Zwischen Audrey Hepburn und Pandabären
Willkommen in Chengdu! Über abwechslungsreiche Tage in einer weiteren spannenden Stadt Chinas.
Die Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan, bekannt für (zu) scharfes Essen und die Pandabären-Zuchtstationen, war unser letztes Ziel, bevor unsere Reise uns wieder Richtung Norden zog. Unser Hotel lag inmitten der Stadt. Für alle Kölner: Vergleichbar mit der Hohe Straße. Unser Zimmer lag im 9.Stock, am Ende eines grauen Flurs, dessen Boden bedeckt von alten Haaren war. Auf der Etage befanden sich drei Friseure, die es anscheinend für angebracht hielten, abgeschnittene Haare einfach in den Flur zu fegen. Unser Zimmer war circa 5 qm groß, also gerade genug für ein Hochbett und unsere Koffer. Kein Fenster. Das motivierte uns natürlich umso mehr möglichst viel Zeit im Freien zu verbringen.
Bei der Anmeldung an der Rezeption wurden wir freundlich darauf hingewiesen, dass wir im Falle einer Polizeikontrolle doch bitte sagen sollen, ich würde meine Freundin nur besuchen und nicht selber im Hotel schlafen. Als Ausländer darf man nämlich offiziell nur in Hotels ab drei Sternen übernachten. Immer schön zu wissen, dass man mal wieder etwas Illegales in China macht.
Unseren ersten Tag starteten wir mit etwas Geschichtsunterricht, in einer Freiluftausstellung zu „San Guo“ (die Zeit der drei Reiche; ~220-280 n. Chr.). In dieser kurzen Periode war China in die drei Reiche Wei, Shu und Wu aufgeteilt und von blutigen Machtkämpfen gezeichnet. Die Ausstellung enthält bis zu ca. 3-m-große Staturen, die ehemalige Minister und Generale für ihre Dienste ehren soll. Schöner noch als die Figuren war die Parkanlage, die die Ausstellung umgab. Wir genossen es im Grünen zu spazieren. Interessant war außerdem eine kleine Sonderausstellung über die Sonderrolle der Hunde im alten China.
Anschließend pendelten wir durch die berühmte Jinli-Straße. In alter Architektur gehalten, voll von Restaurants, lokalen Spezialitäten und Souvenirständen. Mitten drin war ein kleiner Stand, der Tickets für eine typisch-chinesische Artistenshow verkaufte. Sie dauerte 1,5 h, teils spannend, teils musste ich mich zwingen nicht einzuschlafen. Es traten ein Musiker, Clown, Tänzer und Artisten auf. Das Highlight war das „magical face-changing“, wobei ein Künstler in Millisekunden seine Maske vor den Augen des Publikums wechselt, ohne dass dieses erkennen kann, wie der Trick funktioniert. Leider wurden die verschiedenen Auftritte zwei mal von einem recht aufdringlichen Moderator unterbrochen. Er vermarktete Kalligraphie und eine lokale Spezialität – mit Erfolg.
Nach diesem eindrucksvollen Vormittag trieb es uns in ein Viertel, das mich sehr an die Einkaufsstraßen in Roermond (Holland) erinnerte. Neben Gucci und Michael Kors fanden wir die gesuchte Audrey-Hepburn-Ausstellung. Modeikone, grandiose Schauspielerin, bildhübsch, gebildet und engagiert – ein Vorbild mehrerer Generationen. Nach einer beeindruckende Karriere machte sie sich bei der UNICEF stark und bereiste mehr als 20 Länder und setzte sich für die Versorgung armer und unterernährter Kinder ein. Aus meiner Sicht: Ein inspirierender Mensch.
