"Alle warten auf das Licht"
Vorweihnachtstimmung, ein Tag in Paris und mehr über meine Arbeit.
In gut zwei Wochen ist Weihnachten, das macht sich auch hier in Frankreich bemerkbar. In dem riesigen Supermarkt gibt es jetzt eine ganze Abteilung mit allen erdenklichen Pralinen, Schokoladen, Weihnachtsmännern und tausend anderen Weihnachtslebensmitteln und in Laval war vor zwei Wochen die Einweihung der Weihnachtsbeleuchtung, für die Laval wohl irgendwie bekannt ist, zumindest in Frankreich. Dementsprechend voll war die Stadt am Abend, als die „Illumination“ nach einem wunderschönen Feuerwerk endlich angemacht wurde. Die Weihnachtsbeleuchtung ist übrigens echt sehr schön und ziemlich aufwendig, so wird zum Beispiel das Rathaus bunt angeleuchtet und auf dem Fluss, der Mayenne, treiben große leuchtende Kugeln mit Weihnachtsmotiven drin.
Mit meiner Arbeit bin ich weiterhin sehr zufrieden. Es ist zwar oft sehr anstrengend aber wenigstens kann ich nicht über Langeweile klagen, wie das ja leider bei manchen anderen Freiwilligen ist. Ich habe jetzt meine festen Aufgaben und Abläufe, trotzdem gibt es fast jeden Tag etwas außerplanmäßiges, so wird es nie langweilig und ich habe die Möglichkeit immer Neues auszuprobieren und kennenzulernen. Morgens beginne ich meist um halb zehn, was ich nach 13 Jahren Schule um 8 sehr angenehm finde:) Vormittags bin ich dann in der Pause oft an dem kleinen Kiosk um den Schülern Kaffee, Orangensaft und Brötchen oder Croissants zu verkaufen. Danach helfe ich entweder Nelly beim Putzen oder Florence im Büro oder Christophe in der Küche und danach beim Mittagessen für die Schüler. Die bekommen übrigens immer zwischen Hauptspeise und Nachtisch einen Käseteller mit verschiedenen kleinen eingepackten Käsen – das muss wohl so sein in Frankreich. Außerdem ist mir aufgefallen, dass hier, wie ich finde, alle ziemlich langsam essen. Überhaupt nimmt man es hier mit der Zeit nicht so genau. So sitzen die Lehrer zum Beispiel oft zehn Minuten nach Unterrichtsbeginn immer noch im Lehrerzimmer und plaudern bei Kaffee und Madeleines. Deswegen ist die Klingel hier wohl auch nicht automatisch, sondern wird nach jeder Pause von Hand bedient; wär ja auch viel zu stressig, wenn die Klingel entscheiden würde, wann die Pause um ist...
Nach dem Mittagessen bin ich meistens bis zum Pausenende, so etwa eine Stunde, im CDI (Centre de Documentation et d'Information). Das klingt zwar sehr bedeutsam ist aber im Grunde nur ein Raum mit vielen Büchern und Zeitungen, in dem die Schüler lesen und den Computer benutzen können. Meine Aufgabe besteht dabei darin, zu verhindern, dass zu viele Schüler auf einmal reinkommen und dass die, die drin sind nicht reden und Quatsch machen, anstatt zu lesen. Dass klappt eigentlich meistens ganz gut, aber wenn es zum Beispiel regnet oder zu kalt draußen ist, wollen viele Schüler in den CDI und ich muss dann schauen, dass die sich abwechseln und nicht die ganze Zeit die selben Schüler da sind. Meine Aufgabe ist es auch, alle neuen Zeitungen, die per Post kommen, im Computer zu registrieren und regelmäßig die alten Zeitungen in Ordner auszusortieren. Dafür habe ich sogar freundlicher Weise einen eigenen Schreibtisch mit Laptop im Lehrerzimmer bekommen.
Da die Schüler an der MFR ja auf einen Beruf vorbereitet werden sollen, werden häufig besuche in Unternehmen oder Einrichtungen gemacht, damit die Schüler den jeweiligen Arbeitsalltag ein bisschen kennen lernen können. Bei manchen Besichtigungen, die mich interessieren, gehe ich mit, manchmal mach ich aber auch nur den Chauffeur, und fahr die Schüler hin und hol sie nachher wieder ab. Wir waren zum Beispiel schon in einer Ecole Maternelle (eine Art Mischung aus Kindergarten und Vorschule, in die hier fast alle Kinder gehen), bei der Feuerwehr und natürlich auf diversen Bauernhöfen, da ein guter Teil der Schüler hier eine Ausbildung im Landwirtschaftlichen Bereich macht.
Nachmittags habe ich drei Stunden Pause und arbeite dann ab halb sieben wieder. Nach dem Abendessen bin ich mit den Schülern, die Putzdienst haben beim Abwasch und muss dafür sorgen, dass sie sich nicht gegenseitig mit Schaum bewerfen und die Küche unter Wasser setzen. Das klappt unterschiedlich gut. Manchmal habe ich eine sehr brave Gruppe, die schnell und gut den Abwasch macht, manchmal habe ich dermaßen unmotivierte Schüler, die ewig darüber jammern, wie ekelig der Lappen ist oder sich, wie gesagt mit Schaum bewerfen bis einer heult, hatte ich auch schon.
Nach dem Abwasch beginnt dann das Abendprogramm, was immer aus unterschiedlichen Aktivitäten besteht. Manchmal spielen wir einfach Tischtennis, schauen einen Film oder die Schüler können in den Salle d'Informatique an die Computer, manchmal gibt es aber auch Ausflüge, wie zum Beispiel Bowling oder Eislaufen. Abends sind immer zwei Lehrer plus Olivier, dem Animateur, der auch die Nacht über da bleibt, und ich da. Gegen halb zehn gehen die Schüler dann ins Bett und ich kann meistens so gegen viertel vor zehn das Licht in den Zimmern ausmachen. Manchmal dauert es aber auch erheblich länger, vor allem wenn die jüngere Gruppe der Schüler gerade da ist.
Letzten Dienstag bin ich zu einem unverhofften Tagesausflug nach Paris gekommen. Jean-Paul, der Directeur der Schule hatte dort den ganzen Tag ein Treffen und so konnte ich mir ein wenig die Stadt anschauen. Mittags hatte ich dann ein kurzes Gespräch mit einer Frau von der Zeitung der gesamten MFRs in Frankreich. In der nächste Ausgabe wollte sie einen Artikel über Freiwillige an Schule schreiben und wollte mir dafür ein paar Fragen stellen, um zum Beispiel auch die Motive und Erfahrungen eines Freiwilligen in den Artikel mit rein zu schreiben. Das wird dann also mein zweiter Zeitungsartikel innerhalb von drei Monaten:)
Ach noch zum Titel: hier an der Schule wird kein Deutsch unterrichtet, manche Schüler hatten früher aber mal ein paar Jahre Deutsch. Bei den Meisten ist das schon länger her und sie erinnern sich nur noch an „Danke“ und „Guten Tag“, wenn überhaupt. Letztens kam aber ein Schüler, Hugo, zu mir und meinte, er könnte noch einen Satz aus einem Lied, wüsste aber nicht mehr, was der heißt: „Alle warten auf das Licht“. Ist doch irgendwie schön, wenn wenigstens ein zwei Sätze auf Deutsch hängen bleiben, und außerdem passt dieser hier zu Weihnachten, darum ist er mein Titel geworden:)
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