Erfindungen - ein Lob auf die Faulheit!
Dieser Artikel beschreibt die schönen Seiten der Faulheit!
Let´s talk about sex – about self-satisfaction! Eine Erfindung aus Queens Homeland – es ist nicht überliefert, wie Ihre Majestät die Königin von England dazu steht – bereitet uns Leidenschaft und Lust! Es ist der Vibrator; bereits im Jahre 1883 meldete der Arzt und Autor medizinischer Bücher, Joseph Mortimer Granville, ein Patent dafür an.
Erfindungen sind etwas Wunderbares – sie erleichtern uns den Alltag, sie helfen uns, die täglichen Aufgaben leichter zu bewältigen. Gibt es eine Erfindung, auf die wie heute nicht mehr verzichten wollen? Das Rad? Den Buchdruck? Die Elektrizität?
Wir nutzen viele Erfindungen, ohne sie als solche zu betrachten. Das Telefon etwa (1876) oder wir fahren mit der Bahn – die Elektromokotive (1837), eine britische Innovation, wurde zum Motor der Industrialisierung. Kann man sich ein Leben heute ohne Penicillin (1928) vorstellen? Es hat im Zweiten Weltkrieg tausenden Verwundeten das Leben gerettet. Ein Leben ohne Kühlschrank? Der Alltag ohne Geldautomat? Wer möchte sich London ohne seine Tube vorstellen? Ein Leben ohne „Please mind the gap“? Erfindungen sind in erster Linie das Resultat von Faulheit – wer will schon täglich einkaufen gehen? Wer die Entfernungen in London zu Fuß bewältigen? Warum Briefe schreiben, wenn ein Telefonat doch viel persönlicher, aussagekräftiger ist?
Doch nicht nur bekannte Erfindungen, sondern auch wegweisende Schriften stammen aus Great Britain – zum Beispiel die Werke von David Humes, Adam Smith oder Jane Austen. In Salisbury – aufbewahrt und gut bewacht in der Kathedrale – liegt die „Magna Charta“, jenes Dokument, welches die Rechte des Königs einschränkt. Sie, hier stellvertretend für viele andere Gedanken und Innovationen genannt, haben die Menschheit bereichert.
Alle diese Gedanken und Erfindungen beruhen auf einer Prämisse: die Zeit und Muße zur Forschung, zum Nachdenken, zum Reflektieren.
Eine 2008 veröffentlichte Studie (http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/135809/bildungsausgaben) weißt für Dänemark die höchsten Bildungsausgaben (BIP) (5,07 Prozent des Bruttoinlandsprodukt) aus – United Kingdom gab im selben Jahr rund 5,36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus; das BIP ist der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen in einem Jahr. Deutschland gab im gleichen Jahr 4,55 Prozent seines BIPs für Bildung aus. Ein Jahr früher wurden in London 2,4 Prozent des BIPs für Verteidigung ausgegeben. Hier ist eine populäre Forderung aus der Öffentlichkeit erfüllt: Es wird mehr Geld für Bildung, Forschung und Entwicklung ausgegeben, als für militärische Zwecke.
Ein Mittel zum globalen Vergleich ist der „PISA-Test“. Das Initialwort steht dabei für „Programme for International Student Assessment“ und wird von der „Organisation for Economic Co-operation and Development“ (OECD), welche ihren Sitz in Paris hat und der 34 Staaten angeschlossen sind, durchgeführt. Jeder, der sich mit Gesellschaft, Wirtschaft oder Bildung beschäftigt, dürfte schon einmal auf die Statistiken, Auswertungsergebnisse und Analysen der OECD gestoßen sein. Die Ergebnisse laden immer wieder zu Diskussionen und Debatten ein – an dieser Stelle soll jedoch nicht die Methodik, sondern das komparative Messergebnis betrachtet werden. In diesem Test werden mathematische Fähigkeiten, das Leseverständnis und Kenntnisse in Naturwissenschaften (Mathematik ist keine Naturwissenschaft, sondern nach Ansicht vieler Philosophen und Mathematiker eine Geisteswissenschaft, da die Beweise streng logisch sind und keine Experimente vorgenommen werden) untersucht.
