Ein herzlich verzögerter Beginn
Ein erstes Lebenszeichen!
Bald habe ich schon mein dreimonatiges Jubiläum mit China. Warum ich meine Eindrücke nicht vom ersten Tag an festgehalten habe, hat verschiedene Gründe. Zum einen vergeht die Zeit gerade am Anfang unglaublich schnell und ich fühle mich immer noch ein bisschen wie ein Treibholz, das vom Yangtse mitgerissen wird (um mal in lokalen Bildern zu sprechen). Zum anderen zaudere ich etwas diesen Blog zu beginnen, weil ich schon in Deutschland gemerkt habe, dass es sehr viele verschiedene, teils heiß diskutierte Perspektiven auf und vor allem Vorurteile über China gibt – jetzt in China zu sein bedeutet mit all diesen Perspektiven konfrontiert zu sein und seine eigene zu finden, was keineswegs geradlinig und absolut vonstattengeht. Und natürlich möchte ich China gerecht werden. Damit möchte ich einfach sagen, dass ich mit meinen Berichten nur einen kleinen, und wie jeder Mensch es nicht anders vermag, persönlichen Ausschnitt aller erlebten Dinge, wiedergebe. Und das ist wiederum nur ein winzig kleiner Ausschnitt aller Perspektiven, die es gibt, gegeben hat und jemals geben wird.
Gut, jetzt kann ich also anfangen. Ich hatte vor meiner Abreise nach Chongqing große Sorge, dass ich anfangs sehr einsam sein würde, aber Einsamkeit habe ich bisher keinmal gefühlt. Es ist erstaunlich, wie schnell und locker hier Kontakte geknüpft werden. Das liegt bestimmt auch daran, dass ich Ausländer bin und mich das für viele erst einmal interessant und beachtlich macht, aber es geht mir ja andersherum genauso und ich bin froh, so schnell viele Leute kennenzulernen. Ich habe das Gefühl die meisten jungen Leute, das heißt die Studenten an der Uni, sind sehr neugierig auf Ausländer und hilfsbereit mir gegenüber. Sobald ich jemanden kennenlerne, bietet mir der Besagte meistens sofort an mir irgendeinen Ort zu zeigen wie seinen Campus oder ähnliches. Und das ist keineswegs unverbindlich. So hatte ich im ersten Monat schon einige interessante, recht spontane Treffen mit Leuten, die mir über ihr Studium erzählen, über ihre Heimatprovinz, ihre Zukunftspläne und mich über Deutschland und meinen ersten Eindruck von Chongqing ausgefragt haben. Ich denke, wenn man an den Kontakten dranbleibt und sie nicht nach einem Treffen vergisst, dann kann man hier auch engere Freunde finden. Das hat sich mittlerweile bestätigt.
Das Portal zur Welt der meisten jungen Leute ist WeChat, oder auf chinesisch Weixin, was soviel „kleine Nachricht“ wie bedeutet. Das ist eine Mischung aus Whatsapp und Twitter und wenn ich jemanden kennenlerne, wird meistens schon nach 5 Minuten das WeChat ausgetauscht. So sammelt man schnell Kontakte und kann sich leicht verabreden. Während ich in der ersten Zeit sehr viele unterschiedliche Leute getroffen habe, habe ich jetzt ein paar Leute, mit denen ich sehr viel zusammen mache. Die meisten von ihnen sind die jungen Frauen, die auch im Sprachzentrum arbeiten, als Sekretärinnen oder Lehrpraktikantinnen. Es ist mein Glück, dass sie natürlich sehr gut Deutsch sprechen und alle sehr nett sind. Das ist ein schönes Gefühl an einem Ort zu arbeiten, wo man die Menschen gerne hat. Das ist erstmal das allererste, allgemeine Lebenszeichen von mir – ich hoffe jetzt ist der Bann gebrochen. Ich melde mich bald wieder. Bis dann!
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