Ausflug in den Biathlon Weltcup Zirkus
Der Biathlonreisezirkus endet mit der Station am Holmenkollen und bringt den Frühling nach Oslo. Außerdem ein kleiner Fauxpas mit dem Chef der russischen Biathlonmafia.
11 Grad heute in Oslo? Wenn das so weitergeht, ist der Schnee bald passé (reimt sich und was sich reimt, ist gut, sagte schon Pumuckl!). Aber es ist auch ganz schön, wenn nicht mehr jeder Bürgersteig eine einzige Eisfläche ist. Das dürfte auch den Heizungslüfter an der Hausaußenwand neben meinem Zimmer beruhigen, eventuell, sicher ist nur, dass das Teil einen Fehler hat und diese Woche ausgewechselt werden muss, weil es urplötzlich Geräusche mit Lautstärke eines Presslufthammers von sich gibt - hieß für mich, ab ins Gästezimmer. Und jetzt bitte keine hochgezogenen Augenbrauen o.ä., denn das war wirklich so und der Fehler dieses Geräts ist real! Nebenbei, ich hatte mich schon an das gedämpfte Tuckern, wie es normalerweise war, gewöhnt...aber natürlich kommt kein anderer Lüfter da ran, so tuckert nur dieser! :)
Aber ich wollte ja was zum Biathlon Weltcup in Oslo erzählen, der zugleich das Ende der Biathlonsaison markierte, zeitgleich mit dem Weltcupabschluss im Langlauf im schwedischen Falun.
Am Donnerstag ging es schon früh los, 11 Uhr starteten bereits die Frauen in den Sprint und ich musste natürlich etwas eher da sein, um noch eingewiesen zu werden. Ich sollte zusammen mit Siv, die selbst mal aktive Biathletin war, die Übereinstimmung der Schießfehler und Strafrunden überprüfen. Am Donnerstag gestaltete das sich noch so, dass wir hinter den Trainern am Schießstand warteten und sobald alle Athleten beim Schießen durch waren, sammelte Siv die Listen mit den Schießfehlern ein und ich lief zur Strafrunde, um dort ebenfalls die entsprechenden Listen zu holen, wenn alle ihre Runden absolviert hatten. Dann mussten wir uns zusammensetzen und alles durch gehen. Dabei kam ich mir manchmal ein bisschen wie beim Memory vor, wenn man auf der Liste der Strafrunden die richtige Nummer suchen musste: Also Siv sagte z.B. an, dass Startnummer 2 vier Schießfehler hat und ich musste dann die Startnummer 2 vier Mal auf der Liste der Strafrunden finden. Diese Arbeit bescherte mir auch ein Wiedersehen mit den deutsch-italienischen Zeitnehmern von SIWIDATA, die in Steinkjer zur NM schon dabei waren. Das Wetter war an diesem Tag nicht unbedingt das Beste, aber weil kein Skispringen stattfand, konnte man schon davon ausgehen, dass kein Nebel sein würde...
Das Sprintrennen der Frauen entschied dann Magdalena Neuner für sich, bei den Herren gewann Andreas Birnbacher, der wegen dringender Probleme aber nicht einmal zur Blumenzeremonie nach dem Rennen erscheinen konnte und sofort abreisen musste. Alexander Wolf landete auf dem dritten Platz. Als er übrigens so gut lief, habe ich ihn auch lautstark angefeuert, doch weder mit "Alex" (ist so ein einfallsloser Spitzname) noch mit "Ali", sondern mit "Sascha". Dummerweise stand Alexander Tichonov, Vizepräsident der IBU (Int. Biathlonunion), neben mir und drehte sich etwas irritiert zu mir um - denn im Russischen wird Alexander ja auch zu Sascha verkürzt. Na ja, ich habe versucht, nicht weiter drauf zu achten. Tichonov wird hinter vorgehaltener Hand mit Mafiachef betitelt, nicht ganz so verwunderlich, soll er doch bei einem Mordanschlag auf einen russischen Gouverneur beteiligt gewesen sein. Er müsste eigentlich gerade frisch aus dem Gefängnis kommen, gäbe es da nicht so eine Amnestie, er hat also nie gesessen. Außerdem ist er sehr willkürlich mit Personalentscheidungen im russischen Verband. Mir ist der Mann nicht ganz geheuer.
Geheuer waren mit auch nicht immer die vielen Kinder, die alle einen Handschlag wollten oder gar ein Autogramm, wenn man nur irgendwie "berühmt" aussahm (ich hatte nämlich noch keine schwarze Jacke, wie alle anderen Helfer, sondern noch meine dicke rote "Norge"-Jacke vom Langlauf). Am Anfang war das ja noch ganz lustig, aber später habe ich dann immer ganz beschäftigt getan und mich in die Startliste vertieft... Unter den vielen Kindern waren auch welche von der deutschen Schule, aber Marcus konnte leider nicht mitkommen, da er Vertretungsstunden absolvieren musste.
