Der Front National im Aufwind
In ganz Europa gewinnen rechtsextreme Parteien und Kräfte immer mehr Anhänger und auch Bedeutung, sei es in Deutschland die AFD, im Vereinigten Königreich die UKIP oder eben in Frankreich der Front National.
Ob in der Zeitung oder auch allgemein ganz einfach im Arbeitsalltag, überall begegnet mir momentan der Name der Parteivorsitzenden des Front National: Marine le Pen. Erst heute diskutierten zwei meiner Kolleginnen mit einigen der alten Leute, ob le Pen momentan wohl auf dem richtigen Wege sei, die erste französische Präsidentin zu werden. Obwohl mir natürlich die Idee einer Frau an der Spitze des französischen Staates gefällt, habe ich große Zweifel, dass sie dafür die richtige ist.
Da beginnt es schon damit, dass wichtige Forderungen des Front National der Austritt aus dem Schengener Abkommen und auch aus der Euro-Zone sind. Seit meiner frühesten Kindheit ist Frankreich eines meiner liebsten Reiseziele und momentan leiste ich sogar meinen Freiwilligendienst dort. Das alles ohne größere bürokratische Probleme, wie Geldumtausch oder Ausweiskontrollen an der Grenze. All die Dinge, die das europäische Zusammenleben in den letzten 50 Jahren so vereinfacht, mehr noch: verbessert, haben (und die zumal mühsam und Schritt für Schritt erarbeitet wurden), sollen einfach wieder rückgängig gemacht werden.
Was aber noch viel schlimmer ist: die eindeutig ausländerfeindliche Haltung der Partei.
Man stelle sich vor: Am Sonntag den 11. Januar 2015 trauert ganz Frankreich vereint um die Opfer des Anschlags auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“. Ganz Frankreich? Nein. In einer kleinen Stadt im Departement Languedoc-Roussillon, namens Beaucaire, fährt der Front National bei einer Kundgebung mit seiner Wahlwerbung fort. Scheinbare Anteilnahme an den Ereignissen der vergangenen Tage stellt sich als pures Mittel zum Zweck (Verbreitung parteipolitischer Interessen) heraus. Laut dem Spiegel verteilten Parteimitglieder dort "Ich bin Charlie"-Poster auf denen die Schrift "Im Gedenken an die Opfer islamistischen Terrors" zu lesen sei. Klingt doch gar nicht so schlecht oder? Die Aufschrift sei aber scheinbar mit immer größer werdendem Schriftgrad aufgedruckt, was bedeutet, dass von weitem schlicht "Islamistischer Terror" sichtbar ist.
Wie scham- und gewissenslos die aus den Anschlägen hervorgegangene Unsicherheit der breiten Masse gegenüber dem Islam ausgenutzt wird, um für das eigene Parteiprogramm zu werben. Da wird aus jedem Muslim auf einmal der terroristische Attentäter, den man natürlich schnellstmöglich aus Frankreich vertreiben muss. Dass Islam nicht gleich Islamismus ist und sich ein Großteil der hier lebenden Muslime deutlich von den Attentaten und vom terroristischen Gedankengut distanziert, scheint völlig in Vergessenheit geraten zu sein.
Dabei erlebe ich hier täglich Situationen, die mir zeigen, wie gut das Zusammenleben unterschiedlicher Religionen und Kulturen in einer Nachbarschaft funktionieren KANN. Erst letzten Samstag habe ich einer Freundin, die ihren Freiwilligendienst in einer protestantischen Gemeinde hier in Straßburg macht, bei einem Kochkurs für Kinder aus der Umgebung geholfen. So fanden sich dann im protestantischen Gemeindesaal Kinder und Mütter verschiedenster Religionen und Hautfarben ein. Jeder redete, spielte und lachte mit jedem, egal ob Christ oder Muslim mit heller oder mit dunkler Haut.
Letzten Sonntag zeigte sich dann wieder der Erfolg der rechtsextremistischen Partei bei einer Nachwahl zur Nationalversammlung in einem Departement erreichte die lokale Kandidatin mit fast 33 % die Mehrheit der Stimmen. Scheinbar ist der Front National vor allem auch bei jungen Leuten sehr beliebt und so auch die rechtsextremen Parteien anderer Länder.
Ich finde, dass schon alleine wir, die europäischen Freiwilligen, ein guter Beweis sind, dass Europa MIT einer multikulturellen, im Austausch befindlichen Gesellschaft funktionieren kann!
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