Heimatlosigkeit aus der Vogelperspektive
Über das Kommen und Gehen,
Zerfallen, Bestehen.
Heimatlosigkeit aus der Vogelperspektive
Das Leben geht tatsächlich ohne mich weiter!
Nach Hause kommen während eines Auslandsjahres ist wie Zartbitterschokolade: Die süße Seite war das vom Mutti geputzte Zimmer und die frischen Blumen auf dem Nachttisch samt dem Ferrero Küsschen auf dem Kopfkissen. Der Wermutstropfen war die seltsame Distanz, die man verspürt beim Wiedersehen mit alten Freunden und das verunsichernde Gefühl nicht mehr ganz verwurzelt im eigenen Umfeld zu sein.
Nach drei Monaten in Dublin für fünf Tage zu Hause musste ich dies erfahren.
Ich muss dazu sagen, dass ich ein Mensch mit der Vorliebe für Utopie und große Erwartungen bin. Ergo waren die Vorstellungen von meiner Rückkehr geschwängert mit großartigen Bildern von emotionalen, fanatisch extasischen Wiederbegegnungen und Wagenladungen von Interesse und Bewunderung. Leider war dies nicht ganz der Fall. Stattdessen musste ich feststellen, dass die Zeit, meine Freunde, meine Gruppen, meine Stadt ohne mich weiter gegangen waren und nichts ohne mich in die Brüche gegangen war. Im Gegenteil! Meine Stellen wurden nahtlos, fehlerlos und fleckenfrei gefüllt und Niemand wusste mehr dass diese Stelle einmal anders besetzt war. Es gab nun Gesprächsthemen unter Freuden, bei denen ich einfach außen vor war und außer vor mich hingrinsen und nicken nichts weiter hinzuzufügen hatte. Auch meine Ehrenamtsstelle wurde besetzt und meine Arbeit war in Vergessenheit geraten.
Da musste ich zurück an den Flug denken: An diese Vogelperspektive, von oben auf alles, was unter einem ausgebreitet daliegt. Von dort oben sieht nun alles gleich, klein und unbedeutend aus. Nichts sticht heraus und es ist weder sichtbar noch von Interesse wer dieses architektonische Meisterwerk hat entstehen lassen, oder was für eine herausragende Person dieses Haus sein Eigen nennt. Aus der Distanz ist vieles unbedeutend. Und irgendwie macht das verzweifelt und klein und hilflos, aber es ist auch gut zu wissen, dass es weiter geht, dass es Wechsel gibt. Und letztlich ist es nicht wichtig wie (m)ein Leben, (m)eine Arbeit , (ein Haus) von Ferne aussehen. Den Wert sieht man nur von Nahem, wenn man darin lebt. Und es ist richtig entbehrlich zu sein, weil das Freiheit schafft, Freiheit sich auszuprobieren, zu wachsen.
So baut man letztlich sein Haus auch nicht für Andere, die es von außen betrachten, sondern um darin zu leben, sich wohlzufühlen, auszuleben. Und das wiederum gilt wohl auch für unser Leben.
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