Wie ich tatsächlich zu meinem neuen Namen kam
"All Inclusive": schwarze Putzlappen, Musik, Museum, öffentliche Toilette, Verkehr, mehr Spaß als Arbeit
Heute ist Samstag. 1,5 Wochen sind rum. Ganz ehrlich, es kommt mir vor wie ein Monat. So viele Eindrücke, die ich verdauen muss. So viel leckeres Essen, das ich verdauen muss. So viele fremde Wörter, die ich gehört und fremde Gerüche, die ich gerochen habe. Kennt ihr diese Fotos, die man im Urlaub von Dingen schießt, die im Urlaubsland normal und nur für uns Touristen außergewöhnlich sind? Solche Fotos könnte ich hier an jeder Ecke schießen. Ich kann wirklich nicht fassen, dass ich eigentlich gerade erst ankomme und noch das ganze Jahr vor mir habe. Es wird noch so viel passieren.
In meinem letzten Bericht habe ich erzählt, dass ich hier einen neuen Namen bekommen habe: Ke rui na. Das kommt daher, dass hier jeder ausländischer Schüler einen neuen Namen braucht, zumindest formell. Der Name wird vom internationalen Büro bestimmt. Eigentlich orientiert man sich dabei an dem deutschen Namen. Bei mir wurde mein zweiter Vorname "Corinna" in ke rui na umgewandelt. Das Wort bzw. den Namen Corinna gibt es hier nämlich nicht. "Ke" trägt den ersten der vier Betonungsstriche(hoher, lang anhaltender Ton), "rui" und "na" den vierten Betonungsstrich (wird kurz gesprochen und klingt wütend). Die einzelnen Silben ke/rui/na sind in China übliche Vornamen und so wurde mein Name zusammengesetzt. Das hat den Sinn, dass die Lehrerinnen und meine Mitschüler wissen, wie mein Name ausgesprochen wird, und mein Name in chinesischer Schrift geschrieben werden kann. Im Büro und unter Freunden sprechen mir allerdings alle ganz normal mit meinem ersten Vornamen an.
Zu den besondersten Ereignissen der vergangenen Woche:
1.schwarze Putzlappen
Meine Wohnung ist wirklich gemütlich und ich fühle mich wohl. Sauber ist allerdings etwas anderes. Letzte Woche begab ich mich also mit chinesischer Beratung in den Supermarkt, um Putzmittel und -tücher zu kaufen. Mit Plastikhandschuhen, die ich zum Glück noch zum Abschied geschenkt bekommen hatte, bewaffnet begab ich mich in mein Bad und in die Küche. Das Leitungswasser hier kann man nicht trinken, weil es mit irgendwelchen giftigen Reinigungsstoffen versetzt ist. Wenn man duscht und sich Wasserdampf auf den Fliesen absetzt, kann man anschließend sehen, wo jeder einzelne Tropfen mal saß. Nachdem die Fliesen, die staubbedeckte Leiste zwischen Tapete und Fliesen, Waschbecken, Wasserhahn und Toilette halbwegs sauber waren, konnte ich die zwei Lappen also wegschmeißen. Ich fühle mich jetzt definitiv wohler, aber trotz zukünftiger Putzstunden werde ich die gesamte Wohnung wohl nicht ganz sauber kriegen. Im Vergleich zu den Wohnheimen lebe ich allerdings immer noch im Luxus, deshalb muss ich dankbar sein. Die chinesischen Studenten leben in Sechs- oder Achtbettzimmern und müssen ihre Koffer, Klamotten und Lernmaterialien auf den Schränken stapeln. Bad und Küche gibt es nur auf dem Flur. Ich kann dafür abends ewig Musik hören, auf meinen Schreibtisch Essen horten und einen Kleiderschrank zum Wäschetrocknen nutzen.
