Ein Besuch im Kassai-Tal
Das Kassai-Tal ist Heimat des obersten Klans vom berittenen Bogenschießen und jeden ersten Samstag im Monat ist dort offenes Training für alle Klanmitglieder. (06.10.2018)
Heimat des berittenen Bogenschießens
Das Kassai-Tal ist der Ort, an dem das berittene ungarische Bogenschießen seinen (neuen) Ursprung hat, ein Tal nahe Kaposvár, südlich des Balatons.
An jedem ersten Samstag des Monats können alle Schützenklans ins Tal kommen, um dort zu trainieren - jedoch hat es noch einige weitere Gründe, weswegen es wert ist, das Tal als berittener Bogenschütze zu besuchen. Denn auch jeder Kassai-Schütze hat hier seinen Ursprung.
Aller Anfang ist schwer
Dass es bei den Kassai-Schützen ein klares Rangsystem gibt habe ich bereits in meinem Post über den Wettbewerb erwähnt. Was ich dort jedoch noch nicht wusste, ist, dass es einige Prüfungen gibt, die nur im Kassai-Tal gemacht werden dürfen.
Eines davon ist die Aufnahmeprüfung in einen Klan. Und diese Prüfung findet nur zweimal im Jahr statt, im Oktober und im April, da die Anführer möglichst vieler Klans anwesend sein müssen, um die Prüfungen abzunehmen.
Diese erste Aufnahmeprüfung beginnt mit einem 5km-Lauf, gefolgt von einer Art Hürdenlauf über Fässer, gefolgt von einigen Minuten militärischem Stillstehen, gefolgt vom Aufsagen der Schulregeln, dem Zeigen des Kampfschreies, Aufsagen eines ungarischen Gedichtes und Singen eines ungarischen Liedes vor den versammelten Klananführern mit Benotung. Alle diese Aufgaben geben Punkte, maximal kann man 30 erreichen, 20 werden benötigt, damit man die Prüfung bestanden hat.
Auch die ersten Schülerprüfungen, die man benötigt, um in die ersten Wettkampfränge aufzusteigen, können nur im Tal gemacht werden.
Dafür gibt es am Ende des Tages eine große Ehrung aller, die diese Prüfungen erfolgreich abgeschlossen haben, inklusive Aushändigung der neuen Schärpen für den Kaftan zur Signalisierung des neuen Ranges.
Ein Tag im Tal
Für uns beginnt der Tag an diesem Samstag im Tal gegen halb acht. Die Teilnehmer der Aufnahmeprüfung sind schon vorher da, um sich aufzuwärmen. Es wimmelt bereits von Besuchern, aber auch über hundert Kassai-Schützen von fast einem Dutzend Klans sind anwesend, in den T-Shirts und Pullovern ihres Klans, sowie ein Fernsehteam.
Kurz nach acht, als die Prüflinge auf den 5km-Lauf gestartet sind, sammeln sich die Schützen auf einem der Trainingsgründe und üben für die Ehrungszeremonie, die am Ende des Tages stattfinden soll. Aus den Seen und Teichen steigt Nebel auf, die Sonne ist noch kaum über die umgebenden Hügel gestiegen.
Während die Vorbereitungen für die Zeremonie weiterlaufen, schauen Zsofi und ich uns im Tal um und beobachten die weiteren Aufgaben der Prüflinge - mit etwas Glück kann ich diese Prüfung im April ebenfalls versuchen, daher möchte ich auch aus persönlichem Interesse und nicht nur aus Neugierde wissen, was die Prüflinge genau machen.
Im Innenhof, dem zentralen Versammlungsort im Tal, kochen mehrere große Töpfe voll mit Gulyas, leider nicht für die Besucher, sondern nur für die Klanmitglieder.
Während ich den Prüflingen bei ihren Gedichten und Liedern zuhöre, "stolpere" ich über den Anführer des einzigen, nicht ungarisch-sprechenden Klans - Johannes Fischnaller von der [Kassai Horseback Archery School Austria](https://www.kassai.at/) - und unterhalte mich eine Weile mit ihm, über das Bogenschießen, über Ungarn und darüber, dass es in Deutschland keine Kassai-Schule gibt, die Technik des instinktiven Bogenschießens jedoch langsam auf dem Vormarsch ist. Bin ich also dabei, den Anfang einer Revolution des Schießens mitzuerleben?
Auch die Schülerprüfungen können mit angeschaut werden, Schießen von drei Pfeilen in unter sechs Sekunden aus verschiedenen Positionen, Ruhighalten eines Bogens im gestreckten Galopp.
Zum Abschluss des Tages zeigen die anwesenden Meisterschützen ihr Können - und schießen dreißig Punkte und mehr, Runde um Runde.
Was für mich jedoch das Highlight des Besuchs war? Nach Ende des Programms im Tal sind wir zum Kassai-Shop gegangen und ich durfte mir einen ungarischen Trainingsbogen aussuchen, Modell Agár, was Windhund heißt. Er gehört dem Rainbow Tribe, aber wer weiß, vielleicht kann ich Sebastian ja irgendwie davon überzeugen, ihn mir am Ende meines ESK zu verkaufen.