Halbzeit!
"Nun bin ich schon drei Monate hier in Griechenland und mir kommt es so vor, als wäre ich erst gestern angekommen. Die Zeit ist so schnell vergangen und es gibt noch soo viel zu entdecken und zu erleben. Ich denke, jetzt ist eine gute Gelegenheit, mein Tagebuch aufzuschlagen und das Geschehene noch einmal zu durchleben…"
Angefangen hat alles – natürlich – mit meiner Ankunft hier in Litochoro. Zusammen mit Janina und Fabiana. Wir wurden von Lali, Daniela und Manuela begrüßt. Die ersten Tage haben wir damit verbracht, uns alles zeigen zu lassen, Litochoro zu erkunden und uns einzuleben. Angefangen zu arbeiten haben wir erst etwa eine Woche später.
Gleich am Ersten Wochenende war ein Festival in Litochoro mit einem Gottesdienst und einer Parade auf der Hauptstrasse. Mit Kapelle, Schülern in traditionellen Kleidern und den Soldaten. War sehr schön anzusehen, wenn auch etwas einfach...
An diesem Wochenende war dann auch gleich die erste Party hier. Alle Mädels hier in Litochoro (Lali, Ameli, Fanny, Janina, Fabi, Anna und Daniela)und andere EVSler aus Katerini und Corinthos waren auch noch da. Die Party fand im Haus von Anna & Dani statt, und es war wirklich ein bisschen wie zu Hause. Zusammensitzen, mit Freunden quatschen, trinken und Partyspiele spielen. War wirklich eine sehr schöne Party. Ich erinnere mich noch daran, dass ich allein für die Party einen ganzen Film voll fotografiert hab. Ich wollte unbedingt jede noch so kleine witzige Situation festhalten. Mittlerweile hat sich meine Fotografierwut aber sehr gelegt, und ich mach so gut wie fast gar keine Fotos mehr...
Da ich hier im Winter angekommen bin, sind wir natürlich auch gleich mal in die Berge, durch den Schnee spaziert und mit Plastiktüten und Bobs einen Skihang runter. War wirklich witzig, auch wenn ich den Schnee eigentlich nicht so mag. Mein erster Ausflug war am 19. Februar nach Agios Germanos. Ein kleines süßes Dorf mitten in den Bergen, eine Autostunde von Florina entfernt. Dort haben wir ein Wochenende verbracht, sind um einen See gewandert, haben in einer Tawerna gegessen und eine Schneeballschlacht gemacht. Und nachts wahnsinnig gefroren, weil die EVSler dort, bei denen wir geschlafen haben, keine Heizung hatten und der Ofen natürlich irgendwann ausging.
Dann gab es den ersten Abschied. Manuela ging zurück nach Italien, nachdem sie sechs Monate hier ihr Europäisches Freiwilliges Jahr gemacht hat. Im selben Projekt, in dem Fabi und ich jetzt „arbeiten“. Sie hat uns alles erklärt und gezeigt und ist uns in den zwei Wochen sehr wichtig geworden. Aber wir halten Kontakt mit ihr per Email.
Mein zweiter Trip war mit Fabi nach Kastoria. Eine Stadt an zwei Binnenseen. Wunderschön. Man konnte am See entlang laufen, und wenn man eine schöne Aussicht genießen wollte, musste man nur den Strassen, die nach oben führten, folgen und man konnte die zwei Seen sehen und auch die Berge ringsherum. Am ersten Tag hatten wir großes Pech mit dem Wetter, es hat nur geregnet. Wir haben aber trotzdem Kastoria zu Fuß erkundet und waren danach klatschnass. Der zweite und letzte Tag war dafür aber sehr sonnig und warm. Und da konnten wir die Stadt erst mal richtig genießen. Mit den ganzen Menschen beim Sonntagsspaziergang und mit Eis in der Hand.
Ja und dann, nach etwa einem Monat, war Faschingszeit hier in Griechenland. Dazu habe ich ja schon einen ausführlichen Bericht geschrieben (siehe den Tagebucheintrag vom 15.03.2005). Es war auf jeden Fall ein supergeiles Wochenende und ein tolles Erlebnis, auf dem Faschingsumzugswagen zu stehen und Party zu machen. An diesem Wochenende haben wir auch saumäßig viele Leute kennen gelernt, mit denen wir auch jetzt noch über dieses Erlebnis lachen und reden.
Meistens verabreden wir uns nicht. Litochoro hat 7000 Einwohner und es ist mehr als wahrscheinlich, dass man sich abends in einem der Clubs oder Bars trifft. Und dann wird getrunken, (Billard) gespielt und geredet. Und getanzt. Zumindest meistens...