Ja, und am Freitag sollte nun endlich das Projekt "Marcus treffen" in Angriff genommen werden, an diesem Tag war kein Biathlon, ich hatte somit frei und konnte Marcus bereits 14 Uhr von seinem Arbeitsplatz abholen. Das war schon komisch, als dort auf einmal alle Deutsch sprachen und so Sätze wie "Dann ruf doch mal den Hartmut an" über den Hof tönten. Noch viel merkwürdiger aber zugleich wunderschön war es, Marcus hier in Oslo gegenüber zu stehen! Wir sind dann erst einmal gut drauf los gewandert, aber weil wir beide den Stadtplan nicht im Kopf hatten, mussten wir auch mal einen Blick auf die Karte riskieren. Die Entscheidung musste dann zwischen Vigelandspark und Bootfahren gefällt werden und fiel zugunsten des Bootes aus. Vorher waren wir noch im Literaturcafé, von dem Marcus ja schon in seinem Blog so geschwärmt hatte, bei Kuchen und heißer Schokolade. Ich war auch schon mal in dem Literaturcafé gewesen, im August, aber nur um mir die Bücher anzuschauen. Nun ja, Marcus und ich erwischten das letzte Boot, das die Inseln Hovedöya, Lindöya und Nakholmen anfuhr. Und das war schon ein Erlebnis zu sehen, wie die nicht so stark aussehende Fähre große Eisplatten vor sich her schiebt und zermalmt. Marcus war jedenfalls ganz glücklich, so viele schöne Fotomotive zu finden. Ich habe ihn dann auch noch mit ins buddistische Zentrum begleitet, wo er mit engagiert ist und wir hatten auch mal Zeit, ein bisschen darüber zu sprechen, auch wenn ich dann schon bald wieder nach Hause musste.
Samstag ging nämlich der Biathlonzirkus wieder los, aber erst 14 Uhr und auch nicht so lang wie am Donnerstag, an dem ja nicht nur die Senioren gelaufen waren, sondern auch noch ein paar Junioren bei einem Wettkampf, der von Statkraft gesponsert wurde.
Verfolgung stand auf dem Plan, Ole Einar Björndalen trat nicht an, auch wenn er nur auf einem 13. Platz gestartet wäre, dafür legte Jungspund Tarjei Bö eine fulminante Aufholjagd von Platz 44 auf 2 hin! Siv und ich hatten auch sehr zu tun, es wurde ja immerhin vier Mal geschossen.
Ganz zu Beginn durfte ich aber auch etwas ganz Besonderes machen: auf so einen Knopf drücken, jedes Mal wenn ein Athlet aus der Bahn 2 startete.
Denn es gab vier Bahnen und ich war für die zweite zuständig, wenn ich es nicht gemacht hätte, wüssten die Zeitnehmer nicht, dass gerade ein Athlet raus ist. Deshalb war ich natürlich auch ganz schön aufgeregt. Aber alles ging gut. Ich hoffte auch, dass meine Ellis mich im Fernsehen sehen konnten, denn auch wenn ich eine schwarze Jacke und Sonnenbrille wie alle anderen aufhatte, so stand ich doch ganz vorne am Start, noch vor der aufgeblasenen Viessmann-Säule. Auf jeden Fall wurde ich wohl am darauffolgenden Sonntag erspäht.
Da stand nämlich der Massenstart an, bei den Männern war ich mit dabei, die Transponder an den Beinen zu befestigen - und es gibt Männer, die noch dünnere Beine als Ole Einar Björndalen haben, hört, hört!
Ich glaubte schon fast an meine magischen Hände, als Ole nach nur einem Schießfehler im zweiten Schießen nach vier Schießeinlagen in Führung lag, doch leider war er zum Schluss so erschöpft, dass er Emil Hegle Svendsen und Jevegni Ustjugov an sich vorbei ziehen lassen musste. Aber ein dritter Platz ist ja auch ein versöhnlicher Abschluss für eine für ihn eher verkorkste Saison.
Heute ist wieder genau so schönes Wetter wie an den vorherigen Tagen, ich habe frei, um mich von dem anstrengenden Wochenende zu erholen. Mit Timo werde ich noch den Hang runter stiefeln und heute Abend geht's mit Marit ins Kino, meinen Kinogutschein einlösen, zu "True Grit". Im norwegischen hat der Film noch einen lustigen Beinamen: "et ekte mannfolk" ...
Ich hoffe, es ist ein guter Film, aber viele von euch wissen ja, dass mich Western und die römische und germanische Geschichte am meisten interessieren. Was die letzteren beiden betrifft: Als ich gestern mit der U-Bahn nach Hause gefahren bin, waren da plötzlich zwei römische Legionäre in der U-Bahn... Ich dachte erst, ich spinne, aber als sie dann ausstiegen, musste ich auch feststellen, dass sie für Legionäre ziemlich dick und untersetzt waren- sah nicht gerade nach Disziplin aus. :)
Apropos Film, ich habe gestern mit Marit den Film "Am Limit" (mit englischen Untertiteln) über das Klettern der Huberbuam angeschaut, weil sie mal sehen wollte, wie das so ist. Da gibt es ja eine Stelle gleich am Anfang als einer der Brüder einen Albtraum hat, in dem Thomas abstürzt, Alexander mit sich reißt und zusätzlich noch der Klemmkeil rausfliegt. Marit dachte, das wäre wirklich so passiert und hat sich so erschrocken, dass Julian mit einem großen Satz vom Sofa runtergesprungen ist! Das war lustig...
Nun dann, bis bald,
für mich geht's in dieser Woche ganz hoch in den Norden nach Kvalöysletta in Tromsö zum offiziellen Abschluss der norwegischen Skisaison!
Eure findige Henni
comentarios