17. Oktober, der Internationale Tag für die Beseitigung der Armut
Ein Bericht über den Internationalen Tag für die Beseitigung der Amut im Allgemeinen und über die seit genau einem Jahr vergangenen Veranstaltungen und Demonstrationen in der belgischen Stadt Namur
Ein schallendes Lachen dröhnt über den Parkplatz der BNP Paribas Fortis, einer belgischen Bank. Danach folgt die Frage „Was ist das Wichtigste auf der Welt? “, worauf die aufgeheizte Menge mit „Erstens: Geld! Zweitens: Geld! Drittens: Geld!“ antwortet.
Beim Passieren einer Lotte-Filiale der Ausruf: „Die Reichen haben das Geld, die Armen können doch Lotto spielen!“ Erneut ein schallendes Gelächter.
Der nächste Halt: Die Belfius-Bank. Und wieder ein Ausruf, begleitet von einem dröhnenden Lachen: „Wir spielen mit eurem Geld.“
Daraufhin folgt die Verbrennung gefälschter 50-Euro-Scheine.
Die aufkommende Dunkelheit erhellend, wird die Stadt in ein wogendes Meer von Laternen getaucht. 2014 Laternen um Licht in die politischen Entscheidungen bei der Europawahl 2014 zu bringen. All dies sind Impressionen des Internationalen Tags für die Beseitigung der Armut 2013 in Namur, Hauptstadt der Wallonie, dem französischsprachigen Teil Belgiens. Dieser Tag hat allerdings eine schon länger andauernde historische Vorgeschichte.
Am 17. Oktober 1987 versammelten sich 100 000 Menschenrechtsaktivisten am Trocadero in Paris, dem Ort, an dem 1948 die Menschenrechtserklärung unterschrieben wurde, um dort mit Joseph Wresinski, dem Gründer des „International Movement ADT (All together for dignity= Gemeinsam für die Menschenwürde) Fourth World“ einen symbolischen Akt zu vollziehen: Das Einsetzen einer Gedenkplatte, auf der geschrieben steht, dass es ein von Gott gegebenes Muss sei, sich im Kampf gegen die Armut zu vereinigen.
1992 erklärte dann die Generalversammlung der Vereinten Nationen offiziell den 17.Oktober zum Internationalen Tag des Kampfs gegen die Armut. An diesem Tag wird auf die drei Ziele der Bekämpfung des globalen Elends aufmerksam gemacht:
Den Widerstand armer Menschen gegen ihre katastrophale Lebenssituation zu würdigen.
Ebendiesen Menschen Gehör zu verschaffen und in das Gespräch mit ihnen zu kommen.
Die Verwirklichung der Forderung, dass tatsächlich die gleichen Rechte für alle gelten.
Anlässlich dieses Tages finden auf der ganzen Welt Veranstaltungen statt, so auch in Namur. Organisator ist das „Rassemblement Wallon de la Lutte contre la Pauvreté“, zu Deutsch der „Wallonische Zusammenschluss für die Beseitigung der Armut“. Fakt ist nämlich, dass die es enorme Wohlstandsunterschiede zwischen den verschiedenen Regionen Belgiens gibt. Beispielsweise leben fast die Hälfte (41%) der in Armut lebenden Belgier in der Wallonie, in Brüssel sind es 22 Prozent. Außerdem lebt knapp jeder fünfte Wallone in relativer Armut.
Am Tag der Beseitigung der Armut sollte 2013 mit zahlreichen Aktionen auf verschiedene Missstände aufmerksam gemacht werden, wie die kommunale Verwaltungsstrafe oder die Regeln gegen das Betteln auf der Straße. Am Morgen des 17. Oktobers 2013 stand neben einem Seminar über die Armutsfrage und der Projektion des Dokumentarfilms „La prix du pain“ (Der Preis des Brotes) auch eine Demonstration in der Innenstadt auf dem Programm.
Etwa 100 Aktive nahmen daran teil. Eine kleine Anzahl der Demonstranten waren professionelle Schauspieler, die vor für die Armut und soziale Ungerechtigkeiten verantwortlichen Einrichtungen wie dem Justizpalast, den Banken, dem Arbeitsamt und dem Rathaus, mit interaktiven und ironischen Sketchen auf die Missstände aufmerksam machten. Am Nachmittag folgte dann ein Theaterstück über die letzten Arbeiter der Steingutindustriefirma „Royal Bloch“ und ihren Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armut sowie eine Debatte mit und über Menschen, die auf Grund ihrer Armut politisch aktiv wurden.
Gegen Abend fanden sich dann alle Aktiven und Besucher zusammen, um gemeinsam mit einem Laternenlauf darauf aufmerksam zu machen, dass so lange noch Ungleichheiten zwischen den Menschen bestehen, man gemeinschaftlich dagegen kämpfen muss. Die zahlreichen Laternen (genau 2014) sollen auch auf die Europawahl 2014 aufmerksam machen und die Hoffnung, dass mit den daraus resultierenden Änderungen Verbesserungen entstehen, die Licht ins Dunkel bringen werden.
Auch ein Jahr später, 2014, wird es sowohl in Namur als auch in der ganzen Welt zahlreiche Veranstaltungen zum Tag der Armutsbeseitigung geben. Eine persönliche Kritik zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober 2013 meinerseits und seitens meiner Kollegen ist die Frage, ob es sinnvoll ist, vor Institutionen wie dem Arbeitsamt zu demonstrieren, da diese nicht für die soziale Ungerechtigkeit verantwortlich sind, sondern eher im Gegenteil, Arbeitsplätze vermitteln und Fortbildungen anbieten.
Natürlich kann man gegen die Arbeitsweise des Amtes oder die Effektivität der Vermittlung demonstrieren, was bei der Demonstration in Namur aber nicht der Fall war. Außerdem war ein Großteil der Zuschauer der Aktionen und Demonstrationen sowieso auf irgendeiner Weise aktiv im Kampf gegen die Armut.
Menschen, die sich noch nie mit diesem Thema auseinander gesetzt haben, wurden mit dem Programm leider kaum oder gar nicht angesprochen und wenn, dann waren sie meist eher desinteressiert. Sicherlich sind Aktionen und Demonstrationen wichtig, um die Menschen wachzurütteln und zu informieren, aber es sollte meiner Ansicht nach auch nach alternativen und weiterführenden Möglichkeiten gesucht werden, die Armut langfristig zu bekämpfen.