Chce się żyć – teraz!
Nun kehre ich bereits von meinem nächsten Seminar zurück, das sich eher wie ein entspannter Familienausflug angefühlt hat, ohne bisher von unseren Alltagsveränderungen berichtet zu haben.
Ich sitze gerade im Bus von Warschau zurück nach Hause (also Olsztyn <3) und wenn ich nach draußen schaue und den Sonnenschein und die blühenden Bäume sehen, kann ich mir schon gar nicht mehr vorstellen wie schrecklich kalt der Winter war.
Dabei war es Weihnachten recht warm und man konnte in Sopot am Strand spazieren ohne besonders zu frieren. Sogar die Sonne hat sich ab und zu gezeigt und meine Eltern haben dadurch einen sehr guten Eindruck von moja Polska gewonnen. Auch für mich war es ein sehr schöner Weihnachtsurlaub – besonders das Mercure-Hotel war eine luxuriöse Abwechslung zum Freiwilligenleben! Es war das erste Mal, dass ich Weihnachten nicht zu Hause gewesen bin, aber wir waren ja trotzdem als Familie versammelt. Wir haben uns sogar in einen polnisch-katholisch Gottesdienst gewagt, auch wenn ich nur wenig verstanden habe, war es sehr beeindruckend die festlich gekleideten Danziger in der Bazylika Mariacka versammelt zu sehen. Es fehlte zwar der Schnee zu einer kitschigen Weihnachtsstimmung, aber die Lichterdekoration in der Altstadt war ein romantischer Akzent.
Nach viel zu kurzer Zeit, die wir mit dem Kosten von polnischen Spezialitäten und Strandspaziergängen verbracht haben, habe ich meine Eltern am Bahnhof verabschiedet. Ich bin auch für Neujahr in Danzig geblieben. Zuerst besuchte ich ein paar Freiwillige (die inzwischen schon polenweit bekannte EVS-Family wird sich im Sommer vor Besuch kaum retten können, da sie keine 100 Meter vom Meer wohnen), Silvester habe ich mit Elli und Laura bei Freunden von Freunden gefeiert und danach waren Laura und ich noch in Gdynia bei ihrer Großmutter. Es war also nie langweilig, aber als wir dann endlich wieder mit allen Mädels in der Warszawska vereinigt waren, hat sich das nach sehr entspannten Nachhausekommen angefühlt.
Unsere gemütlichen WGs haben wir dann im furchtbar kalten Januar auch kaum verlassen. Bei -15°C war für mich jeder Weg nach draußen eine große Überwindung – ich bin einfach nicht für die Kälte gemacht! Für Francesca war all das wirklich unerträglich nachdem sie Weihnachten im vertrauten Heimatumfeld verbracht hatte. Schon zwei Tage nach ihrer Rückkehr in Olsztyn wollte sie wieder weg und es kommt mir immer noch unwirklich vor, dass sie dann tatsächlich innerhalb einer Woche abgebrochen hat – und eine große Lücke in unserer WG hinterlassen hat. Lisas Geburtstagsfeier war dann gewissermaßen auch ihre Abschiedsfeier. Ich vermisse unsere gemeinsamen Frühstücksrunden, bei denen wir über Literatur, Filme und einfach alles mögliche gesprochen haben.
Mit Francescas Weggang waren wir auch gezwungen, unsere WG neu zu strukturieren. Unsere Organisation hatte die zwei Wohnungen mit jeweils zwei Schlafzimmern eigentlich für acht Freiwillge gemietet, jetzt waren wir nur noch zu sechst und das Geld von der Nationalagentur nicht mehr ausreichend. Wir haben lange diskutiert und es ist erstaunlich, wie sehr wir uns schon an unsere kleinen Alltagseigenheiten gewöhnt haben. Die Lösung, die wir uns am wenigsten vorstellen konnten, funktioniert jetzt am besten. Chiara ist nach unten zu Lisa ins Zimmer gezogen und Jakob hat ihr Zimmer (inklusive der unserer Küche) übernommen, während Fabio weiterhin im Internat wohnt. Anfang März kam dann auch endlich der Ersatz für Francesca – lustigerweise ein Francesco, ebenfalls aus Aosta und er hat sogar das Gleiche wie Francesca studiert. Mit den beiden Jungs ist es sehr entspannt, weil ihr Tagesrhythmus mehr unserem als dem von Chiara gleicht. Wir unternehmen jetzt mehr als große Gruppe, auch mit Fabio.
Mir bleiben nur noch zwei Monate und bisher hab ich viel zu wenig gesehen!
Ich war in Biłystok und noch mal mit Lisa und Eva ein Wochenende in Danzig. Glücklicherweise habe ich auf meinem Midterm Meeting ja genug EVSler getroffen, die es sich zu besuchen lohnt. Deshalb komme ich gerade von einem spontanen Wochenende aus Warschau zurück. Bei Sonnenschein mag ich diese Stadt sogar. In der Wohnung von Lise aus Frankreich ist es auch einfach, Warschau zu mögen – mit Blick auf den Kulturpalast von der Küche! Aber auch Adrian aus Spanien wohnt paradiesisch im Wald auf der anderen Weichseseite. Es war eine Wiederholung von Torun in kleiner Runde: einfach die Sonne genießen, begleitet von Lifemusik und verrückte EVS-Geschichten auszutauschen.
Ich hoffe, meine eigene Erfahrungssammlung erweitert sich noch in der kurzen verbleibenden Zeit. Momentan habe ich auf jeden Fall das Gefühl, mit dem EVS die beste Entscheidung meines Lebens getroffen zu haben. Ich habe schon so viele besondere Menschen getroffen und so viel mehr gelernt als ich je erwartet hätte. Ich denke schon jetzt gerne zurück an:
- Das Eislaufen und erste Eis essen an einem Tag
- Die Teepausengespräche im Archiv
- Eine magische Woche in Torun
- Entspannte Tage mit meinen liebsten Mitfreiwilligen in einem kleinen Dorf
- Eine spontane Autofahrt nach Warschau mit dem schönsten Sonnenuntergang
- Die erste Frühlingsradtour
- Tränen, die wieder getrocknet wurden und mir gezeigt haben, auf wen ich mich verlassen kann
- Dass ich Besuch aus Deutschland stolz mein Zuhause präsentieren kann
- Halbwegs erfolgreiche Versuche auf Polnisch zu telefonieren
So, wer sich durch diesen langen Artikel gekämpft hat, bekommt noch eine kleine Erklärung für die Überschrift. Übersetzt bedeutet sie erst mal „ich will leben – jetzt“, in Anlehnung an einen sehr beeindruckenden Film, den wir in Galiny gesehen haben. Unter dem Titel „Life feels good“ gibt es ihn auch mit englischen Untertiteln. Empfehlenswert, berührend, nicht so schnell zu vergessen! Da es sich unglaublicherweise um eine wahre Geschichte handelt, schließe ich mit der Erkenntnis: die besten Geschichten schreibt das Leben.