Deutschland vs. Tschechien
Über die Hälfte meines Freiwilligendienstes in Tschechien ist vorbei. Ich möchte eine Zwischenbilanz ziehen, wie sehr sich die beiden Nachbarländer unterscheiden, allerdings auf ganz eigene Art und Weise.
Deutschland und Tschechien sind durchaus zwei Länder, die sich miteinander assoziieren lassen. Nicht nur ihrer gemeinsamen historischen Vergangenheit wegen, sondern auch wegen des Sports, der Sprache oder generell der Kultur werden oft Vergleiche gemacht. So hat Deutschland zum Beispiel 81,2 Millionen Einwohner, während Tschechien auf 10,5 Millionen Einwohner kommt. Deutschlands Kanzlerin heißt Angela Merkel, während in Tschechien Miloš Zeman regiert. Doch auf diese Art von Vergleich und Faktenaustausch will ich in dieser Reportage nicht eingehen, sondern auf die Unterschiede, die mir persönlich während meiner Monate hier in Tschechien aufgefallen sind. Es sind also subjektive Wahrnehmungen, die ich aber nachgehend recherchiert habe, wenn es nötig war.
Die erste Sache, die mir schon bald nach meiner Ankunft hier in Tschechien aufgefallen ist, ist die Freundlichkeit, Offenheit und das warmherzige miteinander umgehen. Da kann die deutsche Mentalität nicht mithalten. Vor allem meine Heimatstadt, die so oft als „das raue Hamburg“ betitelt wird, lässt an der einen oder anderen Stelle noch zu wünschen übrig, wenn es um das Thema Warmherzigkeit oder Selbstlosigkeit geht. Womit ich keiner Weise sagen möchte, dass man in Hamburg oder Deutschland nicht auch sozial ist, aber dieser Unterschied zwischen den beiden Ländern hat mich doch überrascht. Hier in Tschechien legt man mehr Wert auf Menschliches, als auf Materielles. So ist es nicht so schlimm zu wissen, dass aus meiner Wohnung vieles in Deutschland schon auf dem Sperrmüll gelandet wäre. Die menschlichen Beziehungen stimmen nämlich einwandfrei.
Die Mentalität unterscheidet sich aber nicht nur im Menschlichen, sondern noch in einer anderen Sache. Wo wir auch schon bei meinem nächsten Punkt wären. Bier. Vor meiner Abreise nach Tschechien war ich mir sicher, dass die Deutschen EU weit am meisten Bier trinken. Wie leicht man sich doch irren kann… Ein typischer Deutscher trinkt 107 Liter Bier pro Jahr, während ein Durchschnittstscheche 144 Liter dieses herben, am besten gekühlten Getränkes verköstigt. Tja und genau diesen Unterschied bekommt man hier sichtlich zu spüren. Egal ob 8 Uhr abends, 11 Uhr morgens oder nachts um 2, ein Bier geht immer. Vielleicht gibt es einen noch ungeahnten Zusammenhang zwischen der Trinklust und der Gastfreundschaft der Tschechen. Aber das ist ein anderes Thema.
Vielmehr möchte ich auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen, der mich in Freude versetzt hat. Es geht um das Phänomen, dass in Tschechien alle Shops, Supermärkte, Geschäfte etc. auch sonntags geöffnet haben. Also kein stressiger Samstagabend - Einkauf, weil man eine wichtige Zutat für das Mittagessen am Sonntag vergessen hat. Man wird hier also sehr bequem, was das Besorgen von Lebensmitteln angeht. Die sonst so gute deutsche Planung setzt hier für eine kurze Zeit aus. Leider wird das Ganze etwas geschmälert durch einen Zustand, der mir vorher auch nicht so bewusst war. Liebe Kümmelhasser, überlegt es euch zweimal, ob ihr nach Tschechien kommen wollt. Denn vernünftiges Brot werdet ihr hier nicht finden. Ich gestehe ganz offen ein Kümmelhasser zu sein. Ein Biss auf dieses Gewürz und das Essen ist für mich gelaufen. Da ist es wenig vorteilhaft, dass man hier in Tschechien nur mit Müh und Not ein Brot ohne Kümmel findet. Ich bin also auch noch nach 6 Monaten auf der Suche nach dem richtigen Brot.
Trotz dieser Unterschiede, die mir hier aufgefallen sind, kann ich doch sagen, dass die deutsche und tschechische Kultur sich ähnlicher sind, als man vielleicht denkt. Ein Kulturschock lässt sich hier also erfolgreich vermeiden und man lebt sich schnell hier ein. Jeder ist willkommen es auf eigene Faust herauszufinden.
Quelle: https://www.tatsachen-ueber-deutschland.de/de/rubriken/auf-einen-blick