Ein verspätetes Silvester
Wenn man am Silvesternachmittag noch nicht weiß, was man abends macht, läuft irgendetwas schief - jedenfalls in Deutschland! Ganz andere Erfahrungen macht hausi38 jedoch in Indonesien - und kommt dennoch auf ihre Kosten.
Hallo ihr Lieben,
heute die Geschichte über das indonesische Silvester…
Erstmal ist das Silvester, was wir am 31. Dezember feiern, nicht das einzige Silvester, was große Beachtung verdient. Da gibt es noch das chinesische Neujahr, das muslimische Neujahr, das buddhistische Neujahr…
So kommt es, dass unser Neujahr am 31. Dezember/1. Januar gar nichts Besonderes mehr ist. Es ist eben ein weiteres Neujahr im Jahr.
So einen Aufriss, wie wir machen, mit Fragen bereits Wochen vorher "Wo feierst du denn Silvester?", "Wo geht ihr denn das Feuerwerk gucken?", "Und was gibt's bei euch zum Essen?", mit solchen Fragen beschäftigen sich die Indonesier eher weniger.
So kam es, dass ich bis 15 Uhr am 31. Dezember keinen Plan hatte, was Silvester passieren sollte. Ich hatte vorsichtshalber schon mal eine Rakete gekauft (eine Tradition bei mir, eine Rakete mit Wünschen für das neue Jahr), wo ich sie aber abschießen wollte, das wusste ich noch nicht.
Letztendlich habe ich mich mit ein paar anderen Deutschen getroffen, wir waren lecker essen. Da muss ich kurz eine kleine Geschichte dazu erzählen… also eigentlich mehrere :-)
Zuerst zum Essen. Wir waren in einem etwas teureren Restaurant, wo es sowohl indonesische als auch internationale Küche gab. Ich hab ein indonesisches Gericht gegessen, was, überraschender Weise, auf der Straße, wo es vielleicht nur ein Drittel des Preises kostet, so viel besser schmeckt.
Das ist generell so. Die kleinen Großmütter, die auf der Straße oder in kleinen "Warungs" ihr Essen anbieten, bereiten genau dieses Essen schon seit Jahren zu und dementsprechend lecker ist es auch… aber gut, wir waren ja auch wegen der etwas feierlichen Atmosphäre in dem Restaurant.
Da waren wir wieder einmal die einzigen Menschen mit weißer Hautfarbe. Und so kam es, dass sich Indonesier, ohne zu fragen, vor unserem Tisch postierten und Fotos machten. Man muss sich das so vorstellen, dass sie richtig Mama links, Papa rechts, Sohnemann in der Mitte sich aufstellten – im Hintergrund der Tisch mit den "Weißen".
Ich kann mir schon die nächste Familienfeier vorstellen, wo dann die Fotos gezeigt werden: "Und dann waren wir in dem Restaurant und da waren 'Weiße' (auf Indonesisch auch 'bule' genannt) und guck mal hier, wir haben auch ein Foto gemacht!" Einmal mehr kamen wir uns wie im Zoo vor.
Es ist echt krass, welche Aufmerksamkeit man als Ausländer in Indonesien bekommt. Es ist manchmal lustig, in diesem Fall war es eigentlich nur nervig, vor allem, weil wir nicht gefragt wurden. Sie hätten sich auch vor einen Affenkäfig im Zoo stellen können, das wäre genauso gewesen :-)
Nun gut, aber zurück zum Silvester. Nachdem wir uns die Bäuche vollgeschlagen hatten, haben wir einen Abstecher zu Freunden gemacht und sind dann mit unseren Motorrädern Richtung Stadt gefahren. Bis dahin sind wir gar nicht gekommen.
Eine Brücke war einfach komplett voll gestellt, mit Motorrädern und Menschen, die alle auf das neue Jahr warteten. Es war kein Durchkommen, überall Motorräder noch und nöcher, Wahnsinn! Wir haben uns also dazu gestellt und warteten voller Spannung auf das neue Jahr, auf den Countdown.
Der kam nicht! Plötzlich, es war so 20 vor Mitternacht, ging das Feuerwerk los, die Motorräder fingen an zu hupen, es war ein Krach, man hat sein eigenes Wort nicht verstanden. Aber es war noch gar nicht soweit, so warteten wir.
Als es dann Mitternacht war, gab es keinen Countdown, aber wir zählten trotzdem runter von 10 an, auf Indonesisch, richtig laut. Somit waren wir – wieder einmal – Center of Attention und als wir uns bei "null" alle in die Arme fielen, fassten sich die Indonesier an den Kopf. Feuerwerk gab es keines mehr, nur meine kleine einzelne Rakete schaffte es noch in den Himmel und versprühte ihre Funkten.
Dieses Silvester war mal wieder ein Kulturbeispiel. Zumindest das, was für mich Indonesien auch ausmacht, wurde an diesem Abend wieder deutlich: Es ist im Prinzip egal, wann es Mitternacht ist, es kommt eben das neue Jahr und das kommt nicht, wie in Deutschland, mit einem lauten Knall bei "null", sondern mit Motorradhupen irgendwann um Mitternacht! Wunderschön! Und so bin ich glücklich und mit einem sehr friedlichen Gefühl von der Brücke wieder abgefahren.
Dann ging es aber erst richtig los: auf zum Karaoke! Au weia, ihr denkt jetzt wahrscheinlich an einen dunklen, verrauchten Pub, in dem jeder Mal nach vorn muss und ein Lied trällern muss. Aber nein! Hier mietet man sich mit all seinen Freunden einen Raum, wir waren immer im "Happy Puppy Karaoke", kann ich sehr empfehlen ;-).
Dort fletzt man sich auf das Sofa und schmeißt den Computer und die Soundanlage an. Man sucht seine Lieder und dann wird geträllert. Da immer alle mitsingen, wird es manchmal recht laut, ab und an wird aufgesprungen und getanzt, es ist ein Highlight.
Ich kann auch nicht mehr zählen, wie oft ich im Happy Puppy war und wie viele Lieder – auch indonesische – ich gesungen habe, aber eins: Ich hatte jedes Mal einfach keine Stimme mehr! Ein Spaß!
Und damit waren wir im neuen Jahr. Wem ich noch keine Wünsche übermittelt habe: Fröhliches Neues! Happy new year! Boldog új evet! Selamat tahun baru!
Alles Liebe
Julia