Bürokratie und politische Zentralisation in Slowenien
Ein langweilig klingendes Thema mit wichtigen Lektionen für den administrativen Prozess in, nicht nur Slowenien, sondern auch dem Rest der Welt.
Meine ersten zwei Tage in Slowenien bestanden aus mehreren Aktivitäten, welche alle eine Sache gemeinsam hatten: Warten. Angefangen bei dem abgenutzten Renault Kangoo, Jahrgang 2004, welcher für 3 Suborganisationen der Aufnahmeorganisation zugeteilt ist, bis zu dem Warten in dem lokalen Munizipalitätszentrum auf eine slowenische Identifikationskarte und Steuernummer.
Das Problem war, dass ein Antrag auf Geld für ein neues Auto, eine temporäre Identifikationskarte, sowie auf eine Steuernummer für das zu eröffnende Konto alle zur Verwaltungsstelle in Ljubljana gehen müssen. Das dauert nunmal länger.
Unsere Koordinatorin überlegte sogar persönlich nach Ljubljana zu fahren um den Antrag einzureichen, da es sonst zu lange dauern würde.
Als es dann später am Tag in die Konzerthalle von Litija reinregnete, weil der Antrag auf ein neues Dach noch nicht durchgegangen war, konnten die Litija-Einheimischen nur mit ironischen Kommentaren darüber lachen, da sie diesen Zustand schon lange gewohnt waren.
Bei späteren Gesprächen beschwerte sich unsere Koordinatorin immer wieder über die Bürokratie und Langwierigkeit vieler Vorgänge.
Hier ein wenig Hintergrundwissen.
Slowenien ist in 212 Munizipalitäten aufgeteilt, welche in 12 Regionen fallen. Diese Regionen wurden kreiert um mehr regionale Regierungsmöglichkeiten zu schaffen doch es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen dem Nordosten an der Grenze zu Österreich und dem Südwesten an der Grenze zu Italien zu sehen. Während die reicheren Regionen im Südwesten mehr Autonomie genießen und die Anträge auf Autos, Identifikationskarten und Steuernummern an ihren regionalen Stellen einreichen können, müssen die Regionen im Nordosten diese Anträge oft an die zentralisierten Stellen in der Hauptstadt schicken.
Die Munizipalitäten selber haben alle wenig administrative Macht.
Deutschland zeigt die andere Seite dieses Spektrums. Die politischen Gewalten sind nicht nur horizontal, also nach Exekutive, Legislative und Judikative, sondern auch vertikal nach den Bundesländern aufgeteilt. So werden die speziellen Interessen der verschiedenen Länder alle im Demokratieprozess vertreten. Dies sorgt auch für eine hohe administrative Autonomie. So kann jedes Bundesland administrative Angelegenheit selber regeln, ohne auf Berlin angewiesen zu sein.
Eine solche Subsidiarität ist auch in der EU zu finden, welche Aufgaben an die Mitgliedstaaten abgibt, solange diese von den Mitgliedern ausgeführt werden können.
Dies sind alles im einzelnen keine problematischen Unterschiede, vor allem weil Slowenien ein viel kleineres Land ist, doch bleibt im Endeffekt eine Bürokratie, welche diese Regionen lähmt und somit zu einer Strukturschwäche führt, da einfache Aufgaben wie die bereits genannten nicht schnell und zuverlässig ausgeführt werden können.
Doch die Konsequenzen können deutlich schlimmer sein, als ein paar wartende ESC- Freiwillige. Wenn medizinische Werte, oder Einwanderungspapiere auf dem Spiel stehen ist die Situation eine ganz andere.
Ich als verwöhnter Norddeutscher kann mich zwar lange über Bürokratie aufregen, doch das Kind eines abgeschobenen Vaters möchte ich nicht sein, nur weil der Prozess durch Munizipalitäten und Zentralisierung in die Länge geschoben wurde.
Zusätzlich fördert diese Zentralisierung der Verwaltung auch die Landflucht in Städte wie Ljubljana, welche ohnehin schon im Gange ist.
Also was ist die Lösung?
Wenn ich differenziert wäre würde ich sagen, dass es an vielen Faktoren und vor allem an der Entwicklung dieser Regionen und des Landes an sich liegt, was auch durchaus auch wahr ist.
Wenn ich dies nicht wäre, würde ich sagen: Mehr Administrative Möglichkeiten den Munizipalitäten!
Quellen:
Nicole Lindstrom: EUROPEANIZATION AND SUB-NATIONAL GOVERNANCE IN SLOVENIA
Kris Mole: Rage with Slovenien Bureaucracy
Wikipedia: Statistical Regions of Slovenia
EU-info.deutschland: Subsidiarität