Jaaa und dann war da noch der beste Ausflug, den ich bis jetzt gemacht habe: ISTANBUL! (Siehe Tagebucheintrag vom 23.03.2005) Eine wunderschöne Stadt, ein mehr als geniales und atemberaubendes Wochenende und ein eintauchen in eine andere Welt. Die ich liebe und verehre. Und bald, ganz bald werde ich wieder da sein. Es ist sicher, dass wir wieder nach Istanbul gehen, wahrscheinlich im Juni. Und ich freu mich jetzt schon wie ein Honigkuchenpferd.
Meine erste Grippe hab ich auch schon hinter mir und hoffe, es wird keine weitere folgen. Auch den griechischen Nationalfeiertag habe ich miterlebt. Wieder mit einer Parade auf der Hauptstrasse. Jeder hatte eine griechische Fahne in der Hand und es wurde die Nationalhymne gesungen. Außerdem gab es eine Tanzvorführung: geboten wurde ein griechischer Tanz mit traditionellen Kleidern. Die Männer mit Rock und schwarzen Schuhen mit einem großen Bommel an der Spitze. Die Frauen mit Kleidern und Kopfbedeckung. Wunderschön. Außerdem haben die Schüler der Grundschule die Geschichte mit dem Krieg zwischen der Türkei und Griechenland nachgespielt. Auch, wenn ich kein Wort verstanden habe, war es sehr schön anzuschauen.
Natürlich haben wir auch Griechischunterricht, aber das Lernen ist echt saumäßig schwer. Ein anderes Alphabet, man muss darauf achten, welchen Buchstaben man betonen muss, etc. Und dann ist da natürlich das Motivationsproblem. Wie soll ich mich motivieren, zu lernen, wenn sowieso nix bei rauskommt?! Ok, ich kann jetzt ein paar Sätze sprechen und Bruchstücke, eher Wörter aus den Sätzen unserer griechischen Freunde verstehen. Aber das ist echt absolut gar nichts. Meistens muss ich, wenn mich jemand etwas auf Griechisch fragt, „dhen katalaweno“ sagen, “ich verstehe nicht“. Und das ist echt deprimierend. Und so macht es auch keinen Spaß zu lernen, auch wenn ich es wirklich will.
Es gab auch bereits die ersten Probleme mit meiner “Arbeit“. Fabi und ich haben nicht wirklich Arbeit hier. Wie eigentlich keiner der EVSler in Litochoro. Der einzige Unterschied, der uns von den andren Mädels unterscheidet, ist: Wir müssen jeden Tag im Büro sitzen. Sechs Stunden lang. Bei den anderen Mädels ist es egal, ob sie im Büro sind oder nicht, da ist sowieso nie jemand.
Mein Projekt besteht im Grossen und Ganzen daraus, deutsche Schulen anzuwerben und sie zu fragen, ob sie nicht eine Studienreise nach Griechenland machen wollen. Wenn ja, dann begleiten wir sie auf ihrem Trip durch Griechenland und stellen auch das Programm zusammen, buchen die Hotels,etc. Aber für die meisten deutschen Schulen ist Griechenland einfach zu weit weg und zu teuer...
Dafür waren letzten Monat drei Italienische Schulen hier. Und da gab’s das Problem: Yorgos (mein Boss) teilt mir eine Woche vor dem ersten Schultrip mit, dass ich nicht mitgehen kann. Für mich und auch für Fabi war klar, dass wir beide mitgehen können. Yorgos’ Argument war “Du kannst ja kein Italienisch und somit auch nicht mit den Schülern sprechen“. Hmm, ja, stimmt schon, aber ich kann wenigstens Englisch und er kann weder Englisch noch Italienisch und er geht trotzdem mit. Obwohl das nun wirklich nicht nötig ist, da ja schon Manolis (mein Mentor) mitgeht. Der kann zwar auch kein Italienisch, dafür aber sehr gut Englisch. Nun ja, ich – total geschockt und megawütend – bin dann zum On-Arrival-Seminar in Athen und hab da erst mal mit Elvira von der National Agentur geredet. Sie hat dann Manolis angerufen und dieser hat gemeint, dass in der ersten Woche kein Platz im Bus ist und ich somit wirklich nicht mitkommen könne. Aber in der zweiten Woche gäbe es kein Problem. Ok, das war zwar nicht wirklich das, was ich hören wollte, aber immerhin etwas... Und somit hatte ich nach dem Seminar eine Woche Urlaub, in der ich in der Sonne lag und mich nur erholt habe. Von der supertollen Woche in Athen. In der zweiten Woche war dann die zweite italienische Schule da und wir haben die Meteora Klöster, Delphi, Micene, Epidauro, Corinthos und Athen besichtigt. Ich konnte mich zwar wirklich nicht mit den Schülern unterhalten, das ist ein weit verbreitetes italienisches Problem: die Schüler können kein Englisch. Genauso wie Fabi am Anfang. Aber für mich war es nicht so wichtig, mit den Schülern zu sprechen, für mich war es wichtiger, etwas von Griechenland zu sehen und etwas über ihre Kultur zu lernen. Mein Projekt heißt ja auch: ’Culture and Nature’.
