Die letzten Gedanken vor der Abreise und dann ab ins Flugzeug und Ankommen - Vorfreude und Respekt zugleich
Die letzten Gedanken und Gefühlgänge vor der großen Reise ins Ausland, weg von Zuhause und Rein ins Abenteuer
Fernweh oder Heimweh?-Eine Mischung aus Beidem
Heute Abend nicht mehr in meinem eigenen Bett schlafen, meine Familie, meine Freunde jetzt erst mal für eine längere Zeit nicht mehr sehen. Das letzte Mal in meinem Zimmer stehen, das letzte Mal in der Wohnung, raus Schuhe anziehen, die Tür fällt zu. All dieses Vertraute zurücklassen, aber es trotzdem noch gar nicht wahrhaben können. Ja, das war jetzt erst mal das letzte Mal all dieses getan zu haben, all das, was einem vertraut ist, woran man seit Jahren gewöhnt ist. Vielleicht sogar das letzte Mal für eine längere Zeit, dass einem das normal, gewohnt und selbstverständlich erscheint. Wer weiß, wie man sich fühlt, wenn man nach Monaten wieder an diesen Ort zurückkehrt, diesen Ort, den man tagtäglich besuchte, wird er mir noch genau so vertraut vorkommen, wie an dem Tag an dem ich ihn verlass. Wie wird sich mein Verhältnis zu Freunden und Familie verändern, wenn ich diese nicht mehr so oft sehen kann, wenn man sich nicht mal spontan in die Arme fallen kann. Natürlich,, Distanz macht uns nichts", wir können immer noch täglich schreiben und telefonieren. Doch manchmal ist es gerade dieses Spontane, was man braucht, diesen physischen Kontakt, all dies, was einem fehlt, wenn man Tausende von Kilometern voneinander entfernt ist. Und natürlich ist alles leichter gesagt als getan, natürlich können wir telefonieren, aber was ist, wenn uns einfach das Leben dazwischen kommt, wenn wir keine Zeit finden, wenn wir uns voneinander distanzieren. All das waren Gedanken, die mir an diesem Montagmorgen in den Kopf kamen, denen ich mir aber irgendwie immer noch nicht richtig bewusst war, beziehungsweise sie in einem gewissen Grad auch nicht wahrhaben wollte.
So kam es also, dass ich mich, nach etlichem Ein-Auspacken und Wiegen des Koffers und Anziehen mehrerer Schichten, nachdem doch nicht alles in den Koffer gepasst hatte, auf den Weg zum Flughafen machte und all dieses immer noch nicht wahrhaben wollte. Auch nach dem ich mich von meiner Familie verabschiedet hatte und durch die Sicherheitskontrollen am Flughafen war, fühlte sich das alles nur wie eine kleine Reise an, ein kleines Abenteuer, so wie ich es schon kannte, höchstens 1-2 Wochen und ich konnte meine Liebsten wieder in die Arme schließen. Ich saß an meinem Gate, starrte auf die Anzeigetafel, mein Flug nach Madrid hatte Verspätung, und schrieb und telefonierte noch mit Familien und Freunden. Wenig später saß ich im Flugzeug und es hieß Abflug, auf nach Madrid! Der Flug verlief relativ gut und selbst wenn er mir relativ lange vorkam, konnte ich mich durch Musik und durch das Durchblättern der Bordzeitschrift, ja diese Zeitschrift, die vor dir liegt und die fast niemand anrührt, und ja sie war relativ interessant, von meinen Gedanken ablenken. Wenig später und nach einer ganz harten Landung, war ich nun auf dem riesigen Madrider Flughafen und auch von hier hielt ich Kontakt zu meinen zuhause gebliebenen Lieben, es musste ja jeder wissen, dass ich gut angekommen war, konnte ich immer noch nicht glauben, dass ich in ein paar Stunden, in meinem neuen,,Zuhause" ankommen würde, in einem Haus voller neuer Leute, mit zwei anderen Freiwilligen, mit denen der Austausch erst paar Tage zuvor begonnen hatte. Es war ein komisches Gefühl, ich konnte, ich wollte es vielleicht auch nicht wahrhaben, dieses Ungewisse, dieses leere Etwas, was mir auf der einen Seite Vorfreude bereitete, diese Neugier auf das, was kommt, auf der anderen Seite, aber bereitete mir dieses Ungewisse auch eine gewisse Nervosität, wenn nicht sogar eine gewisse Angst, ich wusste nicht was kommt, ich wusste nicht was mich erwarten würde. Tausende von,,Was ist wenn" Szenarien gingen mir durch den Kopf. Was ist, wenn ich mich mit den anderen Freiwilligen nicht verstehen werde? Was ist, wenn ich mit der ganzen Situation nicht klarkomme, mit meinen Aufgaben nicht zurechtkommen werde? Was ist,wenn ich mit meinen Sprachkenntnissen nicht auskommen werde? Was ist, wenn ich doch zu großes Heimweh und Sehnsucht empfinden werde? Was ist wenn, was ist, was..........
Die Fragen in meinem Kopf nahmen kein Ende und dann, beep, eine SMS erreichte mich. Es war die Fluggesellschaft:
,, Hola! Es ist 18:30 und Ihr Flug nach Bordeaux fliegt vom Flugsteig KXX. Wir wünschen ihnen eine gute Reise".
