Erste Eindrücke!
Einen unheimlichen Start machte Dirki in Riga. Ein etwas komisches Hostel und ein gefährlicher Weg in die Stadt geben ihm zu denken…
Der Anfang einer langen Geschichte
Das Flugzeug durchbrach die Wolken und zum Vorschein kam der lettische Strand der Bucht von Riga. Es folgten ins Nichts führende Straßen die in keinerlei Anordnung standen. An den Rändern dieser, reihten sich viele noch unfertige Häuser und Wiesen mit üppiger Vegetation. Danach setzte das Flugzeug auf einen nasskalten, zerborstenen Betonboden auf. Ich bin in Riga. Der Flughafen war ganz nett anzuschauen, auch wenn er nicht so groß ist. Am Ausgang sollten zwei Mitarbeiter meines Projektes, also meiner Arbeitsstelle, warten. So weit hab ich es zumindest in Deutschland verstanden. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht einmal wo ich wohnen sollte.
Komisches Gefühl, einfach nach Lettland gehen und von nichts etwas zu wissen. Aber genau das macht ja ein Abenteuer aus. Es sollte ja kein Urlaub oder ein Kinderspaziergang werden. Mit meinem großen Koffer, mein Laptop und dem Rucksack begab ich mich nun langsam zum Ausgang. Hier möchte ich noch mal erwähnen, dass ich mal zwei Koffer hatte. In Deutschland hab ich extra einen zweiten Koffer für das Flugzeug dazugebucht da mir einer nicht ausreichte. Leider kam alles anders, ein Koffer durfte maximal zwanzig Kilo wiegen und zwei Koffer? Ja vierzig würde man sagen, aber nööö. Auch zwanzig! So musste ich einen Koffer bei meiner Schwester in Berlin lassen. Am Ausgang traf ich Marius und Dita; beide arbeiten im Smaile, dem Jugendzentrum in Riga. Dort wo ich nun auch sieben Monate zu tun haben werde.
Kaum zu Glauben wie sich doch so nahe liegende Länder komplett fremd sein können. Zumindest für mich, denn Lettland soll ja sehr deutsch sein. Mit ein paar Brocken Englisch begrüßten wir uns und packten meine Koffer in das Auto von Dita. Mir fiel im Auto auf, dass das Radio schon nicht mehr existierte, nur ein paar heraushängende Kabel erinnerten noch daran. Auf den Straßen war Chaos, so etwas wie Reisverschlussverfahren besteht nicht im Wortschatz der Letten, geschweige denn gegenseitige Achtung.
Der erste Eindruck vom neuen Zuhause
Der erste Eindruck von Lettland war der, dass sich hier der Osten mit dem Westen trifft. Zum Beispiel steht nicht selten eine alte Holzhütte gleich neben einem neuartigen Bürokomlpex. Die Straßen sind schlecht ausgebaut und ständig kreuzen sich die öden Trams mit Autobussen. Irgendwann kamen wir an meinem neuen Zuhause an. Ich würgte schon als ich aus dem Auto ausstieg. Zehn Meter daneben sitzen zwei Assis (entschuldigt für die Ausdrucksweise) vor einer Wellblechhütte und versuchen Feuer in einem metallischen Kasten zu machen. Das Hostel wo ich nun wohnen soll, ist von einem zirka zwei Meter hohen Maschendraht umzäunt, an der Fassade hängen Kameras, insgesamt macht das Haus einen neuen Eindruck. An der Pforte sprach Dita mit einer sehr alten gebrechlichen Frau die uns in das Zimmer führte. In den Gängen hingen zu meinem Erstaunen ebenfalls Kameras, als ob hier ständig Verbrechen stattfinden würden. Als ob ich von nicht mehr schockiert werden könnte traf mich der nächste Schlag ins Gesicht als ich das Zimmer betrat. Ein fünfmal drei Meter großer Raum für zwei Personen mit einem kleinen Bad. Hier wohnte schon ein lettischer oder russischer Student, ich weiß es nicht wirklich, mit dem ich mir nun das Zimmer teilen sollte. Naja, dachte ich mir nur noch, ich werd mich schon dran gewöhnen müssen. Konflikte mit ihm können ja schließlich nicht aufkommen, er kann ja kein Englisch.
