Der chinesische Fleischkonsument
Wie fleischlastig ist die chinesische Ernährung? Und wie hundefleischlastig?
Sind Chinesen Fleischesser?
Allein aufgrund der hohen Population des Landes, hat China einen hohen Fleischkonsum. Im Jahr 2011 verkauften europäische Firmen rund 393.000 Tonnen Schweinefleisch an China. 85% mehr als im Vorjahr. 2016 lieferte die EU mehr als 800.000 Tonnen Schweineinnereien nach China. Das Land gilt als Großabnehmer von Tierinnereien. Wenn man auf Märkten in den Städten unterwegs ist, könnte man tatsächlich den Eindruck bekommen, die Chinesen äßen alles. Das stimmt natürlich nicht. Der Verzehr speziell von Innereien müsse eigentlich dem Sinne der Tierschutzorganisationen entsprechen, denn so wird das Tier (und dessen Ableben) mehr wertgeschätzt, als wenn man die Innereien nicht verwerten würde.
Die Ernährungsrichtlinien der Regierung empfehlen 40-75 g Fleisch am Tag. Diese Empfehlung entspricht den Werten der Weltgesundheitsorganisation. In der Realität liegt die durchschnittliche Tagesration eines Chinesen bei circa. 135 g. Deshalb sucht China nach weiteren Möglichkeiten, um die Ernährung ihrer Bevölkerung zu beeinflussen: Seit Juni 2016 sind an vielen öffentlichen Plätzen, zum Beispiel U-Bahn-Stationen, Werbeplakate zu finden, die für weniger Fleischkonsum und mehr Umweltschutz werben. In Zusammenarbeit mit mehreren Schauspielern, z.B. Arnold Schwarzenegger verschiedene Werbespots abgedreht und veröffentlicht. Dennoch – der chinesische Filmemacher Jian Yi, der eine Reportage zur chinesischen Fleischindustrie gedreht hat, schätzt die Situation folgendermaßen ein: „Die Nachfrage nach Fleisch in China wird auch in den kommenden Jahren kräftig steigen.“ Die Liebe zum Fleisch lässt unter Anderem darin begründen, dass die Chinesen Fleischkonsum als Zeichen von Luxus und Wohlstand sehen. Und die Fleischpreise steigen tatsächlich: Zwischen 2006 und 2008 stieg der Durchschnittspreis von Rindfleisch um 73%, von Lamm um 63% und von Huhn um 30%.
Tierhaltung in China
Mit der großen Bevölkerung Chinas und dem beliebten Fleischkonsums, ist die Regierung vor einige Herausforderungen gestellt. Ein großes Problem, dem sie sich bisher nicht ausreichend gewidmet hat: Tierhaltung. In China gibt es kein Gesetz, dass es verbietet, Antibiotika ins Fleisch zu mischen. Da der Bedarf an Fleisch sehr hoch ist, greifen also viele Farmer zu Wachstumsmitteln. 2013 wurden rund 78.200 Tonnen Antibiotika, ausschließlich für die Produktion tierischer Nahrungsmittel, in China gekauft.
2014 bekam China, auf einer Skala von A-G, ein E für den „Animal Protection Index“ (von der „World Animal's Protection“). Mit dem Ziel, die Aufklärung über die Tierhaltung zu verbessern und das Bewusstsein der Menschen für das Leiden der Tiere schärfen, widmen sich immer mehr NGO's und Organisationen dem Thema „Tierschutz“. Zum Beispiel das „Chinese Animal Protection Network“. Leider ist, wie bei so vielen Bewegungen, auch ihre Freiheit bei der Berichterstattung durch die Kontrollen der Regierung eingeschränkt. Die Regierung möchte öffentliche Kritik schließlich möglichst vermeiden.
Abgesehen von (europäischen) Nutztieren, ist auch die Haltung von Wildtieren und Haustieren stark diskutiert. Der Umgang mit Zootieren in China ist dauerhaft in Kritik. Tiere leiden häufig an Unterernährung, Platzmangel und zu wenig Freilauf. Auch für deren Schutz setzen sich ja für Jahr verschiedene NGO's ein.
„Die essen alle Hunde!“
Dass in verschiedenen Regionen Chinas Hunde und Katzen verspeist werden, ist in Deutschland bekannt. „Alle Chinesen essen Hunde!“, zählt zu einer der vielen Vorurteilen der Deutschen. Laut Umfragen haben aber tatsächlich weniger als 20% der Chinesen bereits einmal Hundefleisch gegessen. Laut den Internetseiten von Tierschutzorganisationen werden dennoch jährlich 20 Mio. Hunde zum Verzehr getötet, allein in China.
