wir also im Dunkeln fahren müssen. Deshalb kehrten wir dann um.
Auch auf dem Rückweg durfte ich ab und an mal das Gespann lenken, die Kommandos gab aber weiterhin der Pfarrer.
Am späten Nachmittag erreichten wir dann wieder Esso. Dort spannten wir dann die Hunde wieder aus, gaben ihnen etwas zum fressen und dann ging es nach Hause. Zum Abschied meinte der Pfarrrer noch zu mir, dass er mir das Fahren auf dem Hundeschlitten beibringen könnte, wenn ich wollte. Natürlich will ich. Deshalb sagte ich dann auch gleich ja.
Zu Hause angekommen spürte ich dann in den Fingerkuppen des Ring– und des Mittelfingers der rechten Hand ein leichtes Stechen: Tatsächlich hatte ich mir zwei Fingerkuppen verkühlt. Diesen Frostschaden würde ich dann noch ein paar Wochen spüren.
Am Donnerstag wurde uns dann gesagt, dass am Freitag frei sein würde, da momentan die Grippe in Esso umgeht und auch schon ein paar Angestellte des Parks krank waren. Damit der Rest nicht auch noch krank werden würde sollte er zu Hause bleiben.
Also hatte ich am Freitag eigentlich frei.
Vera und Susan mussten allerdings am Freitag zum Kardon aufbrechen. Dort sollten sie wie angekündigt eine Woche den Inspektor vertreten, der eigentlich immer dort ist. Da ich das (lange) Wochenende nicht allein verbringen wollte, beschloss ich mit ihnen mit zu gehen, bis Sonntag dort zu bleiben und dann mit Mascha und deren Freund Ruslan wieder zurück fahren, denn die würden am Sonntag so wie so am Kardon vorbeifahren.
So ging es dann am Freitagmorgen gegen 10 Uhr auf dem Schlitten eines Schneemobils zum Kardon.
Dort angekommen, räumten wir uns erst einmal einigermaßen häuslich ein, d.h. wir holten Rentierfelle, um damit ein Nachtlager für mich und Susan auf dem Boden zu bereiten, da es nur ein Bett gab. Außerdem putzten wir das Geschirr, dass wir verwenden würden, da das meiste Geschirr am Kardon ziemlich ekelhaft verdreckt ist.
Im Laufe des Tages kamen dann Mascha und Ruslan vorbei. Außerdem kam auch Igor Anatolewitsch mit Kostja und einer neuen Volontärin aus Frankreich, Camille, vorbei. Sie waren gerade mit dem Schneemobil unterwegs um Hagebutten zu sammeln.
So konnten Vera, Susan und ich uns am Kardon mit unserer neuen Kollegin bekannt machen.
Auch wenn sich Igor Anatolewitsch zunächst noch wunderte, dass ich auch am Kardon war, so gab er mir, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass ich nur übers Wochenende hier sei, die Aufgabe, alle Pfade, die über den Hof des Kardons führen, vom Schnee frei zu schippen. Außerdem sollte ich in der Küche ein Brett befestigen, an dem man dann verschiedene Küchenutensilien aufhängen wollte. Alles Aufgaben, die aus meinen Augen auch Vera und Susan erfüllen könnten, aber aus den Augen der Leute hier, sind das Aufgaben für Männerhände. Naja, so hatte ich dann halt ein paar Aufgaben am Kardon, aber Schnee schippen hab ich eigentlich schon immer gern gemacht.
Am Samstagabend gingen wir dann noch in die Sauna, die es am Kardon gibt. Dazu muss man ca. 4 Stunden im Voraus den Holzofen der Sauna in Betrieb nehmen, damit es nachher heiß ist. Außerdem muss man genügend Wasser in Eimern heranschleppen, damit es für die Saunaaufgüsse und zum anschließenden Waschen reicht.
Ansonsten beschäftigten wir uns einfach mit Lesen, Karten spielen, Quatschen, Kochen, Essen und Otscho, den Welpen eines Parkmitarbeiters, den dieser Vera und Susan für eine Woche zur Pflege gegeben hatte, versuchen zu erziehen.
Am Sonntagnachmittag kamen dann wieder Mascha und Ruslan. Nach einem Tee und nachdem ich alles zusammengepackt hatte, fuhr ich dann mit ihnen wieder zurück, während Vera und Susan noch bis Freitag am Kardon bleiben mussten.
