E-N-D-S-P-U-R-T
Für Blauborn hat der Endspurt eingesetzt. Noch zwei Monate bis zu ihrer Abreise. Nun weiß sie nicht, ob sie sich darüber freut oder ob sie eigentlich eher traurig ist. Ein Wechselbad der Gefühle...
So schreibt es sich, das böse Wort, das das baldige Gehen ankündigt: Endspurt. Ich habe noch ganze neun Wochen in meinem Projekt. Das was ich mir zu Anfang, als ich so schreckliches Heimweh hatte, so sehr gewünscht habe, ist jetzt der Fall: Bald geht es wieder nach Hause.
Aber mal halblang: Ich befinde mich jetzt in Monat Nummer sieben. Noch, denn Freitag ist es mal wieder soweit. Ich schlage die nächste Seite im Kalender auf und wir schreiben den achten Monat. Also noch etwas mehr als zwei Monate, die ich hier erleben darf.
Seitdem ich aus Deutschland wieder gekommen bin, hat sich irgendwie nicht viel verändert. Die Tage fliegen nur so dahin. Mich hat die Frühlingsmüdigkeit eingeholt. Ich stehe morgens mit einer elenden Schwere auf und fühle mich den ganzen Tag wie so eine alte Frau. Jetzt muss ich schon Vitamintabletten futtern, weil ich glaube, das liegt an Vitamin-C-Mangel. Let's see... Frühling ist nun auch in Finnland. Auch wenn es hier in Kokkola morgens noch recht frisch ist, kommt man nachmittags mit Schal und Winterschuhen ordentlich ins Schwitzen.
Am Wochenende war ich Anne in Pori (300km südlich) besuchen und da ist wirklich schon richtig Frühling. Bei 15°C und Sonnenschein haben wir gestern auch das erste Grillen miterlebt. Anne arbeitet in der Seemannsmission und da habe ich sie bei ihrer Arbeit, einem Schiffsbesuch, begleitet. Und auf dem gestrigen waren lauter Südamerikaner in prächtigster Stimmung. Bei deutschem Wein, Jever-Bier, Bockwürsten (der vorherige Hafen war Hamburg gewesen ;-)) und spanischen Klängen aus dem Radio haben wir beide zusammen mit den Seemännern ordentlich unseren Spaß gehabt. Etwas neidisch bin ich schon auf Annes Arbeit, denn was sie da macht, ist echt etwas relaxter als meine Assistenz in einer ersten Klasse. Und trotzdem ist meine Arbeit erste Klasse. :-)
Ansonsten war es auch mal wieder schön, aus Kokkola rauszukommen. Seit Beginn des Jahres habe ich keine Freunde in Finnland mehr besucht. So war es doch schön, mal wieder ausgiebig mit Anne zu plaudern und zu sehen, was sich bei ihr getan hat.
Mir ist aufgefallen, dass ich von Silvester bis Ende Februar bis auf eine Ausnahme alle Wochenenden in Kokkola verbracht habe. Kein Wunder, so viel Spaß wie ich hier immer hatte. Das musste ich sieben Tage die Woche durchziehen. :-)
Vor kurzem war sonntags ein Familientag in Villa Elba. Da musste Marianne (eine neue Freiwillige vom IfaP in Kokkola) mit ihrem Jugendhaus arbeiten und Kindergesichter bemalen. Da ich nichts wirklich vorhatte, durfte ich mitmachen und hatte verdammt viel Spaß. Den Kindern gefielen meine Bilder erstaunlich gut (ich erwähne an dieser Stelle nur kurz, wie grottenschlecht ich im Malen bin). Das Tollste war aber, dass ich mich fast durchgängig auf Finnisch verständigen konnte! Das war einfach toll. Manchen ist gar nicht aufgefallen, dass ich Deutsche bin. Das war echt ein super Gefühl!
Tags zuvor gab es ein weiteres unvergessliches Erlebnis für mich. Ich durfte endlich wieder reiten! Das habe ich seit zehn Jahren nicht mehr gemacht, da ich eigentlich an einer extremen Pferdehaarallergie leide. Da ich aber draußen geritten bin, war es überhaupt kein Problem. Ich habe mich vorher mit ganz viel Medizin voll gepumpt und habe so gut wie nichts gemerkt. Ich hätte es schon viel eher mal wieder versuchen sollen. Es war leider nur eine halbe Stunde lang, aber ich habe es sehr genossen. Das ist so im Überblick mein derzeitiges Leben als Wahl-Finnin. Leider muss ich schon so oft an den Abschied denken. Denn der Zwiespalt zwischen der Freude auf Zuhause und die Trauer um all das, was ich hier verlasse, macht sich jetzt schon in mir breit.
Im Moment genieße ich aber die schönen Frühlingstage, freue mich auf meinen Trip nach Tallinn am kommenden Wochenende und versuche herauszufinden, was ich alles sehen möchte, wenn ich mit meinen Eltern im April eine Rundreise durch Finnland unternehme.
Bis demnächst, die Maria
PS: Ich habe es geschafft! Der letzte Eintrag ist zwei Wochen her. :-)