Haarpurismus
Einer der augenscheinlichsten Unterschiede zwischen Osteuropa und Westeuropa manifestiert sich - auf den Häuptern der Männer.
Osteuropäische Männer haben keine Frisur. Sie rasieren sich die Haare einfach auf einige Millimeter runter und sind zufrieden. Hairstyling? -Zeitverschwundung! Das gilt nicht nur für Soldaten oder behelmte Motoradfahrer. Es gilt ganz allgemein. Und die Frauen finden's prima.
Männer in Westeuropa sind frisurentechnisch in letzter Zeit extrem verweiblicht, wenn man diese Gender-Zurodnung mal polemisch aufrecht erhalten möchte. Sexuelle Revolution und die Ratgeber-Seiten in Männer-Zeitschriften haben aus uns eitle Hähne macht. Früher reichte den meisten der Kurzhaarschnitt von der Stange. Heute wechselt die durchschnittliche Männerfrisur ungefähr so oft wie die auf dem Schädel eines bestimmten britischen Fußballspielers. Und wird gefärbt, gestylt, gesprayt.
Männer in Osteuropa haben offensichtlich Besseres zu tun als sich um ihre Frisur zu kümmern. Ein Mann mit gestylter Haartracht fällt in Osteuropa auf. In Litauen machten sich die Leute im Bus über uns lustig, weil wir Gel in den Haaren trugen. Sie nahmen an, wir seien Künstler - so hat es uns jedenfalls unsere litauische Begleitung übersetzt. Einige andere Bemerkungen, die wohl weniger schmeichelhaft waren, übersetzte sie nicht.
Eine Ausnahme war Jacek aus Polen. Er trug eine lange, lockige Mähne, als wir ihn in Stettin trafen, und er sagte, er wolle die Haare noch weiter wachsen lassen. Warum? Das sei eine Wette mit seinen Kumpels. Er habe gewettet, sich ein Jahr lang nicht die Haare schneiden zu lassen. Der Gewinn? - "Eine Dose Pepsi-Cola."
Wie man's auch dreht - den osteuropäischen Männern scheinen die Frisuren nicht wirklich wichtig zu sein.