Endlich ein Lebenszeichen
Loerchens Ankunft in England war nicht gerade erfreulich. Es regnete, ihre Mentorin war nicht erreichbar und sie wurde von einem anhänglichen Herrn verfolgt! Doch dann kam das rettende Taxi und seitdem ist alles gut.
„Über einen Monat in England – langsam wird’s mal Zeit, alle offiziell wissen zu lassen, wie es mir hier geht.“ Genau das hab ich mir heut morgen gedacht. Und da sitzt die kleine Laura nun, mit ihrem Laptop auf dem Schoss im Starbucks in Bath, schlürft einen großen Toffe Nut Latte und versucht die ganzen Ereignisse des letzten Monats irgendwie in Worte zu fassen.
Nun gut, fangen wir mal mit meiner Ankunft an. England hat mich nicht gerade herzlich empfangen. Natürlich hat es geregnet, als ich abends aus dem Flugzeug ausstieg. Nachdem ich es nach einer dreiviertel Stunde im Dunkeln am Bahnhof in Bristol wartend, endlich gemeistert hatte, mit all meinem Gepäck in den richtigen Zug nach Bath einzusteigen, war ich zunächst ziemlich erleichtert. Dies hielt ungefähr zwei Minuten an, bis ein Mann Mitte 20, offensichtlich auf Drogen, sich dazu entschlossen hatte, mit mir ins Gespräch zu kommen.
War anfangs ja auch gar nicht schlecht, mal mit einem Einheimischen zu sprechen und meine Englischkenntnisse ein bisschen zu testen. Als dieser ominöse Herr mir jedoch am Bahnhof von Bath überall hin folgte, wurde es mir dann doch ein bisschen mulmig. Vor allem, weil ich meine Mentorin erst nicht erreichen konnte. Hatte wohl die falsche Handynummer oder so. Nun ja, jedenfalls stand ich da etwas verloren am Bahnhof und hab auf jemanden gewartet, der mich weg von diesem Drogen-Typen und hin zu meiner neuen Heimat für die nächsten neun bis 12 Monate bringt. Was war ich erleichtert, als endlich meine Mentorin Val, unerwartet eher der Großmutter-Typ von Frau, aus einem Taxi stieg und mir half, mein Gepäck einzuladen.
Trotz des Regens und eines bekifften Typen, der mir gefolgt ist und mit mir spazieren gehen wollte, hatte ich jedoch einen sehr guten ersten Eindruck von England. Die Leute hier sind unglaublich freundlich und zuvorkommend, sogar der Drogen-Typ war recht freundlich. Natürlich wurde ich auch von meinen neuen Mitbewohnerinnen, Anne und Angelika, ganz herzlich begrüßt. Und nachdem ich mir mein kahles, kleines Zimmer vorerst provisorisch „wohnbar“ gemacht hatte, konnte ich endlich ins Bett gehen.
Seit diesem Tag sind, wenn ich mich nicht vertue, etwa sieben Wochen vergangen und ich genieße den Aufenthalt hier mehr und mehr. Nach anfänglichem Heimweh, das ich mit planlosem In-Bath-Rumlaufen zu bekämpfen versucht habe, geht’s mir hier jetzt richtig gut. Jeden Tag lauf’ ich durch die Stadt und kann gar nicht glauben, wie schön das alles hier ist.
Und meine Arbeit hier ist einfach wundervoll. Ich arbeite vier Nachmittage in der Woche in meinem After School Club, was so eine Art Nachmittagsbetreuung für Kinder von fünf bis elf Jahren ist. Es ist einfach toll, mit den Kiddies zu spielen! Glaub, es gibt echt keinen besseren Job als den hier. An dem Tag, an dem ich nicht im After School Club bin, arbeite ich hier in der Day Nursery und betreue Kinder von 18 Monaten bis vier Jahre. Kümmer’ mich aber größtenteils um die Ein- oder Zweijährigen. Die sind sooo süß! Unglaublich. Und so lieb! Hätte nie gedacht, dass Arbeit mit Kindern einem so viel geben kann. Aber immer wenn ich zur Arbeit geh, geht’s mir gut. Egal ob ich schlecht gelaunt war oder so. Das ist so ein tolles Gefühl. Kann’s kaum beschreiben.
Genug davon. Hätte beinah vergessen zu sagen, dass ich auch noch einen Morgen die Woche im Büro Vom YMCA arbeite. Klingt nicht so spaßig, ist es aber! Alice, unsere „Büro-Fee“ ist einfach toll! Total lieb und erklärt dir alles auch gerne zum tausendsten Mal.
Wie Ihr seht, kann ich nicht klagen. Ich bin total begeistert von der Stadt, die Leute sind alle nett und meine Arbeit ist wundervoll. Vom Nachtleben will ich gar nicht erst anfangen. Klar kann man das hier nicht mit anderen großen Städten wie London, Manchester et cetera vergleichen. Aber meiner Meinung nach kann man hier super weggehen. Also, jedenfalls haben meine Mitbewohnerinnen und ich immer eine super Zeit, wenn wir ausgehen, auch wenn das für unsere eh schon schmale Freiwilligen-Geldbörse eine ziemlich große Belastung bedeutet. ;-)
Mein Zimmer nimmt mittlerweile eine richtig schön bunte Gestalt an. Und für die, die mich ein bisschen kennen: ratet mal in welchen Farben? Rischtisch! Alles im schön warmen Orange, Gelb und Rot gehalten.
Oh, hätte ich ja fast vergessen. Vor fast genau einem Monat haben wir eine neue Mitbewohnerin bekommen. War eine recht große Überraschung für mich. Ich kam von meinem On-Arrival-Training aus Malvern (fragt gar nicht erst, wo das liegt oder so… ist nicht der Rede wert. Hatte gerade mal ein Pub. Der war aber wiederum ziemlich gut) zurück. Hab mich schon richtig auf mein „zu Hause“ gefreut und da sagt mir Seain von der Rezeption, dass wir eine neue Freiwillige bekommen. Konnte es natürlich zuerst gar nicht glauben und dachte, er macht nur mal wieder einen seiner Witze. Aber dem war nicht so. Etwa drei Tage später hatten wir eine neue Mitbewohnerin. Jill aus Berlin. Wieder eine Deutsche. Zum Glück sprechen wir hier alle Englisch untereinander. Sonst würden wir ja gar nichts lernen. Sie hatte wohl etwas Probleme mit ihrem Projekt in der Nähe von London, in dem sie schon seit einem halben Jahr gearbeitet hat, und deshalb hat sie das YMCA, und vor allem Val, unter seine Fittiche genommen und ihr Arbeit hier in Bath gegeben. Haben nun also eine vierer-WG. Auch nicht schlecht. So, genug der großen Worte für’s erste! Mein Kaffee ist ausgetrunken und ich glaube, ich hab den gemütlichen Sessel hier genug in Beschlag genommen. Ich versuch’ ab jetzt eine bessere Freiwillige zu sein und öfter in dieses Tagebuch zu schreiben, so dass jeder in der großen weiten Welt lesen kann, was ich hier in der Weltkulturerbe-Stadt Bath erlebe.