Die Jugend – der Schrecken Aureilhans
Brennende Autos, Diebstahl und Gewalt unter Jugendlichen - das gibt es doch nur in Großstädten! Dass dem nicht so ist, stellt eva_o mit einem Bericht über den kleinen Ort Aureilhan heraus.
Brennende Autos, explodierende Mülltonnen, Diebstahl und Gewalt. Zweifellos, hier muss es sich um den Banlieue einer Großstadt wie Paris oder Marseille handeln. Keines Wegs: in dem kleinen Ort Aureilhan mit knapp 8000 Einwohnern geht es genau so hart zu und her.
Erstes Flanieren in den Strassen des Dorfes regt nicht im Geringsten den Verdacht auf Unruhen. Kinder kommen lachend aus den Schulhäusern geschossen und Mütter mit Einkaufstaschen sind auf dem Weg zur Bäckerei. Doch die idyllische Umgebung von Feldern und Pyrenäen täuscht. Der Spaziergang führt hin zum Nordquartier. Dort, wo die Wohnblocks neben den Einfamilienhäusern empor ragen, treiben die Jugendlichen Aureilhans ihr Unheil. Statt Fussball zu spielen, lungern die Adoleszenten neben ihrem Lokal herum, rauchen und ziehen sich ihr Bier rein. Die Sozialarbeiter sind verzweifelt. Jede Woche kommen sie mehrmals, um nach der Rasselbande zu schauen und um zu retten, was noch zu retten ist. Der Großteil der Besucher des Lokals hat keinen Bock, zur Schule zu gehen, geschweige denn, sich die Mühe zu machen, einen Job zu suchen. Mama bezahlt ja und sonst sind die Moneten auch anders aufzutreiben: Nur mal eben die Kasse des Jugendclubs knacken. Kein Wunder, dass sich keiner um eine Arbeit bemüht, ein Leben ohne feste Richtlinien ist schließlich sehr verlockend. Ausschlafen bis drei Uhr nachmittags, dann das übliche: trinken, Auto vorführen oder gar demolieren, fluchen,… Wenn dann irgendwann nach Mitternacht nach Hause gegangen wird, bleiben nur die Abfallberge von Chipspackungen und Bierflaschen zurück.
Verzweifelt suchen die Erzieher nach Lösungen, jedoch ohne Erfolg. Die einzigen Aktivitäten, die die Jugendlichen aus ihrem alltäglichen Rhythmus zu reißen vermögen, sind Konsolenspiele oder Filmabende. Die Mädchen des Quartiers sind im Zentrum nur selten anzutreffen. Von Zeit zu Zeit schaut die gerade aktuelle Liebschaft einer der Machos vorbei, langweilt sich dann aber schnell. Obwohl sich die Sozialarbeiter alle Mühe machen, erhalten sie als Gegenleistung alles andere als Anerkennung und Respekt. Sie werden von den Jugendlichen genauso beflucht oder abschätzig behandelt, wie Omas und Kindergärtner, während hübsche Frauen ohne Zögern und Zurückhaltung angemacht werden.
Beschwerden der Nachbarn oder der gegenüberliegenden Schule sind keine Seltenheit. Selbst das Auftauchen der Polizei ist nichts Besonderes mehr. Wenn sogar die Bewohner des berüchtigten Quartiers nicht mehr wagen, ihre Kinder zum Spielen nach draußen zu schicken, ist es höchste Zeit, etwas zu unternehmen. Aber alle scheinen mit ihrem Latein, oder besser Französisch, am Ende zu sein. Verschiedene Projekte wie Neugestaltung des Lokals durch Graffitisprayen oder Errichten eines Basketballplatzes haben Nichts gebracht. Immer wieder wird versucht, den Jungen neue Möglichkeiten in der Arbeitswelt zu präsentieren. Leider gelingt es nur selten, jemanden zu begeistern und aus dem Teufelskreis des Nichtstuns herauszureißen. Die Freude ist dann jedoch umso größer und die Hoffnung, eines Tages die Probleme des Sorgenquartiers zu lösen, erlöscht noch nicht ganz…
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