Unser zweiter Tag begann mit meinem persönlichen Chengdu-Highlight. Am frühen Morgen machten wir uns auf zu einer Pandastation bzw. einer riesigen Parkanlage mit mehreren Gebäuden und Gehegen voll von aufgeweckten kleinen und großen Pandas. Zwar essen und schlafen sie 90% des Tages, weil ihr Hauptnahrungsmittel Bambus nur wenige Kalorien enthält. Trotzdem machte es einen riesigen Spaß sie zu beobachten. Es lohnte sich dafür um 6 Uhr aufzustehen. Als wir den Park gegen 10 Uhr verließen, sahen wir die Menschenmengen, die nach und nach eintrudelten. Während wir im Halbhellen alleine vor den Gehegen standen.
Am Mittag folgte dann das kulinarische Highlight Chengdus: Spicy Hot-Pot. Beim normalen Hot-Pot, der in ganz China sehr beliebt ist, wird verschiedenes Gemüse und Fleisch frisch am Tisch gekocht. In die Tischmitte wird ein großer Topf mit meist zwei kochenden Brühen eingelassen. Gemüse, Meeresfrüchte, Fleisch, Beilagen und Nachtisch kann man selbst auswählen. Das Besondere in Chengdu waren die unzähligen scharfen Gewürze und Peperoni, die der Brühe hinzugefügt wurden. So viel, dass wir zwischendurch Brot aßen mussten, um unsere Geschmacksnerven zu beruhigen. Die nächsten zwei Tage erinnerte unser Verdauungssystem uns dennoch an diese Mahlzeit.
Spontan entschieden wir uns anschließend zu einer weiteren Touri-Straße (ähnlich wie Jinli) zu fahren, um ein paar Souvenirs zu kaufen. Dort erlebte ich das unangenehmste Foto-Shooting, das ich bisher in China hatte. Die Straße war voll mit chinesischen Touristen, einige aus Regionen, wo vermutlich sehr wenige Ausländer/Europäer leben. Ein Tourist fragte mich nach einem Foto. Als ich zustimmte, legte er den Arm um meine Schulter. Er lachte, seine Freunde machten Fotos. Währenddessen blieben circa 10 weitere Personen stehen, starrten mich an und machten (ungefragt) Fotos. Ich kam mir vor wie im Zoo und war froh, als ich gehen konnte. Für „Wo kommst du her“- oder Fotoanfragen hatte ich den Rest des Tages keine Nerven mehr.
Der nächste Tag zog uns mal wieder in die Natur. Wir landeten bei Dujiangyan, ein künstlich angelegter Staudamm zwischen Bergen. Er schützt Chengdu vor Überschwemmungen und liegt zwischen schönen Wanderwegen bzw. Treppen. Über ihn führt eine Liebesbrücke. Paare sollen ihn händchenhaltend überqueren. Singles sollen sich selbst bei der Hand nehmen. Das bringe Glück in der Liebe. Ich finde es immer wieder interessant zu sehen, an wie vielen Orten sich Liebesbrücken finden und Menschen sich schlussendlich überall nach den gleichen Dingen sehnen.
Nach einer langen Rückreise belohnte ich mich mit einer frischen Joghurt-Eis inklusive Blaubeeren und Oreo-Keksen, meiner Lieblingsplaylist und einer heißen Dusche. Am nächsten Morgen ging es auf zum Flughafen, auf in die Provinz Shandong.
Mein Fazit zu Chengdu. Manchmal ist eine gute Lage (des Hotels) mehr wert als viel Platz, ein eigenes Badezimmer oder ein gutes Bett. Chengdus Metro-System ist super. An allen Sehenswürdigkeiten findet man viele und saubere Toiletten. Sichuan hat unzählige süße und (zu) scharfe lokale Spezialitäten. Das ist sicherlich auch eine der Hauptgründe, wieso unzählige Chinesen nach Chengdu reisen. Die internationalen Touristen, die ich gesehen habe, kann ich an einer Hand abzählen. Was für mich unverständlich ist: Chengdu bietet viel - kulinarisch, kulturell, für Tier- und Parkliebhaber, Shopping-Touristen und Museumsgänger.