Das ferne Parlament.
In Lettland wird über einige Themen heftig diskutiert. Die Europawahlen gehören leider nicht dazu. Und wenn doch, dann geht es eher um den finanziellen Aspekt denn um die politischen Auswirkungen.
Übermäßig präsent scheint mir die Europawahl in Lettland nicht zu sein. Jedenfalls nicht in dem Maße, dass im Gespräch mit Letten groß darüber geredet wird. Ganz anders als über die Finanzkrise und darüber was angeblich mit den von der EU zur Verfügung gestellten Fördergeldern passiert ist.
Gestern allerdings hab ich meine Chefin gefragt und sie hat mir daraufhin einen Zeitungsartikel (auf der zweiten Seite) gezeigt. Darin geht es vor allem um Geld: dass die ganze Wahl 400 000 Lati (etwa 560 000Euro) kosten würde und davon 112 000 Lati (160 000 Euro) für die Bekanntmachung, das Drucken und Eintüten der Briefe verwendet werden müssten. Allerdings seien 18 % dieser Summe verschwendetes Geld. Das nämlich ist der Prozentsatz an Letten, die im Ausland leben.
Der finanzielle Aspekt scheint momentan also im Vordergrund zu stehen, weil die Krise das Land schon ganz schön zerrüttelt hat.
Weiterhin hatte sich meine Chefin auch durchaus informiert und wusste, dass die Wahl hier am 6. Juni stattfindet und Lettland bisher 9 Sitze im Europaparlament hatte, nun aber nur noch 8 bekommen wird. Und obwohl sie sich über die hohen Geldsummen aufregt, setzt sie doch auch Hoffnungen in die Wahlen die Beseitigung der Krise betreffend.
Nun ist sie sehr politikinteressiert und es hatte mich gewundert, wenn sie das alles nicht gewusst hätte. Der Grossteil der Bevölkerung aber, so habe ich das Gefühl, beschäftigt sich mehr mit den durch die Krise entstandenen finanziellen Sorgen als mit der bevorstehenden Wahl. Was ich auch verstehen kann. Wenn ich meinen Job verloren hätte und gleichzeitig noch einen Kredit abbezahlen müsste, würde ich mich sicher auch nicht sonderlich darum kümmern, dass Abgeordnete für irgendein fernes Parlament gewählt werden.