14.2. bis 18.2.2011:
Die nächste Woche war eher von Ruhe gekennzeichnet. Denn alle männlichen Mitarbeiter des Parks, mal abgesehen von mir, waren auf einem Seminar in der Stadt. Larissa und Natalia Petrowna waren krank. So waren nur noch Mascha, die allerdings nur Montags, Mittwochs und Freitags arbeitet und Camille da.
In dieser Woche bereitete ich mich vor allem auf meine Woche am Kardon vor. Ich musste am Freitag Vera und Susan ablösen und dann selber für eine Woche am Kardon sitzen (das aus einer Woche sieben Tage werden sollten, wusste ich damals noch nicht, aber das werde ich dann in meinem nächsten Bericht erklären).
Das bedeutete, dass ich mir eine Checkliste schrieb, was ich alles benötigen werde, was ich einkaufen musste und welche Fragen noch zu klären waren. Sodann ging ich dann mehrmals in den Laden zum einkaufen und bekam auch die meisten Dinge, nachdem ich dreimal einkaufen war. Lediglich mit frischem Gemüse sah es schlecht aus, aber ich hatte auch nicht wirklich erwartet welches im Winter in Esso zu finden.
Sodann erklärte ich Camille so einige Dinge über die Arbeit im Park.
Am Dienstag war ich dann allein im Park, wo sonst immer jede Menge Leute rumspringen. Mittags rief mich dann der Pfarrer an und fragte, ob ich Zeit hätte am Nachmittag auf dem Hundeschlitten etwas zu üben. Da sagte ich natürlich nicht nein.
So stand ich am Dienstagspätnachmittag zum zweiten mal in meinem Leben auf einem Hundeschlitten. Diese Mal hatten wir zwei Schlitten und waren zu dritt, der Pfarre, Ich und einer seiner Söhne.
Wir fuhren ca. 8 km in Richtung des Sees Ikar und dann wieder zurück. Ich durfte dann schon weite Strecken ganz alleine fahren, auch die schwierigen Streckenabschnitte. So gab ich dann auch die Kommandos. Wobei die Hunde weitgehen von alleine liefen, da sie erstens dem vorausfahrenden Schlitten folgten und zweitens einfach dem von Schneemobilen festgefahrenen Weg folgten.
Einmal kippte ich auch dieses Mal um. Allerdings ließ ich den Schlitten nun nicht mehr los, wie ich das noch bei meiner ersten Tour gemacht hatte. Ich schleifte ein paar Meter auf dem Boden und schaffte es dann den Schlitten wieder aufzurichten und die Hunde zu stoppen.
Gegen 7 Uhr war ich dann wieder zuhause, nachdem wir die Hunde ausgespannt hatten, gefüttert und die Schlitten aufgeräumt hatten.
Abends ging ich dann noch mit Camille im Bassin schwimmen. Das tat nach der doch etwas anstrengenden Hundeschlittenfahrt gut.
Am Donnerstag kam dann Natalia wieder zur Arbeit.
Deshalb arbeitete ich den Donnerstag und den Freitagvormittag über dann im zukünftigen Museum des Parks. Pünktlich zum alljährlichen Hundeschlittenrennen, das quer durch Kamtschatka führ und in Esso startet, sollte das „Beringia“-Museum eröffnet werden. (Beringia ist der Name des Hundeschlittenrennes). Bis jetzt war aber noch rein gar nichts in dem Ausstellungsraum zu sehen.
Ich machte mich also daran die Ausstellungsobjekte, die Natalia Petrowna mir gab, im Museum auszustellen. Dazu gehörte ein Hundeschlitten (natürlich ohne Hunde), zahlreiche Plakate vergangener Beringiarennen, eine Fotokollektion über den örtlichen Pfarrer, der ja auch an dem Rennen teil nimmt (Ihr wisst schon, derjenige, mit dem ich auch Hundeschlitten gefahren bin), einige alte Fotos, Zeitungsartikel und Dokumente der ersten Rennen aus den 90-iger Jahren des letzen Jahrhunderts. Sodann gab es noch einige kleinere Objekte, die mit der Beringia zu tun hatten. Das Design des Ausstellungsraumes und die Anbringung der Objekte wurde weitgehend mir überlassen. Natalia Petrowna gab Anreize und sagte, wie sich ihr Museum vorgestellt hatte und sagte, wenn ihr etwas nicht gefiel.
Am Spätnachmittag half mir noch Camille, die erst nachmittags auf Arbeit war.
Am Freitag brachte ich dann noch ein paar Etiketten an.
Natürlich musste ich mich zwischendurch immer wieder um die Vorbereitungen für meine Woche am Kardon kümmern.
Über die Woche am Kardon werde ich dann aber im nächsten Bericht schreiben.
Bis bald/до скорого