Wrocław 2016, Teil 2: UNESCO-Welthauptstadt des Buches
Die westpolnische Metropole lässt es mit Kulturhauptstadt 2016 nicht bewenden. Wrocław wird zusätzlich vom 23. April 2016 bis zum 22. April 2017 ein Mekka für Bücherliebhaber. Die Organisatoren rechnen mit einem Synergieeffekt zwischen den Veranstaltungen, die im Rahmen der beiden Hauptstädte-Titel stattfinden werden.
Es gibt für mich nichts Schöneres, als abends um halb neun mit einem Buch ins Bett zu gehen.
Emma Thompson
Wer Emma Thompsons Vorliebe für Bücher nachvollziehen kann, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen und Breslau öfter besuchen. Hier kann es sich lohnen auch etwas später mit einem Buch ins Bett zu gehen... Reserviert euch einfach den einen oder anderen Abend für eine Stadt, in der 2016 Kultur und Bücher ganz groß geschrieben werden.
Die UNESCO kennt den Welttag des Buches und der Autorenrechte seit dem 23. April 1995. Dieser Tag erfreute sich bereits seit seiner Initiierung eines steten Erfolgs. Es lag also auf der Hand, die Promotion der Lesekultur etwas weiter zu erweitern und eine Stadt für eine einjährige Amtszeit ganz unter ein Literatur-Motto zu stellen. Die Idee der Welthauptstadt des Buches wurde erstmals 2001 umgesetzt. Die erste Stadt, die sich mit dem Titel schmücken durfte, war 2001 Madrid. Gefolgt von Städten wie Alexandria, Neu Delhi, Antwerpen, Montreal, Turin, Bogota, Amsterdam, Beirut, Ljubljana, Buenos Aires, Yerevan, Bangkok, Port Harcourt, Incheon … Nun ist WROCLOVE an der Reihe.
Eine Nominierung bringt der Stadt kein Preisgeld. Mit dem prestigeträchtigen Titel wird vielmehr ein Zeichen gesetzt: die UNESCO zeichnet das vielversprechendste Kulturprogramm aus, das sich dem Lesen und den Büchern widmet. Zu den wichtigsten Kriterien für das Auswahlkomitee zählen das Engagement der Gewinnerstadt in die Entwicklung der Lesekultur auf städtischer, regionaler, nationaler und internationaler Ebene, sowie die Gestaltung eines Programms, welches nachhaltig wirkt. Das Auswahlkomitee besteht normalerweise aus Vertretern des Internationalen Verlegerverbands, des Internationalen Verbands der bibliothekarischen Vereine und Institutionen, sowie des Internationalen Verbands der Bücherverkäufer. Lauter Bücherfreunde, die sich bestens in der zauberhaften Welt der Bücher auskennen, nehme ich mal an.
Der Stadtpräsident von Wrocław Rafał Dutkiewicz hofft darauf, dass das Jahr 2016 zu dem wichtigsten Jahr des Nachkriegs-Wrocławs wird. Belletristik soll in dem öffentlichen Raum deutlich sichtbar werden und Wroclaw in eine große Bibliothek verwandeln. Das Stadtbild soll den schönen Titel widerspiegeln, sodass verstärkt öffentliche Lesungen stattfinden und literarische Texte auch auf Gebäudefassaden und in Form von Aufklebern auf 10.000 Autos zu finden sein werden. Zudem wird auch eine globale Hymne des Buches entstehen, deren Text aus einem Gedicht von Tadeusz Różewicz stammt.
Die Kommission, die den Titel der Welthauptstadt des Buches verleiht, hat Breslau für die "einzigartigen Vorzüge des Programms, sowohl im Hinblick auf die Qualität als auch auf die Vielschichtigkeit seiner Elemente" ausgezeichnet, insbesondere dabei "wegen der besonderen Fokussierung auf die Miteinbeziehung der lokalen Gemeinschaft sowie der Promotion der Verlags- und Buchhändlerbranche und der Bibliotheken auf regionaler und internationaler Ebene". Ich gehe also davon aus, dass das Programm auch das hält was es verspricht und freue mich auf die Abende 2016, kurz nach halb neun.
Text der Hymne des Buches, in Originalfassung:
Tadeusz Różewicz
Włosek poety
Poeta to na pewno ktoś
Słuchajcie głosu poety
Choćby ten głos
był cienki jak włos
Jak jeden włos Julietty
Jeśli się zerwie włosek ten
to nasza nudna kula
upadnie w ciemność
Czy ja wiem
albo się zbłąka w chmurach
Słyszycie
Czasem wisi coś
na jednym włosku wisi
Dziś włoskiem tym poety glos
Słyszycie
Ktoś tam słyszy