Die Zeit bis zum Frühling
Wenn man Integration selbst erfährt und was sonst noch so passiert ist
Leider bin ich ja in letzter Zeit kaum zum Blog Schreiben gekommen, weshalb ich mit diesem nun versuche alles Wichtige der letzten Wochen möglichst in einem nicht zu grossem Umfang zusammenzufassen. Los ging es mit einem besonderen Event am 12. Februar. Da Lucia und ich von eine Konzert gehört hatten, das in einem Club in der Nähe stattfinden sollte, beschlossen wir ein bisschen tschechische Kultur aus nächster Nähe kennzulernen. Das Publikum war bunt gemischt, alle Altersstufen und Menschentypen waren vertreten, was mir besonders gut gefiel. Die Band nannte sich Zrní und machte auch wirklich gute Musik, wodurch wir einen schönen Abend bei guter Atmosphäre hatten.
Am Sonntag haben wir es dann tatsächlich endlich geschafft, endlich in die Galerie und das Museum in Zlín zu gehen, wo unter anderem eine Ausstellung von Antonín Slaviček, eine Exposition über Puppentheater und natürlich die Informationen zu Tomaš Bata, seiner Schuhfabrik und all den anderen Dingen, die er für die Stadt geleistet hat (er hat praktisch die komplette Stadt errichtet), zu sehen waren. Nach dem Besuch brummte uns vor all den vielen Informationen zwar ein wenig der Kopf, aber ich hab endlich verstanden, warum meine Mama (die schon bei ihrem Besuch im November im Museum war), die ganze Zeit so begeistert war. Denn es ist tatsächlich sehr beeindruckend! Ich denke aber, ich werde über „unseren“ Bata noch mal einen extra Beitrag schreiben. In der nächsten Woche war in der Arbeit dann sehr wenig los und Lucia war auch weg, da sie Besuch hatte. So konnte ich eine ruhige Woche ohne besondere Ereignisse in der Organisation verbringen, in der ich vor allem oft mit den Kindern unterwegs war oder beim tschechisch „Unterricht“ Märchen mit dem Lehrer gelesen habe. (wir machen auch oft Spiele, wie Memorie mit tschechischen Wörtern, Dixit auf tschechisch, oder Dobble mit tschechischen Begriffen, was alles gar nicht so einfach ist und uns die Sprache auf eine andere Form näher bringt. Das ist meiner Meinung nach ziemlich effektiv und lustig noch dazu :D). Das Wochenende drauf erfuhr ich dann mal wieder etwas kurzfristig, dass am Sonntag eine Faschingsfeier (wohl etwas verspätet, so mitten in der Fastenzeit :P) anstand, wo ich mithelfen sollte. So nahm ich mir sonst erstmal nichts anderes (ausgenommen einem kleineren weiteren Kochversuch am Samstag) vor, da Sonntag früh auch noch ein Fussballspiel anstand. Dieses verloren wir zwar 2:1, es tat aber mal wieder richtig gut, ein echtes Spiel draussen zu haben!
Direkt danach ging es dann eben in die Organisation. Den ganzen Nachmittag belustigten wir die Kinder mit ihren Eltern mit Spielen, Tänzen und anderen kleineren Aktivitäten. Aufgrund der Tatsache, dass wir sehr wenige Betreuer waren, ich sowieso nicht der grosse Faschingsfan bin, die Sprache mal wieder eine kleine Barriere darstellte und die Eltern sich teilweise bei ihren Kindern nicht so ganz dursetzen konnten, war es ich sag mal eine mittelmässige Veranstaltung :D aber ich hatte ein cooles Clown Kostüm -immerhin! Am Dienstag ging es dann mit einem Mädchen von Fussball, mit dem ich mich sehr gut verstehe und einer weiteren Freundin von ihr ins Schwimmbad. Schon davor war ich ein paar Mal alleine Schwimmen, da das Bad nicht weit weg von mir ist, aber mit anderen ist das ganze natürlich noch viel schöner Wir hatten einen sehr schönen und lustigen Abend und ich stellte fest, dass Zlata (das Mädchen von Fussball) nicht nur gut Englisch, sondern auch gut Deutsch spricht, weshalb wir drei uns dann auch auf Deutsch verständigten.
