Gefrorene Mandarinen und Toblerone
Kerbchens Aktion im Altenheim war ein voller Erfolg: „Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind, die man selbst leisten kann, gibt mir die Dankbarkeit der Menschen die Bestätigung, warum ich freiwillig hier arbeite.“
Gerade mal ein Wochenende ist vergangen und schon ist wieder soviel passiert, dass es sich lohnt wieder einen neuen Artikel zu verfassen.
Beginnen will ich mit letzter Woche
Mittwochabend brach ich kurzerhand mit Eva auf, um die Landschaft Bulgariens noch ein bisschen näher zu erkunden. Anlass dafür gab uns die Einladung zweier Freunde in Sofia, die mit circa 50 Studenten des „Studentski grad“ (der Studentenstadt Sofias) das Wochenende in den Bergen des Balkans – hier „Stara Planina“ genannt – verbringen wollten. Am 8. Dezember nämlich wird hier überall der Tag der Studenten gefeiert. Von Sofia aus ging es dann mit dem Bus ins regnerische Ribaritza, von wo wir uns auf einen dreieinhalbstündigen Marsch zur Hütte „Veschen“ in 1650 Metern Höhe begaben. Schon auf dem Weg wurde klar, dass das Wochenende noch um so einiges anstrengender werden würde.
Denn nach ausgiebigem Feiern am Abend brachen wir am Freitagmorgen zum Gipfel „Veschen“ auf, der 2200 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Schon allein der Weg durch etwa einen Meter hohen Schnee und Steigungen, die nur mit Drahtseil zu meistern waren, sollte uns zeigen, dass der Balkan nicht nur schön, sondern auch gefährlich sein kann. Oben angekommen wurden wir jedoch mit einem Ausblick belohnt, der alle Anstrengungen und Ängste in Luft auflöste und mir den Anlass gab, der Stille des Berges zu lauschen und die Weite des Landes bei traumhaftem Wetter zu genießen.
Nach einer weiteren Nacht ohne Elektrizität (die Zimmer musste man selbst mit einem „Petschka“ – einem kleinen Ofen beheizen) sollte es dann mit acht Leuten auf den Rückweg nach Klisura gehen. Dafür mussten wir allerdings samt Gepäck wieder die 600 Meter bis zum Gipfel aufsteigen, bevor wir den Pass über den südlichen Balkan nehmen konnten. Da Bulgaren allerdings sehr abenteuerlustig sind, beschlossen wir kurzerhand, nicht den zuvor benutzten Winter-, sondern den Sommerweg hinab ins Tal zu nehmen, der von Warntafeln mit Lawinengefahr gespickt war. Aber auch ohne Lawinen sollte sich der Weg als nicht ganz einfach herausstellen. Da er ja eigentlich nur für den Sommer vorgesehen war, musste man auf halben Meter breiten Pfaden (auf der einen Seite nur Berg und auf der anderen Seite 500 Meter tiefer Abgrund) durch den Schnee stapfen.
Die größte Herausforderung allerdings erwartete uns, als der Weg plötzlich zu Ende war und nur eine extrem steile Eiswand auf uns wartete. Für eine Umkehr waren das Wetter und die Zeit zu schlecht, doch mit großer Teamarbeit und Stufen, die man mit den Schuhen in das Eis trat, überwand auch Eva dieses Hindernis, die, aufgrund ihrer Herkunft, zum ersten Mal mit Schnee in Berührung kam :-). Nach acht Stunden Marsch mit mehreren Toblerone- und Mandarinenpausen erreichten wir dann glücklich und erleichtert Klisura, um nach einer weiteren Nacht in Karlovo am Sonntag wieder in Varna anzukommen.
Nach diesem turbulenten, aber doch super tollen Wochenende startete für mich der gestrige Morgen mit der Nachricht, dass an diesem Tag nun einer unserer geplanten Weihnachstage im „Dom Gergana“ – eines der Seniorenheime von Varna – stattfinden sollte. Das Programm dafür gestalteten die Kids des Jugendzentrums von Aksakovo und die Sänger des Tschitalischte – einer Einrichtung, die in jeder Stadt in Bulgarien zu finden ist und die für die kulturelle Unterhaltung im Ort verantwortlich ist.
Neben bulgarischen Weihnachtsliedern und Tänzen, die immer in Originaltrachten aufgeführt werden, sowie Gedichten und Anekdoten zur Weihnachtszeit, konnte ich zusammen mit den Kids dann auch endlich ein Teil unserer selbst gebastelten Karten an die Bewohner des Altersheims verteilen. Zum Abschluss bekam jeder noch ein Stück „Pita“, das als guter Segen und Erinnerung an den Tag auf den Weg mitgegeben wurde.
Abschließend kann ich sagen, dass wir sehr viele positive Rückmeldungen bekommen haben. Viele Senioren sind sehr alt und krank und leben auch in dem Altersheim nicht unter Luxusbedingungen. Das Geld ist wie in vielen Orten Bulgariens sehr knapp, daher gibt es auch nicht sehr viel Personal und wenig gut ausgestattete Zimmer (keine isolierten Fenster, Teppich oder Fernseher) Aus diesem Grund haben sich viele Leute über die Abwechslung und Karten gefreut und sich mit ganzem Herzen bei uns bedankt.
Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind, die man selbst leisten kann, gibt mir die Dankbarkeit der Menschen die Bestätigung, warum ich freiwillig hier arbeite.
Am Mittwoch werden wir unseren zweiten Weihnachtstag in einem der Waisenhäuser gestalten und ich hoffe, dass wir auch dort den Kindern wenigstens den Gedanken an den Sinn von Weihnachten ein bisschen näher bringen können.
Ganz vergessen hatte ich natürlich auch den Geburtstag Zlatinas, sodass Eva und ich in aller Eile noch einen Kuchen für sie backten. Das Rezept hatte ich noch kurzfristig von meinen Eltern besorgt (Danke, Ihr beiden!) und trotz fehlendem Mixer, Schneebesen und Waage kann sich das Ergebnis doch sehen lassen, oder?!
Ich hoffe, Ihr lasst es Euch auch gut schmecken, ich werde mich die Tage wieder melden.
Gruß und Kuss, Eure Annika