Zu Freunden und von Freunden weg
Johannsons Reise führt ihn nach Magdeburg und wieder zurück nach Polen. Obwohl er nur kurz weg war, hat sich dort viel verändert. Und er stellt fest, dass es ihm schwerer fällt, Lodz zu verlassen, als er gedacht hätte.
24.05.2009 - Magdeburg
Sonntag morgen fahre ich mit Regionalbahnen sehr beschaulich über Land nach Magdeburg. Ich werde von Kalina und allen anderen Bulgaren so herzlich aufgenommen wie jedes Mal. Schockierenderweise erreiche ich gleich Montag alles, wofür ich gekommen bin, worum ich mich seit vier Monaten bemüht habe. Trotzdem bleibe ich am Ende zwei Wochen, zeige Freunden meine alte Wohnung, finde dabei eine gute Kneipe, gehe mit ihnen wieder Salsa tanzen, treffe auf Schritt und Tritt Bekannte, für die ich viel zu wenig Zeit habe. Ich war ehrlich traurig, aus Magdeburg wegzufahren. Wenn ich das nächste Mal, vielleicht das letzte Mal, zurückkomme, werden die meisten schon für die Ferien in Bulgarien sein. Das Leben mit ihnen ist auf jeden Fall vorbei. Früher hat mir das nichts ausgemacht.
05.06.2009 - Warschau
Als ich nach Polen zurückkehre, scheint es als wäre ich lange weg gewesen. Warschau ist voller Ausstellungen zu diversen Jahrestagen, Kriegsanfang, Kommunismusende, EU Beitritt, Papstbesuch, Solidarnosc, erste freie Wahlen. Am einen Ende des für Autos gesperrten Königstraktes spielt jemand auf der Straße Chopin, am anderen hat Deutschland die Ausstellung '1989, Deutschland sagt danke' organisiert und zeigt abends 'Goodbye Lenin' unter freiem Himmel.
08.06.2009 - Lodz
In Lodz brauche ich beim Umziehen zwei Taschen und zwei Fuhren. Woher kommt der ganze Krempel? Ich schleppe eine ganze Bibliothek mit mir rum und doppelt soviel Kleidung wie ich brauche. Das war doch früher nicht so! Und überhaupt, schon wieder bin ich fast traurig, auszuziehen. Woher kommt das? Zur Untersuchung dessen nehme ich meine Mitbewohnerin Sidonie auf eine Kneipentour dass Beata stolz gewesen wäre. Die Diagnose ist eindeutig: wir werden alt.