Ansonsten hab ich Ostern hier in Litochoro miterlebt und ich muss sagen, ich mag Ostern hier mehr als in Deutschland. Und wir haben weitere Leute kennen gelernt an Ostern, mit denen wir auch gleich ne Strandparty gemacht haben und in eine Disco in Katerini gegangen sind.
In den letzten Wochen gab es ziemlich viele Veränderungen: Die zwei Mädels vom Leonardoprojekt (Annalisa& Daniela) haben Griechenland in Richtung Italien verlassen. Nach drei Monaten war es Zeit „Goodbye“ zu sagen. Es war ziemlich traurig, da ich mich besonders mit Anna sehr gut angefreundet habe und ich sie echt vermisse. Dann haben Janina und Fanny Litochoro ebenfalls verlassen. Sie werden jetzt die restlichen drei Monate in Athen arbeiten. Mit Meeresschildkröten. Warum sie Litochoro verlassen haben? Nun ja, ihr Projekt hier existiert nicht. Nie ist jemand im Büro, niemand kümmert sich um sie, wenn mal jemand im Büro ist, und sie haben echt überhaupt nichts zu tun hier. Somit war es wirklich besser so. Auch wenn ich die beiden ganz schrecklich vermissen werde. Aber sie sind ja nicht aus der Welt und wir werden uns gegenseitig besuchen kommen. Zum Abschluss haben wir noch eine große Departure-Party gefeiert. Mit Lagerfeuer am Fluss, viel Essen und viel Wein. War wunderschön und wir hatten echt Glück mit dem Wetter. Später in der Nacht sind wir (insgesamt 13 Leute) dann in die Ex-Wohnung von Anna & Dani und haben dort weiter gefeiert bis zum Morgengrauen. War ein wunderbarer Abschied von Nini & Fanny.
Ende Mai ist auch die EVS-Zeit von Ameli vorbei und Ende Juni Lalis’. Wenn die beiden weg sind, sind wir von den ehemals acht Mädels nur noch zwei. Aber es werden wohl (keine Ahnung wann) fünf neue Leonardo-Leute – diesmal nur Jungs aus Italien – kommen. Und vielleicht, nichts ist sicher hier, zwei neue EVSler – auch Jungs – aus Frankreich und Deutschland. Somit ein totaler Wechsel. Alle lieb gewonnenen Menschen verlassen Fabi und mich und wir müssen uns mit neuen anfreunden. Und diesmal ist es eine Jungengemeinschaft. Ich hoffe, dass die fünf Jungs aus Italien Englisch sprechen. Wenn nicht, hab ich ein klitzekleines Problem...
Nach Ostern bin ich mit Fabi nach Dadia gefahren und habe da einen anderen Freiwilligen besucht. Dadia ist ein kleines Dorf an der türkischen Grenze, mitten im Nationalpark der berühmt ist für die einzigartige Vogelartenauswahl. Hier gibt es 36 von 38 Raubvogelarten. Und wir haben so etwa zehn gesehen. Auch wenn sie von weitem für mich alle gleich aussehen...Es war auf jeden Fall ein super Erlebnis und das Projekt dort ist eins der besten hier in Griechenland. Die Freiwilligen ersticken geradezu an Arbeit. Während Dreiviertel der anderen ihre Zeit mit Nichtstun verbringen.... Wer mal nach Griechenland kommt, das wäre eine sehr gute Idee für einen Ausflug.
Diesen Monat, im Mai, kommt meine Familie für zehn Tage zu Besuch. Da freue ich mich schon sehr drauf. Auch wenn es ziemlich schwierig wird, wieder Deutsch zu reden. Ich hab noch nie so ein geschwollenes und total fehlerhaftes Deutsch gesprochen wie hier in Griechenland.
So das war mein Rückblick auf die vergangenen drei Monate hier in Griechenland. Die letzten drei können kommen. Und der Sommer auch!