Der erste Tag
Der erste Tag war für mich nicht so berauschend. Aber es hat mir geholfen darüber zu schreiben, und deshalb gibt es direkt einen zweiten Blogeintrag *yay*
Ich fühle mich ein wenig einsam. Meine Gastoma ist ein unglaublich netter Mensch und sie versucht auch alles, um mir ein gutes Gefühl zu geben, (meinen Snuggie hat sie nicht verstanden, und sie hat nur kurz höflich gelacht, als ich ihr demonstrierte, wie praktisch es ist, wenn eine Decke Ärmel hat), trotzdem fühle mich gerade sehr einsam.
Dabei ist hier alles echt spannend, aber aus irgendwelchen Gründen darf ich nicht wirklich alleine raus, was ich nicht verstehe. Ich durfte 10 Meter in beide Richtungen laufen, dann wurde ich wieder zurück gerufen. Die Wohnung meiner Gastfamilie ist sehr interessant, es sieht genau so aus, wie man sich ein Haus in einem orientalisch-orthodoxen aber auch armen Land vorstellen kann. Es ist sehr einfach und hat nur eine Etage, mit einer winzigen Küche und einem Bad, einem Flur, Wohnzimmer und einem Nebenraum (mein Zimmer). Der Boden besteht aus orientalischen, weichen Teppichen und die Wände sind sehr kitschig/protzig gestaltet. Viel Gold und Schnörkel und Rot. Den orthodoxen Einfluss sieht man an den typischen, für mich seltsam aussehenden, kitschigen Bildern von Jesus. Sie sind auch bunt (pastellfarben), sehr übertrieben. Jesus hat eine hell leuchtenden Heiligenschein und hat einen Strauß Kinder in der Hand…sehr interessant. Auf den ersten Blick sieht hier alles sehr schmutzig aus, aber das ist es eigentlich gar nicht. Es ist nur viel kaputt und/oder alt und/oder verrostet und/oder provisorisch zusammengenagelt und jeder freie Platz ist voll gestellt, mit Brettern, Plastikschüsseln, Teppichen, und all so Sachen.
Was mir gerade wirklich fehlt, und ich wirklich brauchen würde, ist ein Bereich, in den ich mich zurückziehen könnte, aber mein Schlafplatz wird auch nur durch einen Vorhang abgetrennt und tagsüber wird der Vorhang mit Wäscheklammern zur Seite gehängt, und aus irgendwelchen Gründen ist es mir nicht erlaubt mich tagsüber auf mein Bett zu setzten…ich verstehe es echt nicht. Und ansonsten besteht mein Reich aus einem anderen riesigen Bett (wem auch immer das gehört), auf welches ich Sachen legen darf und ich besitze einen seltsamen Rolltischregal. Durch das riesige andere Bett ist mein Bereich doch sehr klein, und ich hab auch keinen Kleiderschrank, und so liegen noch meine 2 Koffer (die zu Kleiderschränken umfunktioniert wurden (hier ein Dankeschön an Janines tansanianische Kanga. Sie stellt einen wichtigen Bestandteil meines Schranken dar) und mein Rucksack auf dem Boden. Schlussendlich kann ich mit zwei Schritten mein "Zimmer" durchqueren…das ist doch gewöhnungsbedürftig. Das wird hier dann mein Zuhause für die nächsten 4 Wochen sein. Wie ich das finde, weiß ich jetzt noch nicht. Ich glaube, der erste Tag ist einfach blöd, weil es so fremd ist.
Mir fehlt die "Routine" die ich zu Hause habe, also wann ich aufstehe, was ich essen oder was ich den Tag über halt so mache (viel zu oft bestand das aus im Bett liegen und Serien schauen). Mir fehlt auch meine Mama sehr. Es ist seltsam, weil die Gastfamilie da sein soll, damit man seine Familie nicht so sehr vermisst, aber zum jetzigen Zeitpunkt wäre ich lieber mit anderen Leuten, die in der selben Situation sind, zusammen. Ich verstehe ja, dass sie einem ein Familiengefühl geben wollen, aber meine Gastoma lässt mich eher meine Mama mehr vermissen. Aber ich glaube fest daran, dass das nur das doofe 1.-Tag-Gefühl ist. Eigentlich hab ich ja auch eine andere Gastmutter, aber die ist im Krankenhaus. Das war vermutlich nicht so vorgesehen, die Gastoma spricht nämlich auch kein Englisch und mein armenischen ist nicht vorhanden. Also ist die Kommunikation eher schwierig. Aber meine Gastoma scheint auch ein paar Wörter deutsch zu sprechen. Zumindest ist sie vorhin reingekommen, und hat mich freundlich lächelnd mit den Worten: "Hein Hitler" (kein Rechtschreibfehler, sie hat "Hein" gesagt, ich habe darauf verzichtet sie zu verbessern) begrüßt und hat passend dazu den rechten Arm gehoben. Ich bin mir recht sicher zu wissen, was sie gemeint hat, und ich habe ihr versucht zu erklären, dass das keine deutsche Begrüßung ist, und wir das nicht (mehr) machen. Ich weiß nicht, wie erfolgreich ich damit war…das werde ich wohl in den nächsten Tagen herausfinden.
Morgen wird mir dann die Stadt gezeigt und auch das Office, also mein Arbeitsplatz. Ich freue mich darauf echt total, dann weiß ich endlich auch, was eigentlich so meine Aufgaben sind. Auch auf Gyumri bin ich sehr gespannt, immerhin ist es, so weit ich weiß, die zweitgrößte Stadt hier. Ich hoffe sehr, dass ich diesen erste Tag noch gut überstehe und dass ich nicht weinen muss. Heute Abend soll es ein großes Essen geben, und ich hoffe so sehr, dass es schmeckt. Das Frühstück war nämlich echt nicht so lecker, ich weiß auch gar nicht so genau, was es war, aber ich habe die armenischen Wörter dazu gelernt. Brot habe ich erkannt und auch Tee und Zucker kannte ich. (Falls es jemanden interessiert: Die armenischen Übersetzungen lauten "Haz" (Brot), "Tej" (Tee) und "Zugar" (Zucker)) Dazu gab es noch "Beceni", ich meine es ist Gebäck, aber es war echt trocken und seltsam (es hat ein bisschen vergoren geschmeckt). Mittags gab es etwas kleines, und ich weiß nicht, was es wahr, es war grün und matschig, ich vermute Bohnen…und danach gab es noch Obst, das kannte ich und das hat auch geschmeckt, auch wenn ich genötigt wurde Traubenkerne zu essen (meine Gastoma hat übrigens ihre Trauben geschält…das kannte ich auch noch nicht und sie war echt geschickt…ich war begeistert) Jetzt sitze ich vor dem Fernseher und hoffe, dass das Essen heute abend schmeckt (Ich hab echt Hunger). Drückt mir die Daumen ;)
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