Der neue Arbeitsplatz
Das Gepäck ließ ich nun dort und wir ich machte mich mit Marius mit der Tram auf den Weg ins Smaile, das Jugendzentrum. So kann ich mir den Weg merken. Wir hielten eine Station vor der Einrichtung um noch eine Kleinigkeit zu essen. Marius empfahl mir das Schnitzel, da es ja was Deutsches ist. Naja, das was dann schließlich auf dem Teller lag war eine Mischung aus Bulette, Möhren und Pappe. Heruntergewürgt hab ich es aus Freundlichkeit jedoch trotzdem. Im Smaile voller freudiger Flicke von kleinen Kindern angekommen, begrüßten mich hier nun auch die Mitarbeiter. Ist zwar eine kleine, aber feine Einrichtung. Naja, meine Arbeit im Projekt und die genauen Aufgaben, wie mit den Kindern Tischtennis zu spielen, interessieren euch bestimmt nicht. Darum lass ich hier mal eine große Lücke im Offenen.
Später am Abend machte ich mich nun allein auf den Weg in das Hostel. Marius kaufte mir schon vorher eine Monatskarte für Tram und Stadttrolley. Merkwürdig sind auch die übertrieben meist weiblichen Schaffnerinnen. Ganz arg wird der Blick, wenn man sich als ohnehin nicht „befahrscheint“ auch noch auf die Bank setzt, weil man als durchschnittlicher gebildeter Mitteleuropäer des Lettischen nicht mächtig ist. Die Miene der Schaffnerinnen erinnert eher an ehemalige Gulagaufseherinnen. Ich nahm all dies nur mit schwarzem Humor auf. Aus der Trambahn durch ein schmieriges Fenster blickend versuchte ich die richtige Haltestelle zu finden. Schließlich stieg ich doch eine zu spät aus und lief noch mal zehn Minuten ins Hostel. Auf den Weg dorthin traf ich dunkle Gestalten, Jugendliche Russen trafen sich an der Haltestation und spielten mit Klappmessern. Wenn das nicht Furcht einflößend ist.
Als wenn das nicht alles sein könnte, stolperte ich geradewegs über einen mitten auf den Boden schlafenden Mann. Wohl der Penner oder ein Freund von der Wellblechhüttengemeinschaft nebenan, dachte ich mir. Durch dunkle unbeleuchtete Gassen, die kein bisschen von Lebensfreude zeugten, kam ich nun an. Unten fragte ich auf Englisch nach dem Zimmerschlüssel, sie nickte nur freundlich und grinste mir ins Gesicht. Komisch. Mein Zimmerkollege war wohl schon oben. Durch die Gänge des Hostels laufend mit schweifenden Blicken er Kameras beobachtend suchte ich noch mal das Zimmer 309, klopfte an die Tür und begrüßte den Letten. Das waren die letzten Worte an diesem Abend. Das gute war ein Internetanschluss im Zimmer vorhanden war. So konnte ich noch mal mit meinen Freunden Kontakt aufnehmen und meiner missligen Lage erzählen. Bald wurde ich jedoch immer müder und mein erster Tag in Riga neigte sich langsam den Ende zu.
Am nächsten Tag sollte ich um zwei Uhr auf der Arbeit erscheinen, vorher traf ich mich aber noch mit Steffi, einer anderen Freiwilligen aus Deutschland. Meine echt schlechte Gemütslage verbesserte sich schlagartig in diesem Moment der Begegnung. Auf dem Bahnhofsplatz hilf sie der Nationalagentur beim Aufbau eines Infostandes. Hier war eine Aktion der EU zur Jugendförderung in Europa, nahm ich an. Naja, ich traf hier noch drei französische und einen schottischen Freiwilligen. Nach meiner gemachten Arbeit im Jugendzentrum, wo ich eher aufhören konnte, gingen wir gemeinsam in die Sky-Bar und besuchten noch das Kino in Riga. Leider mussten wir danach auflösen, da einige nicht in Riga wohnten sondern weiter außerhalb. Mir war es auch recht da ich ja spätestens punkt elf in meinem Hostel sein musste. So erging es mir jedenfalls in meinen ersten beiden Tagen. Ich wünsche mir nun nur noch eine bessere Wohnungslage die nicht eine Stunde von der Arbeitstelle entfernt ist =)