Auf dem Weg zu mehr Orientierung
In einer Orientierungswoche erfährt kruenkernchen alles über die Besonderheiten Ghanas. Sie erlernt Begrüßungsrituale, bekommt einen neuen Namen und Tipps gegen die nervenden Moskitos.
19. August 2007
Plötzlich werde ich durch das schieben der Tür wach. Es ist wieder mal zu früh, um 5:33 Uhr. Ich beschließe, da eigentlich ein „morning warm-up“ um sechs Uhr sein soll, die Haare zu waschen und dann schnell wieder unters Moskitonetz zu schlüpfen, um auf den allgemeinen Aufbruch zu warten.
Wo ich bin? Im Volu-Trainigscentre in Koridabe. Orientierungswoche. Die Anfahrt
Hierhin hat uns gestern Morgen Kojo gebracht. Nachdem wir uns im Zimmer noch über die Geräusche der Nacht und die Mitbringsel für die Hostfamilien ausgetauscht haben, klopfte er an der Tür und wir haben uns in einen Toyota-Minibus geworfen. Anschließend wurden noch William und Joseph, ebenfalls von unserer Gastorganisation Icye Ghana, eingesammelt und dann ging’s entlang der riesigen Wälder auf der Schnellstraße vorwärts ins Ungewisse. Rechts und links der Straße, wieder die kleinen Hütten, Verkaufsstände und Frauen mit riesigem Feuerholz und Gepäck auf dem Kopf. Nach einer Stunde und nachdem wir von den großen Straßen weg sind, wird der Weg holpriger und verwandelt sich dann zu einem der typisch afrikanischen, roten Sandwege. Noch ein Weilchen später, landen wir dann im Camp.
Im Camp
Dort kommt Ursula aus der Schweiz auf uns zu und begrüßt uns. Die bereits gestern angekommenen Volunteers kommen von der Wasserstelle und reihum geht die Begrüßung los: Jonas aus Schweden, Tamara ebenfalls aus der Schweiz und Emila aus Finnland. Eine runde Truppe aus Nordeuropa auf dem Entdeckungspfad in die ghanaische Kultur.
Nach einem Frühstück und der kurzen Begrüßung durch den Leiter William, machen wir uns erstmal zum Auspacken in eins der Doppelstockbettenzimmer auf. Die Moskitonetze werden angebracht und dann geht es auch schon los zu unserem ersten, traditionell von einer ghanaischen Freiwilligen gekochten, ghanaischen Essen. Es ist also scharf und es wird mit den Fingern gegessen. Nachdem wir den Nachmittag mit dem Austausch der kulturellen Erwartungen verbringen, folgt der erste afrikanische Stromausfall. Da es im Norden recht wenig geregnet hat, kann der Akosombo Staudamm nicht auf Hochtouren arbeiten. Also wird der Strom abgestellt. Nachdem wir das super Essen gegessen haben und der Strom wieder da ist, machen wir uns zu unserem Begrüßungsdrink in das Dorf auf. Es ist bereits dunkel. Darum fallen wir nicht allzu sehr auf. In einem Spot, den Bars Ghanas, wird so laut Musik gespielt, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Darum schließen wir uns einfach dem Tanzen der anderen an. Aber nach dem doch recht heftigen Start am Morgen, machen wir uns nach zwei Stunden wieder in das Camp auf.
Hier also bin ich. Und nachdem ich wieder wach werde, merke ich, dass es wohl doch kein „warm-up“ gab. Stattdessen gibt es jetzt Tee und Instantkaffee mit schwammartigen Brötchen. Wir lauschen im Radio einer enthusiastischen Sonntagsrede eines Pastors über Samson und das Alleinsein in erfolglosen Zeiten. Gott wäre da der einzige Trost! Es folgt das erste unweigerlich auftauchende Gespräch mit einem ehemaligen Volunteer über Ghana und Gott. Ein Kirchenbesuch, so Kuuku, ließe sich wohl gar nicht verhindern. Selbst wenn der Gottesdienst auf Twi ist, einmal musste man wohl hin...
Als erste Einheit des Tages stellt sich unser Sprachlehrer Samson vor, um uns in die wichtigen Rituale der Begrüßung einzuweihen. Die Vokabeln dazu liefert er uns mit jeder Menge Maakye und wo ho te sen? Anschließend kommt der offizielle Chairman von Icye und heißt uns noch mal in Ghana willkommen. Er scheint ehrlich und positiv überrascht, dass bei allen das Gepäck angekommen ist, denn das wäre in all den Jahren wohl das erste Mal!
Ein neuer Name
Nach einigem hin- und her fängt dann unsere ghanaische Namensgebungszeremonie an. Dem Wochentag der Geburt entsprechend, werden Namen verteilt. Meiner (als Freitagsgeborene) lautet: „afua adwubi ketewa“. Jeder muss noch einen kräftigen Schuss Gin und Wasser trinken, auf dass er mit diesem Namen immer nur die reine Wahrheit sagt. Dann kommt der nächste Programmpunkt hinterher gerauscht. „Sister nurse love“, eine Krankenschwester aus Accra, gibt uns die lang ersehnte Aufklärung über Malaria aus erster Hand. Die Vorsorge wird noch mal aufgerollt und sie gibt uns einige gute und Kosten sparende Tipps gegen die kleinen Moskitobiester. Danach geht die kulinarische, ghanaische Entdeckung mit DEM Gericht überhaupt weiter: fufu und stew.
In der Mittagspause spielen Jonas, Tamara, Malte und Emila lautstark Rummikub, dem ich nur auf dem Boden dösend folge. Nach einer kurzen Einheit zum Thema kulturelle Eigenheiten, wie Drogen und Religion, spielen wir ein Gedankenspiel, dass uns verdeutlichen soll, welche unterschiedlichen Wertesysteme jeder Mensch vertritt. Pünktlich zum Abendessen, kommt dann auch wieder ein Stromausfall und wir essen im Schein der Solarlampe unsere Süßkartoffeln.
Mit jedem Tag steigt die Vorfreude auf das, was uns danach erwarten wird. Die Projekte und die Familien und Unterbringungen. Aber darauf müssen wir noch eine Woche warten...