2. Musik verbindet
Ich hatte die weise Entscheidung getroffen eine Germanistikstudentin zu kontaktieren, die mich schon vor meiner Ankunft an der Uni willkommen geheißen hatte. Sie zeigte mir letztes Wochenende einen naheliegenden Park, stellte mir einen weiteren Studenten vor und lud mich dazu ein, sie am Mittwoch zu einem Konzert an der internationalen Musikfachhochschule zu begleiten. Sie und ihre Begleitung, eine sehr freundliche Mathematikstudentin, spielen wie ich Klavier. Eine Empfehlung, wo ich in Zukunft ein Klavier mieten kann, habe ich also auch schon im Gepäck. Das Konzert des Trio Albas (zwei österreichische Streicher, eine chinesische Pianistin) haute mich um. Die Musik von Haydn scheinten sie alle zu lieben und schon ewig gemeinsam zu spielen. Es war wirklich toll.
Leider musste ich erfahren, dass vor einem Monat der Weltpianist Lang Lang in der Stadt, seine Heimat, war und ein Konzert gegeben hat. Ihn zu sehen wäre aber auch zu großes Glück gewesen.
3.Museumsbesuch und öffentiche Verkehrsmittel
Letzten Sonntag fuhr ich in das Museum der Provinz Liaoning. Wir fuhren mit dem Bus. Beim Einstieg zahlt man ein oder zwei Yuan (je nachdem, ob der Bus eine Klimaanlage hat). Umgerechnet sind das 13 bzw. 26 ct! Ob man dann zwei oder fünfzehn Stationen fährt, ist uninteressant. Ihr seht: Öffentliche Verkehrsmittel sind für deutsche Verhältnisse unfassbar billig. Am Freitag fuhren wir mit dem Taxi und bezahlten für 10 min Fahrt umgerechneet 1,13 ct.
Das Museum liegt relativ weit außerhalb der Stadt. Dennoch sieht man fast nur Hochhäuser, flache Gebäude gibt es kaum. Im Vergleich zu deutschen Museen ist das Museum der Provinz Liaoning wie ein Zusammenschluss von circa 10 Museen. In dem Museum wurde wirklich alles ausgestellt: In 19 kleinen Ausstellungen konnte man sich Grabsteine mit uralten chinesischen Schriftzeichen, Gemälde, viel Porzellan, traditionelle Kleidung, Kopfschmuck, alte Münzen, Knochenfunde und mehr ansehen. Es war wirklich beeindruckend. Die Ausstellungsräume waren übrigens wie deutsche aufgebaut.
4. erstes Date mit öffentlicher Toilette
Ich hatte mir vorgenommen vorausschauend zu sein, aber natürlich musste ich eine öffentliche Tiolette benutzen. Meine chinesische Begleitung hatte versucht mich vorzuwarnen. Ich war dennoch etwas verdutzt, als ich die Tiolettenkabinen von innen sah. Erst einmal sind die Kabinentüren und -wände nur brusthoch. Dann ist in den gefließten Boden ein kleiner Bach eingelassen. Daneben steht dann ein kleiner Eimer für Papier. Ja. Und das war dann auch die gesamte Einrichtung der Kabine. Klar, recht hygienisch, aber dann doch eher ungewohnt.
5. Kann man das wirklich Arbeit nennen?
Diese Woche ging es für mich endlich mit der Arbeit los. Ich war und bin immer noch wirklich motiviert. Leider musste an den letzten Nachmittagen doch noch einige formelle Sachen erledigt werden, weshalb ich nicht so viel im Büro war. Die Planung für die drei ersten Projekte läuft dennoch bereits. Zusätzliche drei Artikel für die Webseite sind auch schon fertig. Gestern hatten wir ein kleines Treffen mit freiwilligen Helfern für die Planung der ersten Veranstaltung Ende nächster Woche. Dabei entstand schon so viel Diskussionsstoff, dass ich große Hoffnung habe, dass das Projekt ein Erfolg wird. Wir veranstalten einen Informationsabend zum Studium in Deutschland. Für mich sowohl als Organisatorin, als auch als zukünftige Studentin spannend.
Also: Mir geht es gut. Ich habe viel Zeit für mich, die ich auch brauche, um mich an alles zu gewöhnen. Ich bekomme viel Unterstützung angeboten und Langeweile kommt auch nicht auf. Das Wetter ist klasse. Besser hätte der Start kaum sein können.
P.S.: Übrigens kann ich leider keine Bilddateien hochladen, weil diese angeblich zu groß sind. Mit einer Zip-Datei habe ich es schon probiert. Über weitere Tipps freue ich mich.
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