Die Renaissance der Atomenergie
Unzählige Sicherheitsmängel, explodierende Kosten und Menschen, die ihr Gemüse gleich hinter der Halde anbauen: Finnland baut neue Atomkraftwerke. draCKo berichtet, was dahinter steht...
Zwei neue Atomkraftwerke für Finnland
Währenddessen Deutschland am Ausstieg aus der Atomenergie festhält, beschloss das finnische Parlament zwei neue Atomkraftwerke zu bauen.
Vor 33 Jahren begann Finnland mit dem Bau des ersten finnischen Atomkraftwerkes. Nach der Tschernobyl Katastrophe von 1986 sowie Protestaktionen stoppte auch Skandinaviens Nachbar zu Russland 1993 die Planung für den Neubau von Atomkraftwerken.
Doch schon 2006 begann Finnland als erste Nation seit der Tschernobyl Katastrophe mit dem Neubau eines Atomkraftwerkes. Jenes soll als fünftes Atomkraftwerk in Betrieb genommen werden. Derzeit verzögert sich die Fertigstellung des Reaktors um voraussichtlich drei Jahre.
2009 sollte das Atomkraftwerk in Olkiluoto planmäßig ans Netz gehen. Voraussichtlich 2012 wird es soweit sein. Obwohl die finnische Aufsichtsbehörde, nach Angaben von Greenpeace, seit 2005 mehr als 2000 Sicherheits- und Qualitätsprobleme feststellte, sich der Bau immer wieder verzögerte und die Kosten zu explodieren scheinen, entschied sich das finnische Parlament nun für den Neubau zweier weiterer Atomkraftwerke.
Mit 121 zu 79 Stimmen stimmte das finnische Parlament für die zukünftige Unabhängigkeit von Energieimporten sowie für den zukünftigen Energieexport an weitere europäische Staaten. "Die Hauptgründe für die Steigerung der atomaren Stromproduktion sind der Wunsch, Finnland bei der Elektrizität unabhängig zu machen, und die Senkung der Emission von Treibhausgasen, vor allem durch das Ersetzen alter Kohlekraftwerke", sagt der Atomkraftspezialist Jorma Aurela vom Ministerium für Arbeit und Wirtschaft.
Wie unabhängig ein Staat, der seinen Strom mit Atomenergie deckt, tatsächlich sein kann, zeigt die Herkunft des Urans. Nach Spiegel Online Angaben wurden seit 1968 mehr als 100 000 Tonnen des Atombrennstoffes aus dem Saharaboden in Niger geholt. Niger "ist einer der größten Uranlieferanten der Welt und für die Atomindustrie in etwa das, was Saudi-Arabien für die Erdölindustrie ist. […] Aber im Gegensatz zu Saudi-Arabien hat Niger nichts davon, nur Elend. [...] Die Zustände in Niger sind eine schmutzige Seite der vermeintlich sauberen Atomenergie."
Denn im Kampf um den Brennstoff in den ärmsten Ländern der Erde werden Menschen ausgebeutet. Viele sterben infolge schwerer Krankheiten, die das verstrahlte Land und Wasser mit sich bringen.
Zudem entstehen schon beim Abbau des Brennstoffes radioaktive Abfälle. Nach Spiegel Online entstünden 35 Millionen Tonnen Abraum aus der Mine. Das Uran sei herausgelöst, aber 85 Prozent der Strahlung seien noch da. Der Abraum liege offen herum, der Wüstenwind fege darüber. Zwischen der Halde und der Stadt bauen die Menschen Tomaten und Salat an.
Auch in Olkiluoto baut wohl so manch ein Finne Tomaten und Salat in seinem Garten hinter dem finnischen Holzhaus und in direkter Nähe des entstehenden Atomkraftwerkes an. Viele Einwohner blicken hier der Zukunft optimistisch entgegen. Nicht nur neue Arbeitsplätze entstehen, sondern auch die weltweit erste "sichere Endlagerungsstätte" für atomaren Müll, die unter Tage ergänzend zum Neubau des Reaktors entstehen soll.
Schon 2001 beschloss das finnische Parlament den ersten Endlagerstandort für atomaren Müll in Olkiluoto zu errichten und somit entgegen der allgemeinen Meinung von Atomexperten eine scheinbar sicherere Lösung für den atomaren Müll.
Sicher ist auch, dass Finnland mit dem Neubau der Atomkraftwerke einen Energieüberschuss produzieren wird, der den Ausbau der Erneuerbaren Energien gefährden könnte. "Unsere Energiepolitik legt fest, dass wir keine AKWs für den ausschließlichen Stromexport bauen dürfen, aber zu manchen Zeiten könnte Finnland Atomstrom in die nordischen und baltischen Energienetze einspeisen. Diese Großinvestitionen würden auch die finnische Atomindustrie fördern und ihr Exportpotenzial steigern.", so Aurela.
Trotz einiger Protestaktionen vor dem Parlamentsgebäude, Unterschriftenaktionen und Demonstrationen lässt die finnische Lethargie den Ausbau der Atomenergie zu. Es wird viel erzählt, viel diskutiert, die meisten jungen Finnen sehen dem Neubau der Atomkraftwerke kritisch entgegen. Doch das Parlament hat entschieden. Es entschied sich für den Ausbau der Atomkraft.
Welch strahlende Aussichten!
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