Und bang wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, mein Flug fliegt? Das konnte doch nicht wahr sein, mein planmäßiger Aufenthalt in Madrid sollte doch noch einige Stunden andauern, sofort ergriff mich die Panik und ich machte mich, mit all meinen Sachen und meinen 100 Lagen, schleunigst auf dem Weg zum Gate, was nicht gerade einfach war, da ich auf dem Weg immer einiges verlor. Bücken. Aufheben. Weiterlaufen, war angesagt.
Doch auf der anderen, wenig belebteren, Seite des Flughafens, erwartete mich nur ein Fensterputzer. Dank des schlecht formulierten Deutsch, der spanischen Fluggesellschaft und meiner Nervosität war ich nun schon direkt am Gate, an dem Gate von dem mein Flug gehen sollte. Mein Flug weg von zuhause, der letzte Schritt bevor ich am Flughafen in Bordeaux abgeholt werden würde. Sollte ich der Fluggesellschaft nun dankbar dafür sein, dass sie mich aus meinen Gedanken gerissen haben und somit ein "Überdenken" und jede Spur von Heimweh unterdrückten, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall stieg ich wenig später wirklich in den Flieger.
Zum Ende hin, ging alles relativ schnell, nachdem wir durch den Madrider Regen übers Rollfeld selbst in das kleine Flugzeug einstiegen, began ich um mich herum immer mehr die Sprache zu hören, die mich nun für die nächste Zeit jeden Tag begleiten sollte, in der ich hoffte nach meinem ESK fließend zu sein. Französisch. Ja, es ging sogar so weit, dass ich selber anfing, Französisch zu sprechen. Nun ja, nun saß ich in dem Flugzeug und was soll ich sagen, so langsam wurde ich mir doch noch der Situation bewusst, es gab kein Zurück mehr, nicht heute, nicht morgen, auch nicht in zwei oder drei Wochen. Ja, mir wurde bewusst, was ich die ganze Zeit versucht hatte zu unterdrücken. Bald gab es ein neues Zuhause für mich und ich hoffte ich würde mich in diesem wohlfühlen.
Nach dem ich in Bordeaux gelandet war, meinen Koffer vom Gepäckband nahm und in Richtung Heimat allen Bescheid gegeben hatte, dass ich gut angekommen war, machte ich mich auf den Weg Richtung Ausgang. Dort sollten, nun die anderen beiden Freiwilligen, mit denen ich zusammenleben sollte und eine Person aus der Organisation warten. Wie würde das erste Aufeinandertreffen laufen? Sind die anderen wie erwartet schon da, würde ich sie finden? Wie sollte ich mich verhalten, was hatte ich zu sagen? Erneut Fragen über Fragen.
Doch diese Nervosität/Unsicherheit sah man mir anscheinend nicht an, denn im Nachhinein sagten mir alle, dass ich mit einem Lächeln ankam, dass den verregneten Tag etwas aufhellen ließ, ja denn auch hier regnete es in Strömen und wir mussten uns irgendwie durch den Regen zum Auto kämpfen und unser Gepäck verstauen. Doch all dieses geschah nach meinem ersten Fauxpas im neuen Land, während ich die beiden anderen Freiwilligen mit einer gewöhnlichen Umarmung begrüßte, so erwartete die Person aus der Organisation die landestypische Begrüßung - einen Bisous, diesem war ich mir allerdings nichts bewusst, so umarmte ich sie und löste mich so langsam wieder von ihr, bis sie mir dann sagte, dass es in Frankreich zwei Küsschen auf die Wangen wären. Dieses wurde noch schnell nachgeholt und es ging los. "Zuhause" - es hörte sich zu diesem Zeitpunkt noch komisch an, gab es ein kleines Willkommensabendbrot (Soirée), mit allen Mitgliedern der Organisation und uns, Freiwilligen, die von diesem Tag an auch ein Mitglied des Teams sein sollten. Nach diesem und nach dem jeder das Haus verlassen hatte, waren wir auf uns allein gestellt.
Wir, 3 Freiwillige, aus unterschiedlichen Ländern, unterschiedlichen Alters, in unterschiedlichen Lebenssituationen, jede von uns hatte einen anderen Grund, warum sie jetzt hier war. Gefühlt nichts hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch gemeinsam - gar nichts - bis auf einer Sache, wir waren jetzt alle hier und das Haus, in welchem wir uns jetzt befanden, sollte, ab heute unser aller Zuhause werden. So saßen wir nun da, wir drei, die bis jetzt noch nicht wirklich persönlich ein Wort gewechselt hatten, doch irgendwie ging dann alles ganz schnell. Schnell waren wir aufgetaut, die ersten Anfangsängste waren beseitigt und wir redeten, lachten und schmiedeten die ersten Pläne für unsere gemeinsame Zeit hier, bis spät in die Nacht herein.
Weitere Beiträge
- Mein Willkommensseminar im Januar
- What social distancing and quarantine is doing to our brain and mental health?
- How to survive quarantine: Ideas about how to use your time wisely
- In Zeiten einer Pandemie zurück in die Heimat- gar nicht so einfach
- Aufkommende Weihnachtsstimmung, oder doch nicht ? - Mein Dezember