Die Zeit läuft
Der letzte Teil meines Europäischen Freiwilligendienstes und Leben in Estlands Hauptstadt
STOCKHOLM
Vom 7. bis 9. März war ich mit einer anderen deutschen Freiwilligen, Alli aus Dresden, in Schwedens Hauptstadt Stockholm. Dabei war es ein wirkliches Glück, dass Tallinn einen Hafen und Fährverbindungen in die skandinavischen Länder hat. Mit der Cruise Tallink legten wir also Montagsabends in Tallinn ab und erreichten nach einer etwas wilden Nacht am Dienstagmorgen Schweden. Die Sonne schien überwiegend und es war nicht wirklich sehr kalt, aber dennoch immer noch kein Frühling. Zu Fuß suchten wir unseren Weg ins Stadtzentrum, den wir auch ziemlich bald fanden. Ab da kamen wir aus dem Staunen fast nicht mehr heraus. Stockholm, was über mehrere Inseln verstreut liegt, wirkt einmalig und sehr imposant mit seinen hohen, alten Bauten, die zeigen, in was für einem wohlhabenden Königreich und immer noch wohlhabenden Land man sich befindet. Fassaden verändern sich von Haus zu Haus, Farben wechseln zwischen Monumenten und Parkanlagen, barocke Cafés am Wasser laden zum verweilen ein und neben allem thront das von außen relativ schlicht gehaltene Schloss der Königsfamilie auf der Insel Gammla Stan, auf der auch die Altstadt zu finden ist. Hierzu könnte man noch sagen, dass man relativ schnell die deutsche Verwurzelung dieser Stadt erkennen kann. Fast die gesamte Altstadt besteht aus der ehemaligen deutschen Gemeinde und wurde von dieser auch gegründet. Nach einem schönen Tag und 20 km zurückgelegter Strecke erreichten Alli und ich dann wieder den Hafen - mit wehen Füßen und ein wenig erschöpft. Aber wir hatten den Tag genutzt! Über Nacht ging es dann wieder zurück über Marienhamn und Helsinki nach Tallinn, das wir Mittwochsmorgens wieder im Sonnenschein begrüßten.
noOR-TREFFEN & BESUCHE Ende März fand dann wieder ein Treffen von meiner Koordinationsorganisation (noOR) statt, anlässlich der Diskussion zu Projekten, die man für die Europäische Union und Erasmus+ tun konnte. Es wurde auch viel über das Ende unserer Freiwilligendienste gesprochen, obwohl für manche erst die Hälfte rum war. Man sollte viel nachdenken über sich selbst und was man von seinen Zielen bisher in der vergangenen Zeit umsetzen konnte, wie man die restliche Zeit diesbezüglich noch nutzen will, etc. Ende März kamen mich dann auch vier meiner Freunde besuchen - Lena, Laura, Paul und Sabeth. Zum Glück schien überwiegend die Sonne und es war bereits etwas wärmer, da der Frühling begonnen hatte. So konnte man in den Parks wenigstens schon den Hauch von Grün erkennen :)
ARBEIT
Im April fanden sehr viele Trainings für meine Kollegen, Gespräche und Meetings statt. Bei den Trainings lernten sie zum Beispiel, wie man am Besten Klienten beim Aufstehen, Gehen, Hinsetzen, Treppenlaufen unterstützt und sich selbst dabei auch nicht überlastet oder verletzt. Dann wurden Gespräche mit Therapeuten, die die geistigen Fähigkeiten verschiedener Klienten beurteilen, geführt und in den Meetings wurde der Umbau des Hauses besprochen, da jetzt ein zweiter Korridor und ein zweiter Fahrstuhl hinzukommen werden. Zu mir kann ich in Bezug auf die Arbeit nur sagen, dass es mir weiterhin sehr viel Spaß hier macht und ich die Klienten wie auch meine Kollegen vermissen werde. Ich habe über die letzten Monate gelernt, mich jeden Tag in einer fremden Sprache verständlich zu machen, bin darin besser geworden, je mehr es mein Alltag wurde und es wurde damit auch zu einem Teil in mir, den ich sehr mag. Dass es in Zukunft auch mit dem Anwenden fremder Sprachen in meinem Alltag nicht mehr so sein wird, macht mich schon etwas wehmütig. Aber so ist es nun einmal und wer sagt denn, dass ich es nie wieder tun kann. Mein Workshop hat sich jetzt, da das Wetter so gut ist, auch nochmal verändert und ich mag es. Mit den Klienten viel an der frischen Luft zu sein ist etwas sehr schönes. Heute zum Beispiel waren wir am Meer und haben Steine über die Wasseroberfläche flippen lassen, was eine ganz neue Erfahrung für mich war mit den Klienten. Sie so glücklich in der Natur zu sehen, gibt einem das Gefühl, dass das Wort Ausgrenzung gar nicht existiert.
LETTLAND
Anfang Mai habe ich dann mal das Land erkundet, in dem ich eigentlich ursprünglich meinen Freiwilligendienst leisten wollte, aber keinen Platz bekam. Und ich muss sagen, ich bin froh in Estland gelandet zu sein. Mit einem Mietwagen fuhren mein Freund Daniel und ich bei gefühlten 30 Grad Außentemperatur zuerst in Lettlands Sommerstadt Jurmala, die wirklich sehr schön baltisch von der Architektur her gesehen ist, und dann ein Stück in den Westen Lettlands, nach Kandava. Ein ausgestorbenes Dörfchen im Weltkulturerbe Europas. Anschließend ging es in Lettlands Osten, in die Stadt Sigulda, welche im Gauja Nationalpark liegt, dem ältesten Lettlands, und eine bekannte Bob- und Rodelbahn hat. Von dort aus sahen wir uns dann noch ein paar Burgen, eine Steinfelshöhle und die Städte Cesis, Koceni und Valmiera an, ehe wir nach Riga fuhren. Zu Riga gibt es nur eins zu sagen: eine wunderschöne Altstadt im Jugendstil. Während sonst in Lettland alles sehr an Russland erinnert - Sprache inklusive - merkt man in Riga doch die Zugehörigkeit zum Baltikum.
FAST SOMMER Der Besuch meiner Eltern vor kurzem war dann etwas sehr sehr schönes. Das Wetter in Tallinn ist durchgängig sehr sonnig und um die 20 Grad warm. Und da es nur an einem Tag geregnet hatte während sie da waren, konnten wir viel draußen unternehmen und Tallinn hat sich von seiner schönsten Seite präsentiert, nämlich mit grünen Bäumen, blühenden Blumen und zwitschernden Vögel. Bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich das alles jetzt noch irgendwie in der verbleibenden anderthalben Woche nutzen sollte, um was mit meinen hier gefundenen Freunden, meiner Mentorin, Kollegen und anderen Freiwilligen zu machen. Doch zum Glück hört die Reise meines Lebens hier ja noch nicht auf :)