Ankunft in Breslau/Wroclaw
Ankunft
Nun war es soweit. Nach unendlichen Zeiten des davon sprechens und darüber nachdenkens, sollte es am 03.09.2017 für mich nach Breslau gehen. Endlich konnte das Abenteuer beginnen; eine neue Sprache lernen, eine neue Kultur, neue Freunde finden, viel reisen... Allerdings war ich auch nervös. Morgens war mir so übel vor Aufregung, dass ich kaum etwas essen konnte. Meine Mutter, mein kleiner Bruder, mein geliebter Freund und meine sehr gute Freundin brachten mich zum Bahnhof. Der Zug hatte 10 Minuten Verspätung, was das Warten noch unerträglicher machte. Der Abschied war hart, ich habe geweint, auch noch als ich in der Bahn saß und meine Lieben schon weit weg waren. Ein Mann sagte so etwas wie: "Poko, poko!" Vermutlich wollte er mich beruhigen.
Die Bahnfahrt dauerte nur eine Stunde und zehn Minuten. Ich hatte Angst, dass ich mir niemand hilft, meinen schweren Koffer aus dem Zug zu heben. Doch dann sah ich wieder den freundilchen Mann und als ich ihn "Tak" (auf Polnisch: "ja") sagen hörte, sprach ich ihn erfreut auf Polnisch an. Wir redeten kurz über mein Jahr (mit gebrochenem Polnisch und mithilfe der Übersetzung seiner Tochter) und er erklärte sich bereit, mir zu helfen. So erreichte ich sicher und mit all meinem Gepäck den Bahnsteig. Meine Hauptsorge war nun, dass der Busfahrer in Berlin meine Reisetasche und meinen unendlich schweren Koffer nicht akzeptierte. Schüchtern trat ich an den Bus heran und fragte, ob es der richtige sei. Der Busfahrer bejahte und nahm mein Gepäck an, ohne zu murren. Erleichtert ließ ich mich im Bus auf meinen reservierten Platz nieder und steckte meine Kopfhörer zurück in meine Ohren. Diese Dinger haben mich vor einem unendlich Heulkrampf bewahrt und mich wieder aufgeheitert. Ein Hoch auf die Musik!
Die Busfahrt velief ohne Probleme. Ich hatte einen angenehmen Sitznachbarn, der ruhig ein Buch las. Um 16:00 erreichten wir pünktlich Breslau. Beim Aussteigen wurde mir dann mein Glück bewusst. Ein anderer Mann lud nämlich das Gepäck aus und ermahnte mich, man dürfte nur ein Gepäckstück und kein schwereres als 20 Kilo mitnehmen. Meins wog locker 30 Kilo. Da habe ich wohl Schwein gehabt! :D
Nach kurzer Wartezeit stand dann eine fröhliche, blondgelockte Frau vor mir und fragte: "Leonie?" Sie umarmte mich sofort herzlich und bat mir direkt das "Du" an. Dann sah ich auch meinen Freiwilligen-Kollegen Mattis wieder und ich war froh ihn zu sehen. Es ist gut jemanden zu haben, der das Gleiche durchmacht wie man selbst.
Wir fuhren mit dem Taxi zu meiner Aufnahmestelle. Sie besteht aus einer evangelischen Kirche mit einem Tageszentrum, also zahlreichen Seminarräumen und einem Hotel. Hier exisitiert auch eine Freiwilligenwohnung in der dritten Etage. Maryna zeigte uns die sehr moderne Wohnung, die aus einem Aufenthaltsraum mit Sofas, einem Abstellraum, einer großen Küche inklusive Waschmaschine und zwei Wohnblocks sowie einem Einzelzimmer besteht. Mattis und ich leben in einem Block und teilen uns ein Badezimmer. Mein Zimmer ist schön eingerichtet mit Möbeln aus hellem Holz. Ich habe ein Regal, eine Kommode, einen Schreibtisch, einen kleinen Schrank und ein Bett. Außerdem hängt ein Bilderrahmen an meiner Wand, den ich schon am ersten Abend mit Fotos gefüllt habe. Das Zimmer wirkt relativ groß, aber leider ist es nicht sehr hell, da sich nur ein kleines Fenster in der unteren rechten Ecke befindet. Mein Blick aus dem Fenster beinhaltet leider nur andere Häuserwände, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Die Wohnung ist echt super.
Nach einer kurzen Einführung in unser neues Heim ließ uns Maryna auch schon allein und Mattis und ich begaben uns auf den Weg, um etwas zu Essen zu finden. In die Stadt brauchten wir nur zwei Minuten zu Fuß und nach einer kurzen Suche fanden wir auch den "Kantor", wo wir unsere Euro in die polnische Währung Zloty umtauschen konnten. Dank "Google Maps" fanden wir dann auch das Pierogania-Restaurant, welches uns Maryna empfohlen hatte. Es war sehr voll und nur durch Glück bekamen wir einen Platz draußen mit einem wunderschönen Blick auf das Rathaus. Da wir beide starben vor Hunger, entschieden wir uns schnell für eine Sorte und bestellten alles auf Polnisch. Als dann auch noch alles mit der Bezahlung klappte und wir unser erstes Trinkgeld gaben, waren wir unheimlich stolz auf uns. Man hatte unser "Duolingo-Polnisch" verstanden. Diese App ist einfach der Hammer.
Mein erster Eindruck von der Altstadt war mehr als begeistert. So farbenfroh, verziert und detailreich mit einem schönen und modernen Springbrunnen. Kirchen gibt es hier wie Sand am Meer, es gibt viele Restaurants und Cafés und Mattis setzte mich darüber in Kenntnis, dass Breslau mehr als 100 Brücken hat und es deshalb auch das zweite Venedig genannt wird.
Zurück in meinem neuen Heim richtete ich mein Zimmer ein. Ich öffnete meinen viel zu vollen Koffer und stellte fest, dass ich seeehr viel mitgenommen hatte. Vielleicht hätte ich doch eine Packliste schreiben sollen...
An diesem Abend schrieb ich noch mit meiner Familie und meinen Freunden. Als ich im Bett lag durchflutete mich eine Art innerer Frieden. Ich hatte mit Gott abgemacht, dass ich diesen Dienst für ihn, für die Menschen und auch für mich tun werde und er wird mir die Kraft dafür geben. Welche Herausforderungen auch immer auf mich warten werden, ich bin nicht allein. Mit dieser Erkenntnis schlief ich ruhig und glücklich ein.
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