Deutschland lag bei dem letzten Jahr veröffentlichten Ranking in allen Disziplinen über dem Durchschnitt und vor Großbritannien. In Mathematik beispielsweise erlang Deutschland 514 Punkte; das Vereinigte Königreich liegt mit 494 Punkten sogar zwei Punkte unter dem metrischen Mittel (496 Punkte). Hinsichtlich des Leseverständnisses ist Großbritannien nur einen Punkt besser als der Durchschnitt (498 Punkte), Deutschland hat jedoch auch hier wieder einen signifikanten Vorsprung (508 Punkte). Der Vorsprung Deutschlands bei den Naturwissenschaften beträgt 10 Punkte – Großbritannien erreichte hier einen Wert von 514 Punkten – und liegt damit deutlich über dem Durchschnitt (501 Punkte). Macht das jetzt ein Land besser oder schlechter? Das sicherlich nicht – interessant ist jedoch, dass Deutschland Ausgaben für Bildung und Forschung geringer sind, das Land jedoch im internationalen Ranking besser da steht. Außerdem muss noch herausgestellt werden, dass in Deutschland für die „Allgemeine Hochschulreife“ Fremdsprachenkenntnisse auf einem B2-Level notwendig sind (das Level der Muttersprache entspricht C2), für den britischen Äquivalent (A-Level) ist die Teilnahme am Fremdsprachenunterricht jedoch nicht Voraussetzung.
Bildung ist aber nicht alles, wie Schopenhauer mit einem eloquenten Aphorismus den Nagel auf den Kopf trifft: „Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.“
Erfindungen beruhen auf Bildung – aber eben nur zu einem Teil. Für eine erfolgreiche Innovation müssen mehrere Faktoren erfüllt sein. Es braucht – auch wenn es frappierend klingen mag – Faulheit! Nur der Faule sucht nach (Aus-) Wegen, um Vereinfachungen oder (technische) Hilfen zu suchen.
Sowohl Deutschland als auch Großbritannien sitzen im gleichen Boot – die Erfindungen des 21. Jahrhunderts werden in Übersee gemacht. Es sind virtuelle Produkte wie Apps oder Software, die den Shareholdern hohe Wachstumsraten bescheren und Arbeitsplätze schaffen. Es sind Lösungen auf die Herausforderungen der Zukunft, wie etwa Krankheiten (beispielsweise Krebs), eine wachsende Weltbevölkerung sowie eine sichere und grüne Energieversorgung. Die Frage ist nur, inwiefern unsere Bildungssysteme ausreichend auf diese Veränderungen vorbereiten. Sind es also Erfindungen, die die Zukunft bestimmen? Oder eher Ideen? Ist nicht die Prämisse für eine gelungene Innovation die Idee dahinter?
Der Westen muss seinen Vorsprung weiter ausbauen – ansonsten kommen die zukunftsweisenden Innovation eben nicht mehr aus Großbritannien oder anderen europäischen Staaten. Die PISA-Spitzenländer kommen aus Asien, hier liegt also eine Gefährdung unseres Wohlstandes. Wer im globalen Wettbewerb einmal abgeschlagen wird, kann kaum noch aufholen. Insofern sind unsere Ausgaben für Bildung – als Grundstein für die Zukunft, als Investitionen für Wachstum in der Zukunft – zu niedrig. Um erfolgreich zu sein, müssen die Ausgaben für Bildung und Forschung also steigen. Nur mit großen Bildungsetats können wir unserem eigenen Anspruch gerecht werden – und auch in Zukunft Erfindungen wie die Eisenbahn (oder eben auch den Vibrator) hervorbringen.