Am Mittwoch war wieder ganz normal Training, wie jede Woche. Für mich ist es sehr gut dieses Training fest im Alltag eingeplant zu haben und so auch immer etwas zu haben, worauf ich mich jede Woche aufs Neue freuen kann. Besonders wenn man merkt, dass alle versuchen, dich zu integrieren. Dies passiert schon alleine z.B. indem du immer jemanden hast, der dir übersetzt oder beinahe jeder probiert, seine oft einzigen zwei, drei englischen Wörter zu benutzen, nur um wenigstens ein ganz klein bisschen mit dir kommunizieren zu können (obwohl man genau weiss, was für eine überwindung es für sie ist) oder aber die Leute anfangen bei den übungen immer finish anstatt konec zu sagen, obwohl nur ich nicht - tschechisch bin. DAS ist schon ein tolles Gefühl von Gemeinschaft!
Von Freitag bis Sonntag stand dann endlich mal wieder ein Trip auf dem Plan: es ging nach Náchod, ein Ort im Norden, nur 4 km zur polnischen Grenze, wo eine grosse Organisation mit vielen Freiwilligen ist. Unter anderem wohnt dort ein Mädchen aus Litauen, das ich vom On Arrival kenne, aber auch all die anderen (bestimmt 12 Leute) die dort wohnen, kennt man von irgendwoher (weil man über 10 Ecken alle schon mal bei irgendeinem Trip getroffen hat oder so :D). Dort stand eine ganze Wohnung über das Wochenende leer, in der Lucia und ich dann schlafen konnten. Nach einer etwas chaotischen Zugfahrt am Freitag mit insgesamt 5 mal umsteigen und jedes Mal rennen, um den Anschlusszug noch zu erwischen, weil die Züge ja immer Verspätung haben müssen (zwischenzeitlich rechneten wir schon damit uns irgendwo eine Uterkunft suchen zu müssen oder unter der Brücke zu schlafen), erreichten wir Náchod schliesslich endlich am späten Abend. Samstag Morgen ging es nach Nové město nad Metuji, ein kleines Städtchen mit schönem Marktplatz und tollem Schloss in der Nähe. Da Ieva (aus Litauen) dort einen tschechischen Jungen kannte, bekamen wir sogar eine persönliche Stadtführung. Zurück in Náchod, bewunderten wir auch noch diese Stadt und auch hier das Schloss, das auf einem Berg gelegen ist und sehr sehenswert ist.
Das Highlight stand dann am Sonntag an: Es ging nach Ostaš, ein Berg, der zum Naturreservat zählt. Für mich war die Natur, die wir dort zu sehen bekamen, einfach nur beeindruckend. Es führte ein Wanderweg durch den Wald vorbei und auch über bzw durch riesige Felsen, auf denen man wunderbar rumklettern konnte. Ein echtes Erlebnis und auf jedenfall einen Besuch (und sogar frühes Aufstehen) wert! Danach ging es dann noch in ein rustikales Restaurant mit typisch tschechischen Speisen. Für mich ist es immer ein tolles Gefühl, wenn Leute aus ganz Europa zusammen an einem Tisch sitzen und sich miteinander austauschen. So war dieses Wochenende auch aufgrund der guten Stimmung unter den Leuten so ein grosser Erfolg.
Am Mittwoch sind Lucia und ich in das Gymnasium gegangen, weil wir für die älteren Schüler einen Workshop zum Thema social justice auf Englisch vorbereitet hatten. Verschiedene Themen wie Flüchtlinge, Armut, Chancengleicheit und Geschlechterfragen versuchten wir mit kleinen Aktivitäten anzusprechen und tatsächlich beteiligten sich die Schüler sehr gut und es kamen einige interessante Diskussionen zu Stande. Ich denke, wir konnten zumindest ein paar zum Nachdenken bringen, was wir ja auch bezweckten (und natürlich gibt es immer die ganz coolen, die sich zu schade sind, zuzuhören…). So war es alles in allem ein erfolgreicher Vormittag! Ja es waren wieder aufregende Wochen mit einigen Hoch und Tiefs. Nur das Wetter war beinahe durchgehend schlecht: kalt, ungemütlich, verregnet. Da bleibt einem nur zu hoffen, dass der Frühling bald kommt! Liebe Grüsse Judith
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