Así es la vida
Claudis Zeit als Europäische Freiwillige ist vorbei, doch sie will in Spanien bleiben. Kurzerhand suchte sie sich einen Job in Madrid: „Ich bin sehr glücklich und entdecke mein Leben und das, was ich sein will.“
Und so sind auch sie verflogen: Die anfangs unüberschaubaren, ein bisschen Angst machenden elf Monate. Sie haben sich irgendwann auf ein paar Wochen, dann Tage und schließlich einen letzten Abend reduziert. Jetzt ist das alles schon Geschichte - meine Geschichte.
C'est la vie... oder wie ein mir sehr gut bekannter Schwede sagen würde: ¡Así es la vida!:)
Als ich frisch in Spanien ankam, erschien mir alles unglaublich merkwürdig. Es gab nur eine Frage in meinem Kopf: „Was zum Teufel mache ich nur hier?". Dann habe ich meine Mitbewohner kennen gelernt, mich ein wenig der spanischen Sprache genähert und mir meine Umgebung angeschaut.
Nach einer Woche beim ersten Discobesuch in der neuen Heimat habe ich fast durch Zufall in die wunderschönen braunen Augen einen Spaniers geschaut und mich von ihm und all den anderen Neuigkeiten verzaubern lassen. Ich war in Altea, Benidorm, Denia, Màlaga, Granada, Barcelona, Còrdoba, Sevilla, Cadiz, Gibraltar und und und... Madrid hat mich allerdings viel öfter gesehen als alle anderen Städte - hier wohnt mein Traumprinz mit den schönen braunen Augen.
Der Winter in Calpe war größtenteils fade und bedrückend und irgendwann im Januar hatte ich das Gefühl, hier schon alles gesehen zu haben und wollte nur noch weg. Das hat sich dann gegeben, als ich mich erneut für die wirkliche Schönheit des Ortes, der Menschen und vor allem der Freiwilligenerfahrung geöffnet habe. Mit dem Frühling kam der Spaß zurück und wir haben die bleibenden Monate in vollen Zügen genossen; so sehr, dass ich mir nicht mal Zeit genommen habe, hier weiter zu schreiben. Ich denke einfach, man muss die Erfahrungen machen, anstatt Gelegenheiten zu verpassen, weil man vorm Computer sitzt.
Irgendwann konnten wir dann auch endlich wieder an den Strand gehen und von da an gab es für mich sowieso keine ruhige Minute mehr. Zwischen Arbeit, Uni suchen, mit meinen Eltern eine Südspanienrundreise machen, die letzten Monate genießen und den Besuchen in Madrid war nicht mal genug Zeit für meine erträumten acht Stunden Schlaf.
Dann habe ich angefangen, Arbeit zu suchen. Denn für mich stand fest, dass ich noch nicht Mitte Juni nach Deutschland zurück möchte und ich wollte mal schauen, was so alles aus einer Distanzbeziehung werden kann. Also hieß die Alternative Madrid.
Ich liebe diese Stadt. Ich fand sie schon als ich sie im September vergangenen Jahres zum ersten Mal entdeckte einfach Wundervoll. Es ist ein ganz eigener Stil, eine Mischung aus europäischer Großstadt und Spanien, den Menschen, die die Küste und die Siesta so lieben und der wirtschaftlichen Funktionalität, die für uns heute unabdingbar ist. Madrid ist grün und lückenlos bebaut, draußen 43 Grad Celsius, drinnen 13 Grad - Klimaanlage; die Menschen so spanisch und doch so viele Nationalitäten...
Hier kommen viele Aspekte zusammen, die mich begeistern, und schon als ich noch viel kleiner war, wollte ich irgendwann einmal vom Wald in die Großstadt ziehen - um zu sehen, was passiert. Ich genieße es, unterzutauchen, nur das zu tun, was mir in den Sinn kommt und am Sonntagabend um elf Uhr nochmal schnell einkaufen zu gehen.
Also habe ich mich vor ungefähr zwei Monaten auf die Socken gemacht und rund 300 Lebensläufe per Hand verteilt, mindestens genauso viele per E-Mail verschickt. Dann hatte ich mein erstes Vorstellungsgespräch überhaupt - auf Spanisch - und irgendwann hat man mich dann auch genommen.
Ich hatte noch eine Menge Urlaub übrig, also habe ich schonmal geschaut, wie das hier alles so läuft, aber an unserem letzten Wochenende in Calpe konnte ich natürlich nicht fehlen. Jetzt gibt es eine neue Disco, in der sie (fast) genau meine Musik spielen und wir haben Spezial-Rabatt bei den Kellnern. Ich kann nicht einmal zum Strand hinunter gehen, ohne jemanden zu treffen, den ich kenne. Es hat gedauert, aber am Ende ist es unser Calpe geworden.
Umso schwieriger war der Abschied. Unser Platz am Strand, die Bar der Fussbal-WM, der Peñon, das Meer, der Mercadona...
…und meine Mitbewohner.
Mario ist wieder zurück nach Deutschland und wird dort irgendeine gemeinnützige Arbeit leisten, bis er alle Punkte für die Uni hat. Markus, mein "Lieblingsschwede", ist zu seiner Freundin nach Galizien und irgendwann wird er dann weiter studieren. Giorgos ist nach Altea gezogen und arbeitet nach wie vor in unserem Altenheim, um dann im Januar in Barcelona einen Master zu machen. Sikelia hat schon ihre Wohnung in Valencia, besucht noch einmal kurz ihre Lieben und dann gehen Arbeitsalltag und Fernstudium los. Nathalie ist auf nach Belgien, um irgendeinen hohen Wirtschaftsposten zu bekleiden. Lorena arbeitet in einer Bar in Calpe, am anderen Strand und wird erstmal bleiben und sehen, was so aus ihrem Leben wird. Francesca ist auch nach Madrid gekommen und arbeitet jetzt für IBM.
Und die kleine Claudi sitzt gerade hinter dem Tresen der Rezeption des Vier-Sterne-Hotels "Suit Prado" und checkt die letzten Gäste ein.
Im Grunde genommen fühle ich mich jetzt gerade wie im letzten Jahr. Ich weiß so in etwa, was mit mir passieren wird, habe aber unglaublich Angst davor... meine Vorstellung ist grau und ich möchte das, was ich schon habe und kenne, einfach nicht loslassen. Wenn ich an den Herbst in Deutschland denke, habe ich nur einen Gedanken im Kopf: „Was zum Teufel mache ich da denn nur?"
Jetzt weiß ich allerdings, dass das zwar normal ist, mir aber nicht ausreicht. Und ich bin ja noch sooo jung! ;)
Ich freue mich schon auf alles, was ich noch erleben werde, auf die Türen, die sich öffnen und schließen werden, die Menschen, die meinen Weg begleiten, die Träume, die ich träumen werde.
Ich bin sehr glücklich und entdecke mein Leben und das, was ich sein will.
Gerade habe ich den Artikel eines Mädchens gelesen, die jetzt ins Ausland gehen wird und denke „so lange ist das doch gar nicht her. War das nicht erst gestern?" Und vor allem beneide ich sie. Aber es gibt ja noch so viele andere Optionen (einen ganz großen Kuss für meine Mami, das mit Australien ist noch nicht vergessen :))
Mal sehen, wohin der Wind mich trägt.
!A la aventura!
Hasta luego, Eure Claudi