Wie ist die Lage nach 7 Wochen Schweden?
Ein Überblick über meine Aktivitäten und Arbeit, nachdem ich mich jetzt richtig eingelebt habe
Jetzt, erst 5 Wochen später (der Herbst ist schon fast rum, siehe Foto), hab ich mal wieder Zeit gefunden, weiter aus Schweden zu berichten. Bei so viel um die Ohren (im positiven Sinne) vergeht die Zeit echt wie im Flug.
Ein Highlight war definitiv das „Willkommensseminar“ der schwedischen Nationalagentur (MUCF) in Stockholm. Während der 4 Tage konnte ich 25 andere Freiwillige, die auch vor nicht allzu langer Zeit in Schweden angekommen sind, kennenlernen, zusammen Stockholm (in meinem Fall weiter) erkunden (jetzt hab ich auch das Gefühl mich einigermaßen gut in Stockholm auszukennen und Besucher selber rumführen zu können, zumal ich jetzt in einem großen Teil, der sehr schönen und interessanten Museen war: die aktuellen Ausstellungen im Fotografiska sind wirklich sehenswert) und einiges Wissenswertes über Schweden lernen.
So gibt es eine bezahlte (80% des normalen Gehaltes) Elternzeit von 480 Tagen, von denen beide Elternteile mindestens 90 Tage in Anspruch nehmen müssen. Auch wird sonst sehr viel für die Gleichberechtigung von Mann und Frau getan, denn Unternehmen mit zehn oder mehr Angestellten müssen jährlich eine schriftliche Analyse der Bezahlungsunterschiede bei gleicher oder ähnlicher Arbeit anfertigen und falls notwendig Gegenmaßnahmen durchführen. Generell sind deutlich weniger hierarchische Strukturen als z.B. in Deutschland vorhanden, so dass offener über Probleme gesprochen wird. Auch das Gesundheitswesen unterscheidet sich von dem Deutschen: So ist ein(e) Gesundheits- und Krankenpfleger/-in in Schweden nach 3-7 Jahren, je nach Spezialisierung mit der Ausbildung/ dem Studium fertig, hat entsprechend eine deutlich bessere Ausbildung und übernimmt deutlich mehr „Ärzteaufgaben“ als in Deutschland. Ärzte werden nur wenn notwendig oder wenn vom Patienten so gewünscht hinzugezogen, wodurch diese mehr Kapazitäten für schwierigere Fälle haben. Ich persönlich konnte mir (zum Glück) noch kein eigenes Bild davon machen, ich fände es jetzt aber auch nicht so schlimm, wenn das so bleibt :D
Ansonsten habe ich jetzt eine sehr schöne abwechslungsreiche Arbeitswoche, über die ich auch größtenteils selbst entscheiden durfte:
-Montag: Haus zusammen mit einem Mitarbeiter putzen, nachmittags Tanz oder Theaterprobe (wir werden die Grüne Schlange von Goethe aufführen)
-Dienstag: Busse waschen (auch Reifen wechseln etc.)/im Garten (oder den Gewächshäusern) oder in der Papierwerkstatt arbeiten, Abwasch nach dem Mittagessen (von 40-50 Personen ^^ das geht aber klar, wir haben diese riesigen Gastronomiespülmaschinen), nachmittags Schwimmbadbesuch hier in Delsbo
-Mittwoch: in der Großküche arbeiten (Mittwoch ist jetzt einer der zwei Veggietagen :) ich darf mitentscheiden was es in der Woche zu essen gibt, es gibt immer zwei Salate und es wird versucht viel mit den selbst angebauten Dingen zu machen, das sind hauptsächlich Kartoffeln, Tomaten, Möhren, Rote Beete, Riesenzucchinis, Gurken, Zwiebeln, Lauchzwiebeln, Kräuter und Kürbisse), nachmittags Schwedisch-Unterricht und Treffen mit unserer Chefin (es gibt hier aber auch nicht einen Chef sondern mehrere Personen, die sich primär um administrative Aufgaben kümmern)
-Donnerstag: Bäckerei (u.A. dekoriere ich Geburtstagstorten) oder Indoorhockey, Abwasch, nachmittags Yoga
-Freitag: Tischlerei (momentan stellen wir sehr viel Weihnachtsdekoration her, die u.A. in einigen Läden in Stockholm verkauft wird, z.B. Kerzenhalter mit Pferden), Abwasch
Das ist natürlich nicht ganz fix, wenn also woanders mal Hilfe gebraucht wird, arbeite ich auch spontan mal woanders und der Plan gilt erstmal bis Weihnachten.
Ansonsten haben Sophia (die andere Freiwillige) und ich Ende September zum ersten Ma(h)l das Freiwilligencafe veranstaltet, wo wir im Anschluss an die Wochenabschlussveranstaltung am Freitag sechs verschiedene am Abend zuvor in der Bäckerei zubereitete Gebäcke und Desserts sowie Kaffee, Tee und Saft verkauft haben (den Gewinn dürfen wir behalten), was sehr viel Spaß gemacht hat. Dies werden wir, soweit es geht, einmal im Monat machen, wobei wir jetzt im Oktober eine Halloweenparty für die Bewohner organisieren dürfen.
Außerdem gab es noch einige andere besondere Aktivitäten in den letzten Wochen: So gab es eine gemeinsame Kartoffelernte mit fast allen Bewohnern und Mitarbeitern mit anschließendem Grillen, einen Tagesausflug in die Waldhütte vom Staffansgården, wo ich zum ersten Mal eine nennenswerte Menge Pfifferlinge finden konnte, die wir abends gebraten und mit Käse überbacken auf knusprigen Brot genießen konnten (schmeckt unfassbar geil).
Gestern hatte ich dann mit dem Norrbo Chor (dort singen auch einige Mitarbeiter mit, ich bin erst seit zwei Proben dabei) ein sehr schönes Herbstkonzert im Saal vom Staffansgården, wo ich auch zwei Stücke mit der Klarinette spielen durfte.
Abgesehen davon habe ich letzte Woche nur 2 Minuten von mir entfernt ein Fitnessstudio im Keller eines Ladens entdeckt, das sogar 24/7 geöffnet hat und sehr preiswert ist, wo seit dieser Woche angefangen habe zu trainieren (interessanter Weise gibt es in Delsbo (ca. 2000 Einwohner) sogar noch ein zweites Fitnessstudio am anderen Ende des Ortes, was ich von einem Ort dieser Größe nicht erwartet hätte). In der Bibliothek hier hab ich mich auch angemeldet und lese gerade alle Harry Potter-Bände auf Schwedisch, um allgemein meine Sprachkenntnisse zu erweitern.
Ok, das war jetzt ganz schön viel, vielleicht schreibe ich die nächsten Beiträge in etwas geringerem Abstand ;) Mir geht es jedenfalls sehr gut und bisher fehlt von Langeweile jede Spur, was sich mit Beginn der Skisaison hier vermutlich auch nicht so schnell ändern wird.
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