Auf der Zielgeraden
Ein neuer Lebensabschnitt beginnt: Judith_in_London hat ihren Europäischen Freiwilligendienst beendet und ist wieder in Deutschland angekommen. In den letzten Tagen in London ist aber noch Einiges passiert.
Ich bin wieder in Deutschland angekommen und fange gerade an, mich von dem "Endspurt" der letzten paar Wochen in England auszuruhen.
Am Schluss war dort wirklich viel los und ich habe kaum eine Minute zum Durchatmen gefunden.
Meine Fahrt nach Liverpool musste aus diversen Gründen doch abgesagt werden, aber es gab auch in London viel zu tun. Zum Beispiel wurde ich gebeten, zu einer Taize-Nacht zum Ende des Paulus-Jahres in der Westminster Cathedral zu gehen. Dort durfte ich gemeinsam mit ein paar Leuten aus dem SPEC-Team die wunderbare Aufgabe übernehmen, Weihrauch und Kerzen vor den Altar zu bringen... ;) und gleichzeitig den neuen Erzbischof Vincent kennen lernen. Diesen habe ich auch eine Woche später noch einmal getroffen, als er uns Freiwillige bei unserem Jahres-Abschluss-Retreat (zur gemeinsamen Reflexion des Jahres) im SPEC Centre besucht hat und wir ihm dort Rede und Antwort stehen mussten. Ich sag schon immer, wir waren so wichtig, dass wir nicht den Erzbischof besuchen, sondern er zu uns kommt...
Dieser Retreat war noch mal eine gute Gelegenheit, mit unseren Freunden aus dem SPEC-Team ein paar schöne Tage zu verbringen, auch wenn man bei Retreats dazu nicht allzu viel Zeit hat, weil man oft irgendwelchen Pfarrern zuhören muss, oder sich für ein Stündchen in ein einsames Eckchen zum Beten verziehen soll.
Dann kam schon die Woche unserer letzten 9. Klasse Retreats. Nach einigen Problemen mit Schulen und anderen Gruppen, hatten wir immerhin zum Abschluss ein paar sehr liebe, nette und aufgeschlossene Mädchenklassen. Die Woche wurde für mich zu einer der besten im ganzen Jahr. Neben diesen begeisterten Gruppen, gab es nämlich - zumindest für mich - auch noch ein sehr spannendes Freizeitprogramm. Am Dienstag habe ich mich mit Corinna und deren Cousine aus Österreich in den strömenden Regen am Leicester-Square gewagt. Dort teilten wir ein nasses Schicksal mit vielen, vielen Fans und den Harry Potter Schauspielern, die sich keinen besseren Tag für die Premiere des neuen Harry Potter Filmes vorstellen konnten. Leider kamen wir erst, als sich Emma Watson (Hermine) auf den roten Teppich begab und da waren der Harry-Potter-Darsteller und einige andere schon längst vorbeigelaufen, aber wir hatten doch ziemlich großes Glück und konnten einen guten Blick auf ein paar weitere berühmte Persönlichkeiten werfen. Nachdem Ginny, Luna, Mr Weasley, Snape, Mr Filch, McGonnagall, Bellatrix und noch ein paar mehr an uns vorbeigezogen waren und sich die Regenwolken langsam verzogen, erwies uns auch J. K. Rowling für einen kurzen Augenblick die Ehre ihres Anblicks. Das war uns dann genug und wir haben uns wieder auf den Heimweg gemacht.
Am Donnerstag habe ich mir dann noch einen weiteren Traum erfüllt und bin mit Charissa zusammen ins "Billy Elliot"-Musical gegangen. In der ersten Viertelstunde waren wir zwar beide sehr enttäuscht, da wir den eigenartigen englischen Akzent der Schauspieler (ich würde auf irgendwas Nordengland-mäßiges tippen) rein gar nicht verstehen konnten, aber nach einer Weile hatten wir uns ein bisschen dran gewöhnt und es war auch so eine absolut fantastische Darbietung.
Unser nächstes Wochenende zählte vielleicht nicht gerade zu den schönsten im ganzen Jahr. Auf dem Plan stand nun das "Brightlights Festival", selbstverständlich ein christliches Festival mit verschiedenen Reden und Gebeten und Workshops. Es gab auch ein paar nette Bands am Abend. Unsere Organisation hatte uns extra noch ein kleines Zelt gekauft, damit wir dort auch übernachten konnten. Alles in allem kam für uns aber nicht so wirklich die Stimmung auf, aber wir mussten ja dableiben und zwischendurch immer mal wieder die Toiletten untersuchen.
Damit lag unser letztes gemeinsames Wochenende schon hinter uns und die zwei allerletzten Retreats vor uns. Das Besondere hier: wir durften mit year 6 arbeiten, also den Kleinen, die noch in der Grundschule sind. Es war so herrlich! Man glaubt gar nicht, wie klein die da noch sind, wenn man das ganze Jahr über nur mit den Größeren arbeitet. Diese zwei Tage haben uns allen total viel Spaß gemacht, vor allem Luke, der vorher nie mit Grundschülern gearbeitet hatte. Es war ein toller Abschluss nach so einer langen Zeit!
