Yasuni-ITT: Umwelt retten?- Nein, doch nicht
2008 hat die ecuadorianische Regierung Rafael Correas im Zuge der Einführung der neuen Verfassung der Natur eigene Rechte zugestanden. Das Projekt Yasuni-ITT stand dafür, neu entdeckte Ölvorkommen unter Tage zu belassen, um diese Rechte zu achten. Im August 2013 wurde die Initiative aufgegeben.
"Leider müssen wir sagen, dass die Welt uns im Stich gelassen hat."
Mit diesen Worten erklärte Rafael Correa am 15.8.2013 die Initiative Yasuni-ITT für gescheitert. Ölvorkommen von ca. 846 mio. Tonnen waren im Nationalpark Yasuni, mitten im Amazonasregenwald, in den Gebieten Ishpingo, Tambococha und Tiputini (=ITT) entdeckt worden. Für ein vom Export von Rohstoffen, insbesondere von Öl abhängiges Land wie Ecuador eine Schatzgrube.
Das Problem: Der Nationalpark ist nicht ohne Grund Naturschutzgebiet. Es handelt sich um eine der artenreichsten Regionen der Welt. Hinzukommt, dass das Gebiet von verschiedenen indigenen Bevölkerungsgruppen bewohnt wird, darunter mehrere "nicht kontaktierte", von denen man annimmt, dass sie in freiwilliger Isolation leben.
Die ecuadorianische Verfassung ist sehr deutlich, was das Recht der Indigenen auf ihr Land und ihre Kultur angeht, ein Eingriff in die Natur dieser Gebiete, wäre verfassungswidrig. Noch klarer ist die Sachlage in Bezug auf die Natur selbst, welche als Rechtssubjekt anerkannt werden soll und somit nicht ohne weiteres ausgebeutet werden darf.
Aus diesen Gründen wurde im Rahmen der Initiative Yasuni-ITT beschlossen, das Öl zu lassen, wo es war und somit einen Beitrag zum internationalen Kampf gegen den Klimawandel zu leisten (Einsparen von 407 mrd. Tonnen Co2-Ausstoß) und außerdem ein Zeichen zu setzen für die Rechte von Indigenen.
Ecuador befindet sich aktuell in einem Prozess des Umbruchs. Im internationalen Kontext nach wie vor als "Entwicklungsland" eingestuft, hat die Regierung mit Problemen wie mangelhafte Grundversorgung, Armut und niedrigem Bildungsstandard vieler Teile der Bevölkerung zu kämpfen und kann auf wichtige Einnahmequellen nicht ohne weiteres verzichten. Mit diesem Hintergrund und mit Argumentationen der globalen Gerechtigkeit, Nord-Süd-Abhängigkeiten in Folge der Kolonialzeit und der internationalen Verantwortung für Umwelt und dem Planeten Erde wurde im Rahmen des UN-Program for Development ein Treuhandfond gegründet, in den die internationale Gemeinschaft ca. die Hälfte der erwarteten Einnahmen spenden sollte. Der Verwendungszweck des Geldes befand sich in den Bereichen Forschung für erneuerbare Energien, Regeneration und Schutz der Natur und soziale Investitionen in Bildung, Gesundheit & Co um nachhaltige Entwicklung zu generieren.
"Bisher gibt es nur 13,3 Millionen US-Dollar in verfügbaren Geldern im Yasuní-Fonds, das sind nur etwa 0,37 Prozent des erwarteten Betrages" gab der ecuadorianische Präsident bei Beendigung des Projekts resigniert bekannt. Vielen Regierungen der Industriestaaten war der in ihren Augen erpresserisch anmutende Vorschlag aufgestoßen, nur sehr wenige waren bereit zu spenden. Der Kommentar von Dirk Niebel, ehemaligem Entwicklungsminister (2009-2013) und FDP-Mitglied zur Initiative war: "Wir zahlen doch nicht fürs Nichtstun."
Die Ölförderungen im Yasuni-Park wurden mittlerweile genehmigt, Umweltaktivisten und Vertreter von Indigenenorganisationen gehen massenweise auf die Straßen, um zu demonstrieren. Auch Industriestaaten kritisieren auf Klimagipfeln immer gerne den Umgang von Entwicklungs- und Schwellenländern mit natürlichen Ressourcen und der Umwelt. Die deutsche Regierung ist stolz auf ihre "Vorreiterrolle" im bereich des Umweltschutzes. Es scheint Pech zu sein, dass die Mehrheit der Ressourcen im globalen Süden liegen, in Ländern, die teilweise nicht über die Kapazitäten verfügen, im Namen des Umweltschutzes auf deren Förderung zu verzichten. Die Verantwortung für die Regenwälder, Lunge der Welt, liegt scheinbar allein bei den Ländern, die Anteil daran haben, doch Treibhausgase und verschmutzte Gewässer machen letztendlich vor Ländergrenzen keinen Halt. So mag aktuellen westlichen Regierungen zwar daran gelegen sein, ihr gutes Image innerhalb der nationalen Grenzen zu pflegen und möglichst viele Windräder zu bauen, der Weltbevölkerung werden diese aber langfristig wenig dienlich sein, wenn gleichzeitig die wichtigsten Wälder der Erde zerstört werden.
Bei all dem ist das Fakt, dass die heutigen Industrienationen sich hauptsächlich auf Kosten der aktuellen "Entwicklungsländer" "entwickelt" haben, völlig aus dem Blick geraten. Die Situation ist geradezu absurd: Nachdem europäische Länder, die immernoch den höchsten Energieverbrauch weltweit haben, den lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Kontinent jahrhundertelang ausgebeutet haben -und in struktureller Hinsicht immernoch tun- und dabei durch Produktion und Konsum Milliarden von Tonnen an Co2 in die Luft pusteten, treten sie jetzt große Teile der globalen Verantwortung für das Klima an die marginalisierten Nationen ab.
Vielmehr als sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben, sollte der Schutz der Erde eine gemeinsame Angelegenheit sein, in der globale Lösungen, statt nationalen gefunden werden. Initiativen wie Yasuni-ITT wird es hoffentlich weitere geben, beim nächsten Mal vielleicht mit mehr Zusammenarbeit und Verantwortungsbewusstsein.