Letztes Jahr konnten Tierschutzorganisationen einen großen Erfolg vermelden: Die Stadt Yulin verbot den Verkauf von Hundefleisch während des berühmten Hundefleisch-Festivals. Laut mehreren Recherchen vor Ort wurde dieses Verbot jedoch nicht eingehalten. Während den letzten Jahren waren die Proteste, national und international, immer lauter geworden. Es wird von 10.000 Hunden (auch teils Katzen) gesprochen, die ausschließlich für dieses Fest geschlachtet werden. Das Festival wird nicht bloß allein für den Verzehr von Hunden und Katzen kritisiert. Viel mehr ginge es um den Umgang mit den Tieren. Viele Tiere würden unter Schmerzen und Qualen sterben. Man sagt, ihr Fleisch würde durch das Adrinalin zäher werden. Die chinesischen Kunden fordern meistens zähes Fleisch, weil es angeblich die Potenz steigern und „wärmen“ soll. Damit die Hunde viel Adrenalin ausschütten, schlachten viele Verkäufer ihre Hunde unter schlechten Bedingungen. Zum Beispiel würden Hunde bei lebendigem Leib gehäutet oder zu Tode geprügelt werden. Auch für die Vermutung, einige Hunde seien ihren Besitzern zuvor geklaut worden, gibt es allerdings keine Beweise. Viele Vorwürfe, wenige stichhaltige Beweise oder seriöse Statistiken. Besonders in den jungen Reihen der Chinesen ist die Kritik groß. Die neuen Generationen haben ein ähnliches Katzen- und Hundebild wie Europäer. Der Hund wird als Freund und Begleiter des Menschen gesehen. Obwohl das Essen von Hunde- und Katzenfleisch vor allem im Süden des Landes zur Kultur gehört, lässt sich mit Sicherheit sagen, dass sich der Konsum in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verringern wird.
Und wie lässt sich nun der Fleischkonsum der Chinesen beurteilen? Grundsätzlich essen die Chinesen mehr verschiedenes Fleisch (Innereien, verschiedene Tiere) im Vergleich zu den Deutschen. Ihr Fleischkonsum gleicht sich jedoch langsam immer mehr dem Westen an. Zum Beispiel verbreitet sich auch der Veganismus immer mehr in China (1% der Bevölkerung). Vergleicht man die Menge, die ein Chinese im Durchschnitt täglich zu sich nimmt, fällt auf, dass der Deutsche im Schnitt mehr Fleisch ist. Dass der Fleischkonsum der Deutschen im internationalen Vergleich einen der obersten Plätze belegt, ist jedoch keine neue Information.
Das Essverhalten der Chinesen lässt sich aus deutscher Sicht als „exotisch“ beschreiben. Jedoch sollte man mit Vorurteilen sehr vorsichtig sein, da sich die chinesische Gesellschaft wie jede andere verändert. Traditionen verändern sich, Kritiker werden lauter – gesellschaftlicher Wandel findet auch im Bezug auf den Fleischkonsum statt. Es lässt sich hoffen, dass sich die chinesische Regierung in den nächsten Jahren intensiver den Themen Ernährung und Tierschutz widmet. Es sollten keine lautstarken internationalen Kritiken nötig sein, um für eine (verantwortungs)bewusste Ernährung zu werben und dementsprechend neue Gesetze und Richtlinien zu entwerfen.
Quellen:
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2013-02/China-Schweinemast-Antibiotika-Resistenz
https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/china-fleischkonsum
http://german.cri.cn/21/2005/10/31/1@38660.htm
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2016-06/fleischkonsum-china-regierung-regulierung
https://www.boell.de/sites/default/files/fleischatlas_2018_web.pdf?dimension1=ds_fleischatlas_2018
https://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_Animal_Protection_Network
https://www.theguardian.com/environment/2008/may/30/food.china1
http://www.peta.de/web/chinapelz.1732.html
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/tiere/china-verbietet-hundefleisch-verkauf-auf-festival-15021718.html
https://netzfrauen.org/2016/05/18/stopyulin-stoppt-das-hundefleisch-festival-in-yulin-stop-the-yulin-dog-meat-eating-festival/
https://de.wikipedia.org/wiki/Hundefleisch#cite_note-aa-6
https://www.ibtimes.co.uk/inside-yulin-dog-meat-festival-silence-dogs-awaiting-slaughter-thundering-1554165
https://www.urban.dog/news/lebendiger-alptraum-hundefleisch-festival-in-yulin/
https://edition.cnn.com/2015/06/18/opinions/china-yulin-dog-festival-peter-li/
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