Am Mittwoch und Donnerstag wurde es sehr stressig. Aufräumen, aufräumen, aufräumen! hieß es von unseren Vorgesetzten, denn alles, was wir nicht aufräumen und sortieren und wegschmeißen, müssen sie dann machen. Zwischendurch hatten wir ein kleines bisschen Zeit zum Packen, aber nicht zu viel, denn unsere Abschiedsparty musste auch noch vorbereitet werden. Es gab wirklich keine Minute Ruhe und so hing auch unsere Stimmung ziemlich im Keller. Die Party wurde allerdings doch sehr angenehm, es waren ein paar verschiedene Leute geladen, die uns in diesem Jahr auf irgendeine Art und Weise begleitet hatten; so kamen zwei Freiwillige aus dem Vorjahrsteam und Freunde aus der Umgebung und natürlich welche aus SPEC und anderen Organisationen.
Die Nacht wurde jedoch sehr kurz, da wir uns kurz nach sieben Uhr zur Abfahrt treffen sollten. Unser Überraschungstag führte uns in den "Thorpe Park", einen großen Erlebnispark im Südwesten Londons (glaube ich zumindest...). Dort konnten wir uns nach Lust und Laune vergnügen und einen wunderschönen spaßigen letzten Tag gemeinsam verbringen. Obwohl wir alle sehr müde und geschafft waren, haben wir uns dann am Abend noch einmal zu einer kleinen Auswertungsrunde zusammengesetzt. Wir hatten in den letzten Wochen an einem Jahrbuch gearbeitet, zu dem jeder einen kleinen Beitrag geleistet hatte, und nun wurden die fertigen Exemplare ausgeteilt. Da wurden unsere Stimmungen vom ersten Monat in London wieder heraufbeschworen und die ein oder andere Anekdote noch einmal zum Besten gegeben. Zum Abschluss des Abends wurden "Goody Bags" verteilt, in denen man kleine Geschenke der anderen sechs Mitarbeiter finden konnte. Es war auf jeden Fall sehr traurig, aber noch konnten wir uns alle die Tränchen verkneifen.
Am Samstag wurde es dann ernst. Als erstes verließ uns Corinna, die sich schon kurz nach 7 Uhr aufmachen musste, ein paar Stunden später hat Luke auch Charissa und mich zum Bahnhof begleitet (ohne seine Hilfe, wären wir mit unseren drei schweren Koffer (also von uns beiden zusammen) und Rucksäcken nicht so einfach durch die Londoner U-Bahn gekommen).
Das wars dann. Tschüss, auf Wiedersehen (hoffentlich bald) und viel Glück in der Zukunft...
Für mich hieß das allerdings noch nicht: auf nach Hause. Nein, als erstes war ein Zwischenstopp in Reading geplant. Dort habe ich noch ein paar Tage bei meiner Patentante und ihrer Familie verbracht. Am Sonntag fand die Taufe ihrer zwei jüngsten Kinder statt und ich bin nun stolze Patentante der dreijährigen Yonina. Es war eine sehr schöne Feier in kleinem Rahmen, die für mich nur ein paar Sprachschwierigkeiten mit sich brachte, denn ich wusste nach einer Weile nicht mehr, mit welchen Gästen ich nun Deutsch und mit welchen ich Englisch reden muss... Da hatte ich dann des Öfteren einen Satz in der falschen Sprache angefangen wurde nur fragend angeschaut. Es war aber auch eine sehr gute Vorbereitung auf meine Heimreise. ;)
Da meine Koffer ja schon gepackt waren, ging es am Dienstag dann auch ganz schnell. Der Himmel weinte mir zum Abschied mit typisch englischem Regen hinterher - wobei ich aber hier noch einmal anmerken muss, dass das Wetter in London dieses Jahr für mich alles andere als "typisch englisch" war, so viel Sonnenschein und in Februar auch etwas Schnee!
Meine Rückreise ist sehr unkompliziert abgelaufen, was mich natürlich gefreut hat. Und ein paar Stunden später konnte ich in mein bequemes Bett sinken.
Als ich dann endlich einmal ausschlafen konnte - wie gesagt, dazu hatte ich in den letzten zwei oder mehr Wochen keine Zeit gefunden - musste ich leider mit einer Erkältung aufwachen. Auch wenn es glücklicherweise nicht die Schweinegrippe war, hat die Krankheit meine Pläne für die ersten Tage (Koffer auspacken, Freunde treffen...) gründlich durchkreuzt.
Nun ja, jetzt sind alle Sachen ausgepackt, mein Deutsch verbessert sich täglich und ich habe endlich Zeit gefunden, ein paar Freunde wieder zu sehen. Die nächsten Wochen werden sicherlich auch sehr stressig werden. Hoffentlich bleibt mir immer ein bisschen Zeit, um mich hier wieder richtig einzuleben, denn das wird nach so einer langen Abwesenheit sicherlich ein Weilchen dauern.
Ein wichtiges und aufregendes Jahr ist zu Ende gegangen. Ich habe viele neue Dinge gelernt und wunderbare Erfahrungen gemacht. Aber jedes Ende ist auch ein neuer Anfang. Also darf ich jetzt gespannt auf den nächsten Lebensabschnitt blicken.