Drei Ausflüge in die Provinz
"Duft von Kiefernharz zwischen Sonnenstrahlen, Blaubeersträucher - ich fühlte mich wie zu Hause. Ach, und still war es (manchmal)!" Johannson unternimmt einen Ausflug an einen besonderen Ort.
Für Samstag den 24.4. war die erste Integrationsreise aller Praktikanten geplant, nach Kazimierz an der Weichsel. Das ist eine Stunde von Lublin, weshalb ich die Gelegenheit nutzte, am Freitag zuerst die dortigen Freiwilligen zu sehen, welche ich auf dem Besuch mit Felix kennen gelernt hatte.
Samstag war dann der Plan nach Kazimierz zu fahren, möglichst mit den Ukrainern aus Lublin (um die ukrainischen Praktikanten zu treffen) und dann eigentlich wieder zurück nach Lublin um erst Sonntag nach Warschau zurückzukehren.
Lublin
Freitag nach der Arbeit sprang ich so in den Zug und half alten Leuten mit ihren Koffern.
In Lublin traf ich Maryna (Donezk/Ukraine – wo meine Magdeburger Mitbewohner herkamen), Krystyna (L'viv/Ukraine – wo ich gerade war) und Nina (Dnjepropetrovsk/Ukraine – Heimatort meiner Gastgeber in L'viv), die da alle Europäischen Freiwilligendienst machen. Dazu auch noch Justyna aus Lublin, die ihr EVS ja in L'viv gemacht hatte und da auch grad wieder gewesen war. Wir gingen in die Kneipe und unterhielten uns über die Ukraine.
Zum ersten Mal Lublin bei Sonne. Was für eine Freude! Erinnerte mich daran, wie bitterkalt es beim ersten Besuch bei Eva war. Ich hab sogar im gleichen Haus übernachtet, bei Maryna im Studentenwohnheim auf dem Campus. Angesichts der Enge dort und weil Samstag ohnehin jeder zu tun hatte, entschied ich, allein nach Kazimierz und von dort bereits zurück nach Warschau zu fahren. Vorher gingen Maryna und ich jedoch noch zu Nina nebenan, wo ein Germanist eine private Polnischstunde bei ukrainischen Süßigkeiten gab.
Kazimierz Dolny
Mit Isomatte, Schlafsack, Laptop und Rucksack bin also Samstagvormittag nur ich nach Kazimierz gefahren und habe mich der bereits angekommenen Praktikantengruppe angeschlossen. Kazimierz ist ein malerischer, historischer Ort und sehr beliebt unter Künstlern und somit Touristen. Wir bekamen eine Stadtführung und anschließendes Essen auf Steuerzahlerkosten, während unsere zwei Betreuer sich in Kneipen vergnügten. Wir hatten Glück, bisher hatte es auf dieser traditionellen Praktikantenreise wohl immer geregnet. Bei uns jedoch gab es nicht mal Wolken am Himmel, und wir stiegen auf die Burgruine über der Weichsel. Die Stadt selbst war mir zu touristisch, aber bei dem Ausblick habe ich gemerkt, dass ich unbedingt einen Tag auf dem Land brauchte. Am Ende haben wir gegessen, wobei so wirkliche Stimmung nicht aufkam.
Der Kampinowska Wald
Somit bin ich doch mit den anderen schon Samstagabend nach Warschau zurück, wenigstens gratis. Da ist dann jeder auch noch schnell ins Bett... Aber das gab mir die Gelegenheit, Sonntagmorgen gleich Stadtflucht zu begehen und in die Puszcza Kampinowska zu fahren. Das ist ein Nationalpark nordwestlich von Warschau. Die Sonne schien wieder ungehindert und dank exzellenter Verkehrsanbindung ist es gerade mal eine Stunde vom Studentenwohnheim zum Waldrand des Dörfchens Truskaw (Erdbeere). Kühlschrank und Wasserflaschen waren leer gewesen, so bin ich ohne Frühstück, Proviant oder Wasser los. Das machte mir weniger Sorgen als die fehlende Karte, weshalb ich mich an die (gut) ausgeschilderten Wege hielt. Nicht das man verloren gehen könnte, überall stiefeln ältere wohlhabende Warschauer mit ihren Nordic Walking Stöckern durch über die Wege. Ich verstehe nie warum man viel Geld für Stöcker ausgibt um dann in einen Wald voller Bäume zu gehen.
Ich bin einfach nur mehrere Stunden gelaufen, erst durch Heidelandschaft, über eine vermoorende, renaturierte Agrarfläche und dann in die Kiefern auf Sandboden. Duft von Kiefernharz zwischen Sonnenstrahlen, Blaubeersträucher - ich fühlte mich wie zu Hause. Ach, und still war es (manchmal)!
Natürlich sind tiefe Kiefernwälder in Polen gerne Orte von Tragödien, und so stolperte ich nach nicht allzu langer Zeit über den Friedhof Palmiry. Das ist ein Gräberfeld mit drei großen Kreuzen mitten im Wald auf einer Exekutionsstätte der Nazis für Insassen der Warschauer Gestapogefängnisse im Pawiak und der Szucha Allee. Davor das obligatorische Museum in dem die Namen der identifizierten Opfer auf Dauerschleife gelesen werden.
In dem Wald wurden alle paar Meter Polen von den jeweiligen Besatzern erschossen, nur eine Stunde später kam ich an das Grab von Aufständischen von 1863.
Da neigte sich meine Wanderung schon wieder Truskaw entgegen. Auf der letzten Strecke wurde der Wald richtig frühlingshaft, ich kam vorbei an Bächen mit weißen Blumen und kleinen verlaubten Seen in denen Baumstämme lagen und Enten schwammen. Grünes Gras darunter, grüne Bäume darüber, zu meiner Schande erinnerte es mich an einen kleinen Wald in der Nähe von Randau bei Magdeburg.
Arbeit
Ich habe für das Analysebüro zwei Urteile übersetzt und bin wieder arbeitslos. Mittwoch erste Ausschusssitzung seit dem Flugzeugunglück. Schweigeminute für unsere beiden Abgeordneten. Aber der Sejm erholt sich langsam. Menschen lachen wieder.