Halbzeit schon vorbei...
Anfang Januar war Halbzeit für mich und jetzt ist der Januar auch schon wieder vorbei.
Anfang Januar waren es vier Monate seit ich in Zürich ins Flugzeug Richtung Norden gestiegen bin und ich kann auf jeden Fall sagen, es war die richtige Entscheidung und ich fühle mich hier super wohl!! Und zwar nicht erst jetzt nachdem die Hälfte der Zeit schon vorbei ist, sondern quasi schon von Anfang an. Dass ich mich aber nicht nur wohl fühle, sondern auch wirklich „angekommen“ bin und mich richtig eingelebt habe, merke ich immer wieder und immer öfters an verwunderten oder schockierten Blicken von Familie oder Freunden, wenn ich beim Skypen irgendwelche Geschichten erzähle...
Richtig angekommen sein und voll ins finnische Leben eingetaucht zu sein, das bedeutet zum Beispiel:
- bei minus 15 Grad überlegen, ob man wirklich noch Handschuhe und Mütze braucht, denn eigentlich ist es ja schon wieder recht warm
- Müll raus bringen, das geht auch kurz ohne Jacke, schließlich muss ich ja nur ums nächste Haus laufen
- immer genau wissen wie viel Grad es gerade hat und wie das Wetter Morgen werden soll
-fünf Mahlzeiten am Tag
- sich nicht darüber wundern, dass im Moment einfach einige über den zugefrorenen Fluss spazieren, anstatt die Brücke zu verwenden
- immer Knäckebrot zu Hause im Küchenschrank haben
- darüber nachdenken, ob man die schwere Tasche nicht einfach kurz vor dem Supermarkt stehen lassen soll, die stört doch sowieso nur beim Einkaufen
- einen anderen Satz als „ich spreche kein finnisch“ sagen können, wenn man von irgendjemand angesprochen wird
- im Jugendcenter wirklich dazu gehören und deswegen immer öfters auf finnisch zugequasselt werden, weil alle vergessen, dass ich ja gar nicht finnisch bin
- sich nicht mehr über die Sauna wundern, die Lieblingsbeschäftigung sowie Lieblingsgesprächsthema vieler Finnen ist
- kurz mal 3km irgendwohin laufen und später wieder zurück, das ist doch gar nicht soweit, da rentiert sich der Bus eigentlich noch gar nicht
- beim Backen die Waage aus Deutschland schon gar nicht mehr vermissen
- ...
Das sind einige kleine Aspekte aus dem finnischen Alltag, die mir mittlerweile alle schon ganz normal vorkommen...
Den ganzen Januar habe ich donnerstagnachmittags in der Bücherei bei einem kleinen Praktikum verbracht. Dort habe ich die verschiedenen Bereiche kennen gelernt: Kinderbücher, Musikabteilung, das Archiv im Keller und den Bereich mit den deutschen Büchern. Besonders fasziniert hat mich die große Auswahl im Musikbereich, selbst für Querflöte hab ich ein riesiges Regal mit echt super Noten gefunden und gleich noch was ausgeliehen... Meine Aufgaben waren zum Beispiel: Bücher zwischen finnisch und schwedischsprachig auseinandersortieren, Regale ein und umräumen, mir die deutschen Bücher angucken und auch aussortieren (es gibt nämlich niemand von Personal der deutsch kann und so kann auch niemand überprüfen, ob die Bücher tatsächlich noch passend sind).... Am letzten Donnerstag durfte ich dann meine eigene kleine Ausstellung über deutsche Bücher machen, das hat echt Spaß gemacht und hier habe ich dann auch noch den Keller kennen gelernt, der eben nur für das Personal zugänglich ist. Von den riesigen alten Büchern, die hier gelagert werden war ich wirklich erstaunt.
Na und dann hab ich aber auch noch etwas unternommen Ende Januar. Erst einmal ging es nach Pilenki, das ist eine kleine Insel vor Porvoo. Dort wohnt Michy, ein deutsches Au-Pair mit ihrer Gastfamilie. Mit ihr zusammen war ich auf dem Meer beim Schlittschuhlaufen. Zwar war es nicht direkt auf dem offenen Meer, denn die ganze Südküste Finnlands ist voller kleiner Inseln gesäumt, aber auch das Schlittschuhlaufen zwischen den ganzen Inseln war super. Es ist doch noch mal ein ganz anderes, richtig tolles Gefühl wenn man auf dem Meer Schlittschuh läuft... Und abgesehen von einem Auto, das auf dem Eis immer wieder herum gefahren ist, hatten wir die ganze Eisfläche nur für uns allein. Auch sonst ist es auf der Insel wunderschön. Lauter kleine Häuschen, die mehr oder weniger im Wald versteckt sind und die ich eigentlich erst gesehen hab, als es dunkel wurde und plötzlich mitten im Wald überall Lichter angingen. Zum Abendessen wurde ich noch von Michys Gastfamilie mit eingeladen. Die drei Jungs sind wirklich super süß, vor allem der zwölfjährige mit Down-Syndrom... Das einzige was an diesem Tag gefehlt hat, waren die Elche, denn Michy meinte, die kann man bei ihnen auf der Insel wohl häufiger sehen, wir beide hatten leider kein Glück.
Am Wochenende drauf bin ich dann Lisa und Moni, zwei Freiwillige, im kleinen Turenki besuchen gegangen. Am Samstag sind wir nach Hämeenlinna gefahren, haben uns die Burg angeschaut und waren im Kunstmuseum. In der Ausstellung wurde ziemlich viel durch Filme gezeigt, selbst einzelne Bilder, wie zum Beispiel eine Tanne, wurden als Film dargestellt, damit man die wehenden Äste im Wind sehen konnte. Es war eine ganz andere Art Kunstmuseum, als andere Museen in denen ich bisher war, aber total interessant...
Ansonsten war unsere Hauptbeschäftigung das ganze Wochenende über, nicht auszurutschen und das ist im Moment wirklich nicht einfach. Vor ein paar Tagen war es nämlich so warm, dass es sogar getaut hat und es gab wirklich wahnsinnig viel Schmelzwasser, das jetzt alles überall und zwar wirklich überall festgefroren ist...
Am Sonntagabend auf dem Rückweg im Zug wollte ich dann eigentlich das Finale der Handball EM anschauen, normalerweise gibt es im Zug nämlich immer w-lan, aber in genau diesem Zug natürlich nicht... So musste ich warten bis ich endlich in Helsinki angekommen war und dort konnte ich dann mit dem Bahnhof w-lan die letzten Minuten des Spiels noch angucken und sehen wie Deutschland Europameister wurde.