Endlich mal wieder ein Lebenszeichen...
Weltenbuerger beginnt endlich mit ihrer Arbeit im Archiv und ist begeistert. Ihr erster Arbeitsauftrag, ein Buch zu radieren, findet sie allerdings etwas fragwürdig.
Menno, menno, menno...Gar nicht so einfach ins Internet zu gehen, wenn man auf der Arbeit noch keins hat. Apropos Arbeit: Ich arbeite seit mittlerweile einer Woche und es ist mehr als genial! Am Montag kam ich noch zitternd und schüchtern an. „Ja was erwartet einen eigentlich in so einem Archiv?“, fragte ich mich. Völlig unbedarft, wie ich war, hatte ich mir so was kleines nettes mit ein paar Mitarbeitern vorgestellt, dann ist aber daraus etwas großes nettes mit vielen Mitarbeitern geworden. Ich schätze mal etwa 30 Leute arbeiten im Archiv wum Panstwowe w Olsztynie, also quasi im Staatsarchiv von Olsztyn. Und der Name ist Programm: Anja ist völlig in ihrer Welt: Bücher über Bücher, Zettel, Akten... Die Spanne ist groß.
Am ersten Tag habe ich meine Mentorin Dominica kennen gelernt und auch meine Chefin Beata, letztere spricht sogar etwas Deutsch. Ich war mit Dominica gleich mal Arbeitsklamotten kaufen und ab heute werde ich in einem schicken blauen, ja, was ist das eigentlich, nenne wir es Overall durch das Archiv hüpfen. So weit so gut. danach ging es zur Bank, wo wir erst eine Stunde warten mussten und uns danach auch noch eine Stunde mit der Frau geprügelt haben, da die deutsche Personalausweisnummer kürzer ist, als die polnische PESEL-Nummer, wobei der Computer gestreikt hat, die Frau den Kollegen gefragt hat, der nicht weiterwusste, der eine andere Kollegin gefragt hat, die in Warschau angerufen hat... und am Ende ging dann doch alles klar.
Der zweite Tag war auch ganz toll: Wir mussten noch einmal zur Bank, weil da doch noch etwas nicht geklappt hatte, danach bekam ich eine BHP Einweisung, das heißt. eine Sicherheitseinweisung. Was mache ich wenn es brennt? Niedlich fand ich, dass bei Bombenalarm die Sirene drei Minuten schrillt. Also erst warten, wie lange die Sirene schrillt, denn es könnte ja noch ein atomarer Fall sein oder auch einfach nur ein Feuer und dann loslaufen...
Am dritten Tag kam ich in die Konservierungsabteilung im Keller zu Monika und Andrzej. Beide stellen kaputte Bücher wieder her und so etwas finde ich total spannend. Nach einer weiteren BHP-Einweisung, bekomme ich ein Buch, das von 1841 ist und insgesamt 624 Seiten hat. Ich habe einen Monat Zeit das zu restaurieren. Da kommt Freude auf. Für heute ist meine Aufgabe allerdings erst mal simpel: Ich soll radieren. Ja, ihr habet richtig gehört, man nehme den Radiergummi und radiere mal kurz 624 Seiten. Und das mache ich den ganzen Tag.
Am vierten Tag geht es mit radieren weiter und außerdem helfe ich Monika, die alten Seiten eines anderen Buches zu rekonstruieren. Die tut man in eine Wanne und dann kommt da Wasser und Kleber rein, wobei der Kleber zum Teil aus Cellulose besteht. Nachdem das Wasser abgelassen ist und alles trocken ist, hat man an den Löchern neue Seiten. Voila!
Am fünften Tag, quasi Freitag, bin ich mit Radieren fertig. Endlich! Ich kann das Teil schon nicht mehr sehn! Ich sortiere die Seiten noch nach gut, restaurationsbedürftig und naja, muss noch mal leim drüber. Am Nachmittag gehe ich in die Borussia und kopiere mal schnell keine Ahnung wie viele Seiten, aber es waren viele...
Das schöne an dem Archiv ist, dass man so viel lernt. Ich habe einen Deutsch sprechenden Kollegen, der mal Wasserzeichen gesammelt hat und mit Begeisterung alles über neues Papier, handgemachtes Papier und Wasserzeichen zum Besten gibt. Das ist super interessant. Das Buch an sich ist in Danzig geschrieben und zwar weil das der neunte Tagungstag der preußischen Irgendwas war. Die Schrift kann ich nicht lesen, was sehr schade ist; manche Leute haben aber auch ne Klaue!
So, das war meine erste Woche, insgesamt echt super, die Wohnung ist toll, lauter nette Leute, wenn auch keine Deutschen.