Cardiff City bald in rot? Ihr habt doch ‘nen (blauen) Vogel!
Investoren, die schamlos Herz und Seele traditionsreicher Fußballklubs verkaufen, sind vor allem in Großbritannien leider Gang und Gäbe. Cardiff City könnte es nun aber noch schlimmer treffen, als die meisten anderen britischen Vereine.
Eigentlich ist Wales in puncto Fußball ein eher beschaulicher Fleck im ansonsten fußballverrückten Großbritannien. Doch momentan sind es die walisischen Klubs, die europaweit für Schlagzeilen sorgen. Das im vergangenen Sommer aufgestiegene Swansea City verzauberte trotz eines No-Name-Kaders mit brillantem Kurzpassspiel die Premier League. Einige Medien verpassten den "Schwänen" daraufhin prompt einen neuen Spitznamen - "Swansealona". Und nun bringt sich auch der Nachbar aus Cardiff in die Schlagzeilen.
Der Cardiff City FC, gegründet im Jahr 1899, zählt mit Sicherheit zu den traditionsreichen Klubs der Insel, obwohl er nie in der höchsten Spielklasse, der Premier League, gespielt hat. In den vergangenen drei Spielzeiten scheiterte man immer wieder in den Aufstiegs-Play-Offs. Für den malaysischen Klubeigner Chan Tien Gee scheint dies Grund genug für einen radikalen Umbruch zu sein - er will den kompletten Verein umkrempeln, die treuen Anhänger laufen bereits Sturm.
Neue Farbe, neues Logo
Die Traditionalisten unter den Cardiff-Fans haben es derzeit schwer. Erst vor wenigen Jahren mussten sie den Umzug aus dem altehrwürdigen Ninian Park in den charmelosen 0815-Bau namens "Cardiff City Stadium" hinnehmen. Anschließend übernahm mit Chan Tien Ghee ein malaysischer Investor den Verein und will diesen nun auch noch nach seinem Geschmack umbauen. Mit seinem jüngsten Vorschlag entsetzte der Präsident der "Bluebirds" nun alle wahren Fans des Vereins. So sollen die Vereinsfarben blau und weiß geändert werden. Er möchte seine Spieler fortan in Rot aufs Feld schicken. Auch das Logo mit dem blauen Vogel will er gegen einen roten Drachen austauschen. Inwiefern die roten Trikots die Mannschaft jedoch im vierten Anlauf endlich in die Premier League hieven sollen, hat der Klub bislang jedoch noch nicht erklärt. Wer weiß, vielleicht hat der gute Herr Chan sich von einer mittlerweile 54 Jahre alten Studie zur Erfolgslosigkeit blau-weißer Vereine in der deutschen Bundesliga überzeugen lassen...Aber was können die treuen Fans des Cardiff City FC schon für die Verlierermentalität der ehemaligen Kumpels von Manuel N.?
Ein geschmackloser Marketing-Gag
Warum das Ganze? Chan Tien Ghee liefert gleich zwei Begründungen - eine aberwitziger als die andere. Zum einen sei rot sowohl in Wales als auch in Malaysia eine äußerst populäre Farbe. In Malaysia symbolisiert die Farbe Rot Glück und ist obendrein „Nationalfarbe“. Zudem sei auch der Drache ein bedeutendes Symbol in beiden Ländern. Außerdem - und nun wird es noch lächerlicher - seien Vereine wie Manchester United, der FC Arsenal oder der FC Liverpool (allesamt spielen traditionell in rot) in Sachen Trikotabsatz auf dem asiatischen Markt sehr erfolgreich. Der FC Chelsea oder Manchester City - beide spielen in blauen Trikots - verkauften hingegen viel weniger Fanartikel in Fernost. Herzlichen Glückwunsch, Herr Chan: Sie wollen die Seele eines 113-jährigen Fußballklubs aus Wales (!) verkaufen, damit Asiaten (!) mehr Trikots kaufen? Auch das Argument, die Farbe Rot und der Drache seien walisische Nationalsymbole, ist doch nichts weiter als eine fadenscheinige Begründung. Wer käme schon auf die Idee, den BVB, den FC Bayern oder den HSV in schwarz-rot-goldene Trikots mit einem Adler auf der Brust zu stecken? Ein wenig will man den Fans in Cardiff dann aber doch entgegen kommen. So sollen die blauen Sitze im Stadion nicht gegen Rote ausgetauscht werden und sogar der Vereinsname soll erhalten bleiben – wie großzügig!
Ein Schlag ins Gesicht der Fans
Entsprechend harsch fiel die Reaktion der wahren Cardiff-Fans aus. Binnen weniger Stunden hatten mehr als 1000 Anhänger eine Online-Petition gegen die Vorschläge des Klubeigners unterschrieben, auch ein Protestmarsch zum Stadion ist geplant. Der Verein verkündete zwar, sich mit Fanvertretern zusammensetzen zu wollen. Aber es bleibt zu bezweifeln, dass sich der Asiate an der Klubspitze von seinen Plänen abbringen lässt. Schließlich trifft er auch auf Zustimmung vieler Dummschwätzer. So heißt es in einem Onlineforum beispielsweise: "Ist doch scheiß egal, in welchen Farben wir spielen. Hauptsache, wir steigen endlich auf." - Wer solche "Fans" hat, braucht nun wirklich keine Feinde mehr.
Ich bin selbst einige Male bei Spielen von Cardiff City gewesen, der Verein war mir bislang durchaus sympathisch. Klar, das neue Stadion hat genauso viel Charme wie die "Arenen" in Wolfsburg, Hoffenheim oder Gladbach. Die Atmosphäre hat mich hingegen wirklich überrascht. Man hört ja viel über Totenstille in britischen Stadien. Da ist Cardiff wohl eine der wenigen positiven Ausnahmen. Da können sich auch die Bösen Jungs aus Leverkusen oder die Wochenendbrüder aus Wolfsburg durchaus eine Scheibe von abschneiden.
Wie es nun weiter geht mit den "Bluebirds"? Nun, es sieht momentan so aus, als sei das Schlimmste unvermeidlich. Dennoch wünsche ich den wahren Fans von Cardiff City viel Erfolg im Kampf gegen den "Roten Drachen". Möge ihnen das Schicksal des FC Wimbledon oder des SV Austria Salzburg erspart bleiben.
Nie waren die letzten Zeilen des “Your are my Cardiff”-Fansgesangs passender: Can't even tell you, how much I love you, so please don't take my Cardiff away!
In diesem Sinn - Football, the people's game!
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