Halbzeit
Der Titel sagt schon alles
Zugegeben, der Titel ist nicht besonders originell und fast einen Monat überfällig, aber hey, was soll‘s, ich habe mal wieder aufgeschoben und stehe dazu!
Halbzeit, das bedeutet für mich schon (fast) sieben Monate in Frankreich. Oder dreißig Wochen, wie man‘s nimmt. Ich fühle mich ein bisschen klischeehaft, wenn ich das sage, aber die Zeit rennt! Und gleichzeitig auch nicht! Das letzte Mal, dass ich meine Familie gesehen habe, kommt mir ewig her vor. Wenn ich aber an meinen letzten Museumsbesuch im Oktober denke, fühlt es sich an, wie erst vor zwei Wochen. Im Großen und Ganzen sind sieben Monate dann aber doch eine lange Zeit, in der ich zum Glück schon so viel erleben durfte!
Meine Kochkünste verbessern sich langsam aber kontinuierlich (Danke, liebe MitbewohnerInnen, dass ihr als Versuchskaninchen herhaltet!). Mein Französisch ist schon viel besser als am Anfang, aber um ehrlich zu sein, könnte ich bestimmt noch mehr herausholen, wenn ich mich mal richtig ans Vokabellernen und die Grammatik setzen würde. Ich habe schon so viele unglaublich tolle Menschen kennengelernt, die ich ohne den Freiwilligendienst niemals getroffen hätte. Ich habe zwei Monate alleine gelebt, zwei weitere in einer Mädchen- und in die letzten drei in einer gemischten WG. Inzwischen besteht mein Alltag aus fünf Sprachen. Französisch als Freiwillige, Englisch in der WG, Deutsch bei Kontakt nach Deutschland oder mit deutschen Freiwilligen und schließlich Rumänisch und Persisch, die ich weder sprechen noch verstehen kann, dafür aber mehrere Male am Tag höre. Leider bin ich noch nicht über „Gummistiefel“, „Ich heiße Amelie, wie geht‘s?“ und „Ich bin eine gute Hausfrau“ auf rumänisch hinausgekommen, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und wer weiß, vielleicht kann ich mich am Ende des Jahres auf rumänisch vorstellen.
Trotz Confinement, Ausgangssperren (seit neuestem erst ab 19h Jippiie) und fehlender Planungssicherheit konnte ich mit den Freiwilligen aus der Region die Normandie und Umgebung erkunden und war sogar in den Alpen. Das ist ein ziemlich guter Schnitt, finde ich.
Natürlich ist in diesem Jahr alles anders, als man es sich ursprünglich vorgestellt hatte. Aber ganz ehrlich, der Freiwilligendienst ist das Beste, was ich mir vorstellen könnte, im Moment zu tun. Ich bin einfach unglaublich froh hier zu sein.
Und was nun? Hier sind meine Pläne für die zweite Hälfte des Freiwilligendienstes: besser Französisch lernen! Ich bin in Frankreich, habe Franzosen um mich herum, einen Sprachkurs im Internet, wie könnte es besser sein? Also los geht‘s. Subjonctif, Gérondif und Ausnahmen warten nur darauf, wiederholt zu werden. Sich über die vielen Zeiten und Formen zu beschweren, haut leider nicht hin, wir Deutschen sind da auch nicht besser. Außerdem hoffe hoffe hoffe ich, dass vielleicht im Juni die Museen und Kinos wieder öffnen? Das Fragezeichen ist gewollt, manchmal traut man sich schon gar nicht mehr, von Öffnungen auszugehen. Restaurants und Cafés wären natürlich der Jackpot, aber da hoffe ich erst einmal gar nichts, sondern warte ab :) Auf meiner Freiwilligen To-Do-Liste steht weiterhin eine Fahrradtour im Pays de la Loire, die Halloweenparty, die wir unbedingt noch nachholen müssen, und eine Freundin in den Niederlanden zu besuchen, die dort ebenfalls einen ESC absolviert. Für alles andere bin ich offen und warte ab, was sich ergeben wird. Hoffentlich werden wir auf der „Arbeit“ (ich brauche da noch ein anderes Wort für!) in den nächsten Monaten noch mehr Aktivitäten anbieten können. Im Moment arbeiten wir an einer englischen Radioshow, dann können sich unsere KollegInnen auch mal in ihrer Fremdsprache üben ;)
In zwei Wochen steht dann mein Mid-term Seminar an, natürlich online. Bis dahin genießen wir hier im Norden Frankreichs strahlenden Sonnenschein und Sommertemperaturen, die einem beim Gedanken an den Klimawandel die Haare zu Berge stehen lassen.
Ich freue mich auf die nächsten Monate und halte euch auf dem Laufenden!
À très bientôt!