Drei Tage im SPEC-Zentrum
Nach drei Tagen im SPEC-Zentrum hat Judith_in_London gelernt allen "God loves you" zu sagen. Eine von vielen neuen Erfahrungen bei den etwas anstrengenden Trainings.
...und ich bin froh, dass ich wieder hier bin! Hier in meinem neuen Zuhause. Hier in SPECeast!
Aber der Reihe nach. Wir sind Dienstagmorgen dorthin gefahren. Im Auto hat niemand gesprochen, weil wir alle total müde waren. Nach ungefähr einer Stunde und 20 Minuten waren wir dann dort (und das zählt auch noch zu London!).
Das Spec-Zentrum liegt aber etwas außerhalb. Es besteht aus vielen großen und kleineren Gebäuden, die auch oft für Dreharbeiten genutzt werden. Als wir ankamen, wurde dort gerade irgendetwas für einen Fernsehfilm gedreht.
Aber es ist wirklich kalt dort! Und ich saß immer mit einem dicken Pullover rum und hab gefroren. Das positive daran, im Winter wird es dort auch nur ein kleines bisschen kälter.
Jedenfalls kamen wir an und haben jeder ein Zimmer bekommen, in dem wir unsere Sachen erst mal abgelegt haben. Anschließend gab es ein kurzes Frühstück und dann kamen die ganzen anderen Freiwilligen vom Morgengebet. Ich sage die GANZEN ANDEREN, weil es wirklich viele waren. Zu viele! Naja, nicht 100 Leute. Es waren vielleicht etwas über 20.
Trotzdem... 20 Leute in einem relativ kleinen Essensraum oder in jedem beliebigen anderen Raum dort, einer redet lauter als der andere... und dort waren viele Leute dabei, für die Englisch Muttersprache ist, die kamen aus den USA und viele auch aus England. Wie die reden! Zum Glück bin ich nicht in Liverpool gelandet, ich hätte wahrscheinlich den ersten Monat lang nix verstanden! Und wenn nicht immer mal wieder einer von uns "Ausländern" gesagt hätte "Slow down", dann wären die vielleicht noch schneller geworden...
Es war echt anstrengend. Eine permanente Lautstärke, sodass du deinen Nachbarn nicht gut verstehen konntest! Und da wir sowieso schon manchmal Probleme damit haben, uns gegenseitig zu verstehen, weil uns vielleicht das englische Vokabular fehlt... Dann auch noch Diskussionen (das kann man nicht mehr als Konversation bezeichnen) quer über den Tisch...
Hinzu kam auch noch, dass unsere Trainings mit der Zeit immer komplizierter wurden. Kompliziert im Sinne von... sagen wir so: Ich konnte nicht mehr folgen! Und da war ich bei Weitem nicht die Einzige! Es war sehr ermutigend, in die Runde zu schauen und überall fragende Gesichter zu erblicken.
Die Trainings bestanden meistens daraus, dass eine Frau (meistens hieß sie Judith^^ - wir hatten eine Judy und am nächsten Tag eine Sister Judith, die echt fantastisch und sehr enthusiastisch war! Love her!) oder ein Mann uns irgendwas erzählt haben... uns stundenlang zugelabert haben, mit teilweise wichtigen Dingen, teilweise nicht so wichtigen Sachen... oder Sachen, die wir schon wissen... Zwar waren da immer wieder neue Leute und es gab immer wieder verschiedene Themen, aber die ganze Zeit zuhören!!!
Wir (also das ist jetzt mein Speceast-Team) waren jedenfalls etwas überfordert und abends immer ziemlich müde.
Aber ich möchte euch natürlich an den wunderbaren Dingen ein bisschen teilhaben lassen, die ich dort gelernt habe!
Also da wären Sachen wie: "Schreibe Kindern nicht vor, auf welchem Weg sie gehen müssen, sondern begleite sie auf dem Weg, den sie gehen, auch wenn du denkst, dass das vielleicht nicht der beste Weg ist.“;
wir hatten einen Erste Hilfe Kurs für Erwachsene und Kinder... naja, jeder weiß vielleicht, was man sich darunter vorstellen kann... Bei Kindern muss man zuerst fünf-mal Beatmen und dann mit den "normalen" Wiederbelebungsmaßnahmen anfangen. Außerdem haben wir gelernt, wie man Menschen mit gezielten Schlägen auf den Rücken vor dem Ersticken rettet (das war in Deutschland bei meinem Erste Hilfe Kurs nicht dabei!).
Dann haben wir über "Child protection" gesprochen, dabei ging es um Misshandlung von Kindern... schwieriges Thema und ich hoffe, dass ich mich damit nicht zu sehr beschäftigen muss!
Wir haben verschiedene Dinge gelernt, die bei unseren Präsentationen wichtig sind... das war teilweise sehr lustig und interessant und wird uns im Laufe des Jahres bestimmt immer wieder begegnen.
Ja und dann waren da natürlich diese Dinge wie:
"Gott liebt dich!"
