2.Lockdown und der 11.November in Frankreich
Der 11.November in Frankreich während des 2. Lockdowns
Zwar liegt der Beginn des 2. Lockdowns schon eine Weile zurück, doch auch noch heute beeinflusst er meinen Alltag als Freiwillige. Da ich in einer Schule arbeite, kann ich Gott sei Dank noch arbeiten gehen. Dennoch gibt es viele Einschränkungen, zu Beginn der Lockdown-Phase durften wir zum Spazieren gehen nur eine Stunde raus und uns auch nur einen Kilometer von unserer Wohnung entfernen. Das war ziemlich deprimierend. Schließlich schränkt es die individuelle Bewegungsfreiheit etwa beim Joggen sehr ein. Gleich am ersten Tag nachdem Macron die (partielle) Ausgangssperre verkündet hatte, bekam ich vom Schuldirektor einen Zettel auf dem steht, dass ich am MFR arbeite und somit für die Arbeit auch vor die Tür darf. Zusätzlich habe ich einen Link und mehrere Vordrucke bekommen, auf denen ausgefüllt werden muss, warum ich rausgehe. Und zwar jedes Mal. Ob zum Einkaufen, Spazieren gehen oder um einer anderen Person, zum Beispiel einem älteren Menschen, zu helfen. Daran habe ich mich mittlerweile aber gewöhnt und seit dem 25. November wurde das Ganze auf 20 Kilometer und drei Stunden täglich erweitert. Was die Sache deutlich erleichtert.
Während des Lockdowns durfte ich dennoch ausnahmsweise einen Lehrer zur Gedenkzeremonie am 11. November begleiten. Während in Deutschland am 11.November normalerweise die Menschen auf die Straße gehen, um den Beginn des Karnevals zu feiern, wird in Frankreich der gefallenen Soldaten und dem Ende des 1.Weltkriegs gedacht. Mich überraschte sehr, dass offenbar in Frankreich der 1. Weltkrieg deutlich bedeutsamer wahrgenommen wird als der 2. Weltkrieg. Er nimmt in den Köpfen der Menschen deutlich mehr Platz ein als in Deutschland. Er wird hier auch oft der „Grand Guerre“, der große Krieg, genannt. Bei uns ist ja eher das Gegenteil der Fall. Der 2.Weltkrieg nimmt so viel Platz ein, dass an den ersten nur noch wenig gedacht wird und der eher als Mitursache für den 2.Weltkrieg wahrgenommen wird.
Doch in Frankreich ist das anders, denn der 1.Weltkrieg forderte bei den Franzosen deutlich mehr Opfer als der 2. Weltkrieg. Und auch das Land selbst wurde im 1.Weltkrieg schwerst verwüstet, sodass die Menschen nach dem Waffenstillstand in eine wahren Glückstaumel fielen. Schon ein Jahr später, 1919, wurde das erste Mal eine Schweigeminute zum Gedenken an diesen Tag gehalten. Dank der Einladung des Geschichtslehrers Luc, durfte ich die Gedenkveranstaltung in Loudeac selbst mitterleben.
In Paris wird an diesem Tag üblicherweise ein Kranz vor der Statue des ehemaligen Ministerpräsidenten Georges Clemenceau niedergelegt, der in Frankreich als eine Art Vater des Sieges gefeiert wird. Gegen Ende des 1.Weltkriegs verhandelte er mit Deutschland um den Waffenstillstand. Nach dieser Kranzniederlegung fährt der Präsident zum Arc de Triomphe, um einen unbekannter Soldaten zu ehren, der dort begraben liegt. Damit wird aller Soldaten gedacht, die im 1.Weltkrieg gefallen sind auch jener, die keine hohen Titel oder Namen trugen und ganz normale Bürger waren, die für ihr Land kämpften und dabei ihr Leben verloren. Auch ohne beim Festakt in Paris dabei gewesen zu sein, habe ich ein Gefühl dafür bekommen, wie wichtig den Franzosen der 11.November ist.
In Loudeac und mit Corona, fiel das ganze natürlich deutlich kleiner aus. Man traf sich an dem Denkmal des 1.Weltkriegs und der Bürgermeister hielt eine kleine Rede, um der toten Soldaten zu gedenken. Danach wurde der obligatorische Kranz niedergelegt und eine Schweigeminute abgehalten. Anschließend ging es noch auf den nahegelegenen Friedhof, um dort die Gräber von Soldaten des 1. Weltkriegs zu besuchen. Insgesamt habe ich an diesem Tag sehr viel gelernt und finde es wirklich spannend, wie unterschiedlich Ansichten und Gedanken an bestimmte historische Ereignisse sein können.
Im nächsten November werde ich nun nicht mehr nur an den Karneval sondern auch an Frankreich und den 1.Weltkrieg denken.
Quelle:
wolfparisblog: Der 11. November, Ein Französischer Feiertag im Wandel. https://paris-blog.org/2016/10/01/der-11-november-ein-franzoesischer-feiertag-im-wandel/
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