Aller Anfang ist schwer
Paweł, der neue Mitarbeiter hat seine erste ganze Arbeitswoche heil überstanden und wir haben uns alle ein bisschen aneinander gewöhnen können. Danke Sprachtest, internationalem Frauentag und meinem Ausflug nach Częstochowa war auch bei mir diese Woche etwas los.
Nach eineinhalb Wochen in ALF hat sich Paweł, der Neue, etwas eingewöhnt und die Arbeit in ALF klappt inzwischen wieder ziemlich reibungslos. Paweł ist sehr nett, höflich und bemüht, auch wenn ihm Basteln und Zeichnen entschieden mehr liegen als Computer und Fußball und er es daher mit den Jungs etwas schwerer hat. Trotzdem haben ihn die Kinder inzwischen als den "neuen Pan Michał" akzeptiert und wir arbeiten gut zusammen.
Was mich dagegen immer noch etwas unter Druck setzt, ist die relativ häufige Anwesenheit Pan Andrzejs, der in der Regel aus heiterem Himmel aufkreuzt und dann auf der Stelle erwartet, dass alle für ihn springen, wie er es gerade gerne hätte.
So hatten wir am Mittwoch eine Teambesprechung, um den nächsten Monat zu planen (die erste dieser Art, die ich in ALF erleben durfte). Diese wurde aber auf schnellem und schwer verständlichen Polnisch abgehalten, sodass ich Teile verstanden habe und Eloise gar nichts. Wenn ich dann die verstandenen Teile für Eloise übersetzen wollte, hat mich Andrzej sehr direkt dazu aufgefordert, still zu sein und wollte mich auch nicht aufstehen lassen, um den verbrennenden Käsekuchen aus dem Ofen zu retten. Außerdem hat er sich während der gesamten Teambesprechung, in der der internationale Frauen- und Männertag, sowie der Frühlingsanfang in ALF geplant wurde, praktisch nur an Paweł gewandt und meine Vorschläge völlig ignoriert oder abgewiegelt. Stattdessen hat er lieber Witzchen auf meine Kosten gerissen, die ich nicht verstanden habe und die er mir auch nicht noch einmal erklären wollte. Dass das ganze eine eher frustrierende Angelegenheit für uns dargestellt hat, ist wohl selbstredend.
Nichtsdestotrotz fühle ich mich weiterhin sehr wohl in ALF und gehe gerne zur Arbeit, meistens ist Andrzej ja nicht da.
Am Freitag haben wir zum Beispiel zusammen der internationalen Frauentag gefeiert, ich habe Herz-Kekse gebacken und die Jungs mussten Origami-Tulpen für die Mädchen falten. Da hängen die Klischees eben doch noch etwas fester in den Köpfen als das bei uns meistens der Fall ist. Auch in der Stadt sind mir derartig viele Blumenverkäufer und Frauen mit Blumen in den Händen über den Weg gelaufen, dass ich richtig Frühlingsgefühle bekommen habe. Vor allem, als ich dann auf unserem Küchentisch vier Tulpen für die vier Mädels in der WG gefunden habe - von Giandomenico, dem einzigen nichtpolnischen Mann in der WG:)
Am Donnerstag habe ich schließlich auch den Orientierungssprachtest zum Polnischkurs an der Uni, für den STRIM jetzt auf wundersame Weise doch Geld hat, gemacht. Ich bin gespannt auf das Ergebnis, das wir ab Donnerstag einsehen können und das als Grundlage für die Einteilung in verschieden fortgeschrittene Kurse dient.
Gestern war ich zusammen mit Esme in Częstochowa, einer Stadt ca. zwei Stunden nördlich von Kraków, die bekannt ist für das Kloster "Jasna Góra", in dem die berühmte Ikone der schwarzen Madonna aufbewahrt ist. Diese wertvolle Ikone ist so etwas wie ein polnisches Nationalheiligtum und von daher Ziel von enormen Massen an Pilgern. Das Kloster hat Esme und mir sehr gut gefallen, der übliche eher stark ausgeprägte polnische Katholizismus hat natürlich auch nicht gefehlt. Wir waren allerdings erstaunt über die großen Mengen an Jugendlichen, die wir auf dem Klostergelände getroffen haben.
Der Rest von Częstochowa ist leider weniger berühmt und eher ziemlich heruntergekommen und ausgestorben. So haben wir am Samstagnachmittag keinen offenen Klamottenladen in der Fußgängerzone finden können, um noch etwas Zeit bis zu Rückfahrt totzuschlagen, und haben schließlich in einem Döner Kebab am Bahnhof einen Kaffee getrunken, weil wir nach 30 Minuten Suche immer noch kein Café gefunden hatten. Wir hatten aber insgesamt einen schönen gemeinsamen Ausflug und haben ein weiteres Stück polnischer Kultur kennen gelernt.
Am Montag ist nach dem Frauentag dann Männertag, zu dessen Anlass ich in ALF einen Kuchen in Autoform backen will. Außerdem planen wir mangels schönen Wetters (es soll wieder schneien und Temperaturen bis -10°C geben) ein kleines Sportturnier für drinnen. Ich bin gespannt, ob den Jungs ihr Tag gefällt:)
Viele herzenswarme Grüße aus dem leider wieder schmuddelig-kalten Kraków,
Kora