"Sei immer du selbst!"
"Du hast die Kraft, das zu schaffen."
"Du bist wichtig!"
Naja und so weiter und so fort. Dinge, die wir den Kindern und Jugendlichen erzählen werden... immer und immer wieder...
Ich bin echt gespannt, weil ich echt keine Ahnung habe, wie ich das anderen erzählen soll! Ich hab so etwas doch noch nie gemacht! Aber ich lerne jetzt und sage allen "God loves you!" :) Ich meine, ich weiß es, aber das anderen immer wieder zu sagen? Tja, eindeutig eine vollkommen neue Erfahrung!
Und an diese Stelle möchte ich von dem einen Pfarrer reden, der uns auch zwei Stunden lang mit seinen Gedanken bereichert hat. ;) Er sagte: "Für uns Katholiken ist der Glauben oft wie Unterwäsche. Er ist uns ganz nah, wie eine zweite Haut vielleicht, aber wir zeigen ihn nicht nach außen." und das ist es, was wir lernen werden! Er hat mich ermutigt, weil er von seinen Erfahrungen mit dem Gebet erzählt hat und wie schwierig er es anfangs fand, sich eine halbe Stunde hinzusetzen und einfach still zu beten.
Sein Vorgesetzter hat ihm damals geraten, einfach mit zwei Minuten anzufangen und dann langsam, Woche für Woche, die Zeit zu verlängern. Das hat er getan und nun ist es für ihn kein Problem mehr manchmal stundenlang zu beten!
Meine "Angst", als ich hierher kam, jeden Tag mindestens eine Stunde im persönlichen Gebet zu verbringen, ist verflogen und ich muss echt sagen, je mehr ich hier bete, desto leichter fällt es mir! Wir beten nicht streng nach vorgefertigten Schriften, sondern alle gemeinsam über das, was uns gerade beschäftigt...
Das kannte ich vorher nicht so sehr bzw. es kam mir immer ziemlich komisch vor (ich muss zugeben, das ist es auch jetzt noch manchmal), aber es ist einfacher, weil ich nicht die richtigen Worte finden muss... Egal, welche Worte und Ausdrucksweisen ich verwende (und das ist bestimmt nicht immer perfektes Englisch!), es ist richtig! Das ist irgendwie echt ein schönes Gefühl, wenn alle mit dir beten!
Zwischendurch habe ich aber auch immer wieder etwas deutsch geredet. Dort gibt es noch eine Deutsche und außerdem ein paar Leute, die deutsch verstehen und ein paar Brocken sprechen. (Es tut mir nur furchtbar leid, weil ich den einen Kerl immer nicht verstanden hab, wenn er plötzlich vollkommen unerwartet deutsch geredet hat...)
Corinna und ich waren jedenfalls froh, wenn wir nach dem vielen Englisch einfach mal wieder Deutsch sprechen konnten... auch wenn ich ausversehen zwischendurch immer wieder ins Englische verfallen bin... das ist echt nicht so leicht!
Mich versteh ich wenigstens^^ die aus Liverpool und Manchester waren echt schwer zu verstehen... naja, in einem Jahr wird mich auch niemand mehr verstehen können...
Ich hab irgendwie traurigerweise noch niemanden getroffen, der dieses wunderbare Oxford-English gesprochen hat :( Dafür wurde ich von der einen für nen Ami gehalten, weil sie meinte, ich würde so sprechen... Ich sehe das leider nicht als Kompliment!
Nun gut, mein Team und ich haben uns jedenfalls tierisch gefreut, endlich wieder nach Wapping fahren zu Können! Yeah!!! ;) Hier ist es echt viel schöner und gemütlicher und wir fühlen uns einfach wohl, weil wir so familiär sind.
Morgen werden wir einen ruhigen Tag vor uns haben, wir werden die Gegend erkunden, insbesondere wo der nächste Arzt ist und so was... Mark kennen lernen! Darauf bin ich ja auch schon gespannt! Mark wird uns immer herumscheuchen und uns vollschnauzen, weil wir ein Fenster nicht zugemacht haben oder in der Küche noch ein schmutziger Fleck ist oder wir die Tür nur zwei mal und nicht drei mal zugeschlossen haben...
Vielleicht vergisst einer von uns mal, abends den Alarm unten einzuschalten und dann gibt es großen Ärger... es könnte ja jemand einbrechen und so... Aber er soll wohl ansonsten voll nett sein und immer für einen da, wenn man mal jemanden zum Reden braucht.
Ich werde heute übrigens zum ersten Mal den Alarm für die untere Etage allein einstellen müssen... aber das dürfte wohl auch zu meistern sein, da hab ich doch schon ganz anderes geschafft.
In diesem Sinne, vergiss nicht: Gott liebt dich, so wie du bist und versuch deshalb nicht, so zu sein, wie andere dich vielleicht haben wollen. Du bist du und das ist auch gut so, denn so brauchen wir dich!