Der erste Monat
Seit einem Monat lebe und arbeite ich jetzt schon bei A ROCHA Portugal, genug Zeit um wieder so etwas wie einen Alltag zu bekommen, Freunde zu finden und die ersten Erfolge in unserem Projekt gegen Mikroplastik zu verbuchen.
Leider nicht genug Zeit um fließend Portugiesisch zu lernen, aber wir sind auf einem guten Weg denke ich. Den Eindruck kriegt man zumindest, wenn unsere Portugiesisch Lehrerin Vanessa unsere halb gestotterten Sätze mal wieder mit Muito Bem! absegnet. Fast wie in der 3. Klasse beim Englisch lernen. Es gibt sogar Hausaufgaben.
4 Wochen vorher, am 06.02.2018 befinde ich mich grade im Landeanflug auf Lissabon. Da der Flug aus Hamburg um diese Jahreszeit nach Faro, dem nächstgelegendsten Flughafen von meinem neuen Zuhause ungefähr doppelt soviel kostet wie nach Lissabon, wurde kurzerhand entschieden mich einfach nach Lissabon fliegen zu lassen und von dort sollte ich dann den Zug nehmen. Das hat neben dem Preis noch 2 weitere Vorteile, wie mir Marcial, mein Projektleiter und Oberhaupt von A ROCHA Portugal (was übrigens der Stein bedeutet) begeistert bei unserem letzten Skype Interview erklärt: 1. Habe ich, bis der Zug nach Tunes geht, noch ein paar Stunden Zeit und kann mir quasi im Schnelldurchlauf die Stadt, bzw. einen Stadteil angucken. Oder besser wir. Denn 2. fliegt mein Mitvoluntär Bart auch nach Lissabon und so können wir uns im Zug gleich kennen lernen. Praktischerweise waren unsere Flüge auch nur 20 Minuten auseinander und so musste ich gar nicht lange am Ausgang der Gepäckhalle warten, bis er mir entgegenkam. Bart kommt aus Belgien, wohnt allerdings in den Niederlanden und hat auch dort studiert. Er ist, mit abgeschlossenenem Bachlor und Master Studium, auch sehr viel qualifizierter als ich, der mein Studium jetzt schon erfolgreich 1,5 Jahre aufgeschoben hat. Also zumindest im ökologischen Bereich. Allerdings auch 8 Jahre älter. Vielleicht lief unsere Zusammenarbeit aber auch gerade deswegen bis jetzt so gut.
Wir haben dann die Metro nach Oriente genommen, dem Hauptbahnhof von Lissabon (oder Lisboa, wie die Portugiesen sagen) und sind dort noch ein bischen durch die Stadt gelaufen. Das Viertel würde man jetzt nicht unbedingt als Zentrum bezeichnen, aber für eine Pizza und ein paar nette Eindrücke hat es gereicht. Unseren Zug haben wir, wenn auch etwas abgehetzt auch bekommen und gegen 22:00 stiegen wir dann im Bahnhof Mexilhoeira Grande aus, wo Marcial schon auf uns wartete. Mit dem Auto gings dann die letzte Etappe bis zum Haus, das Peter Harris, der Gründer von A Rocha Cruzinha (=kleines Kreuz) getauft hat. Wo ich gleich meine 3. Bekanntschaft heute machen durfte: einen der beiden Hunde, genauer gesagt Aslan, den man wahrscheinlich am besten als die portugiesische Version eines etwas in die Jahre gekommenen, Goldenen Retriever Mischlings beschreiben kann.
Über die nächsten Tage habe ich dann auch die anderen Bewohner und Mitarbeiter kennen gelernt. Bébé, die selbsternannte Königin von Cruzinha, die immer alles weiß, hervorragend kochen kann und die alles am laufen hält, Paula, Mottenforscherin und die Frau von Marcial und Gui(llaume), der die Vogelbeobachtungen leitet und auch jeden Donnerstag, wenn Besuchertag ist, Vögel in unserem Garten fängt und berringt. Dann wäre da noch Ulf, der bärtige, skatende und surfende Schwede, der in seinem Auto vor der Haustür wohnt, hier seinen Seelenfrieden gefunden hat und praktisch alles, was kaputt geht, wieder reparieren kann und nicht zuletzt Linda unseren anderen Hund. Wenn man das so aufzählt hört es sich ein wenig an wie das perfekte Set up für eine Komödie und manchmal ist es das auch.
Neben unserer Projektarbeit, zu der ich noch seperat was schreiben werde, gibt es auch andere tägliche Aufgaben, wie zum Beispiel Hühner füttern, was mir aufgetragen wurde. Ich mache es auch wirklich gerne, wenn der Hahn nicht mal wieder mit der falschen Kralle aufgestanden ist. Dann haben wir natürlich seit dem 19.02 Portugiesisch Unterricht in Portimão. Jeweils 2 Stunden an 3 Tagen in der Woche, insgesamt 4 Wochen lang, mit unserer, bereits erwähnten Lehrerin Vanessa und 5 anderen, internationalen Schülern. Die sind schätzungsweise zwar alle wesentlich näher an ihrer Pension, als von ihrem Schulabschluss entfernt, aber lauter im Unterricht als wir zwei sind sie trotzdem.
Dann hat unsere kleine Wohngemeinschaft in den letzten Wochen noch stetig Zuwachs bekommen: 2 Mädchen aus der UK, eine aus Kanada und eine aus den Niederlanden. Allesamt in der Uni und hier für Praktika, Forschung oder Thesis. Ein internationales Team und nie Langeweile. Es gibt immer irgendwas Neues oder Interessantes zu erzählen und besonders abends, wenn der Kamin angemacht wird, ist es wesentlich schöner mit mehr als bloß mit 2 Leuten Karten zu spielen, oder sich zu unterhalten. Und ja, es ist auch noch in Südportugal im Februar so kalt, dass man den Kamin anmachen kann, gerade, weil hier die wenigsten Häuser eine Zentralheizung haben. Energiesparend, aber kalt. Auch wenn die Sonne sich schon blicken lassen hat.
Alles in allem würde ich sagen ich habe mich sehr gut eingelebt. Ich kenne die beiden Städte Lagos und Portimão relativ gut, habe auch wieder so etwas wie einen Alltag und natürlich machen Bart und ich Fortschritte in unserem Projekt. Wir (inzwischen 6) Voluntäre/Studenten/Praktikanten, die von den Älteren auch gerne mal scherzhaft als the kids bezeichnet werden sind echt gute Freunde geworden. Wir unternehmen am Wochenende was gemeinsam, kochen und essen zusammen und helfen uns gegenseitig, wenn es mal irgendwo hakt. Von meinem ersten Monatsgeld habe ich mir einen gebrauchten Wetsuit und ein gebrauchtes Surfboard gekauft und ich hoffe nächstes Wochenende mit Ulf mal rausfahren zu können. Kurzum, ich bin sehr froh und dankbar hier sein zu dürfen und fühle mich pudelwohl.
Das war jetzt doch mehr als gedacht, ich denke ich werde doch öfter als nur monatlich schreiben. Also, man liest sich!