Wie, ich bin schon wieder sechs Wochen zurück? Teil 1
Über ein midterm-training, dass eigentlich eher ein endterm war, tschechische Pampa, Lagerfeuer und was sonst noch so in den ersten Wochen nach meiner Rückkehr passierte.
In den letzten 4 Wochen habe ich bestimmt 6 Mal neu meinen großen Rucksack gepackt um ins nächste Abenteuer zu ziehen, so viele Überstunden gemacht, dass ich mir dafür fast den ganzen August hätte freinehmen können, stundenlang am Lagerfeuer gesessen und den Flammen beim Tanzen zugesehen, mich vor dem Weg zum Plumpsklo gegruselt, einige Zugkilometer hinter mich gebracht und hundert Pfannkuchen gebraten und zusammengefasst einfach keine Zeit zum Schreiben gehabt.
Aber fangen wir mal am Anfang an.
Am 16.06.2020 bin ich genau 3 Monate nach meiner Flucht vor den Grenzschließungen nach Berlin zurück nach Tschechien gekommen. Die Zugfahrt ist erstaunlich glatt gelaufen und Tschechien begrüßte mich mit strahlendem Sonnenschein.
Während ich von Plzen nach Horažďovice tuckerte, wurde mir schlagartig bewusst wie sehr ich die Natur der tschechien Pampa in der Großstadtlandschaft doch vermissst hatte und das schon wieder ein Vierteljahr vergangen war.
Denn geflohen war ich im Winter, wo sich Stoppelfelder und kahle Äste vor dem Zugfenster zeigten, die jetzt gegen grüne Wälder, blühende Felder, so weit das Auge reichte, und bunte Tupfer von Wildblumen ausgetauscht worden waren über denen Störche kreisten. Gleich am ersten Abend habe ich mein Privileg so nah an der Natur drann zu sein genutzt und bin zum Feld zwei Straßen weiter gelaufen um den Sonnenuntergang zu beobachten.
Es hat sich echt gut angefühlt wieder meine eigene Wohnung beziehen zu können und meinen Kühlschrank einfach ohne Rücksicht auf andere nehmen zu müssen mit dem zu füllen worauf ich Bock hatte.
Geärgert habe ich mich nur darüber, dass ich ein Brot für drei Monate in einem Küchenschrank hab vor sich hin gammeln lassen, was der Farbe nach zu schließen bereits ein ziemlich aktives Eigenleben in der Zeit entwickelt hatte.
In den nächsten Tagen hab ich mich erstaunlich schnell wieder eingelebt, sogar das bisschen Tschechisch was ich gelernt hatte konnte reaktiviert werden.
Eine Woche später begann dann auch für mich so richtig die Hochsaison mit dem Aufbau des alljährlichen Zeltcamps im Nirgendwo auf einem Feld, 15 Minuten mit dem Auto entfernt vom Heimatstädtchen.
In den nächsten Tagen durfte ich einige der tollen Menschen kennenlernen, mit denen ich die nächsten Wochen verbringen würde und habe mit ihnen Plumpsklos, Gulaschkanonen und Matratzen ( Was man halt in so einem Lager alles braucht) auf Anhänger geladen, Sonnencreme geteilt, Eis gegessen, unzählige Schrauben in Bretter geschraubt, mit Zeltplanen gekämpft, Quatsch beim Baden im See veranstaltet, Bierbänke durch die Gegend getragen, in der sengenden Sonne geschwitzt, im Schatten entspannt und über das Leben gequatscht.
Die Tage waren anstrengend, haben aber auch sehr viel Spaß gemacht, was mein Motto für die nächsten drei Wochen werden sollte.
Der folgende Sonntag wurde mein einziger freier Tag in fast drei Wochen, den ich damit verbrachte meine Sachen zu packen und mich auf das midterm training zu freuen, welches zwei Tage später beginnen würde.
Wir waren alle sehr enttäuscht, als das ursprünglich geplante Training nur online stattfinden konnte.
Es war zwar ein Ersatz aber einfach nicht dasselbe.
Deshalb war die Freude um so größer als die E-Mail rumging, dass es einen Ersatz geben würde.
Wie immer war die Reise bis dahin ziemlich abenteuerlicch. Aber ich hatte Glück und wurde so nochmal zurück in den einen Zug gelassen aus dem ich versehentlich zu früh ausgestiegen war, hab sogar noch rennend den nächsten gekriegt und bin dann beim nächsten Umstieg auf bekannte Gesichter gestoßen. Zusammen mit weiteren Freiwilligen meines on-arrival trainings haben wir dann noch eine lustige Fahrt bis zum Zielort gehabt.
Das Ziel war eine Art Jugendherberge mitten im Wald, wo wenig später das größte Midterm (mit 38 Freiwilligen von 3 abgesagten Treffen), das jemals in Tschechien stattgefunden hat eröffnet wurde.
Die Abende verbrachten wir mit mehr oder weniger deep talk am Lagerfeuer, die Zeit dazwischen in Workshops damit Körperskulpturen in Gruppen zu bilden, darüber zu diskutieren warum es so oft keine Schlösser in Klotüren in Tschechien gibt, zu meditieren, über Sternkonstellationen nachzudenken, zu erfahren wie man sein esk bei Jobbewerbungen nutzen kann und uns gegenseitig beim Improvisationstheater zum Lachen zu bringen. Mit dabei war auch eine Wanderung, wo wir uns durch eine Klamm neben dem reißenden Fluss gewagt haben, tolle Sonnenuntergänge und die obligatorische Abschlussparty wo wir gemeinsam ordentlich die Sau rausgelassen haben.
Wie immer fand ich es total schön andere Freiwillige zu treffen, weil man irgendwie sofort viele Menschen um sich herum hat, mit denen man auf einer Wellenlänge ist, weil man ähnliche Erfahrungen gemacht hat, was einfach Spaß macht.
Grade in Zeiten wie diesen, war es nochmal eine gute Stärkung, zwar eher für die meisten zum Ende, aber trotzdem nicht weniger sinnvoll, da ja keiner von uns wirklich wissen kann, wie es mit Corona, der verbliebenen Zeit in unseren Diensten und allgemein dieses Jahr so weitergehen wird.
Ich für meinen Teil jedenfalls kann sagen, dass ich sehr dankbar bin, dass ich die Chance bekommen habe nochmal zurückzukommen zur für mich eine der schönsten Jahreszeiten des Jahres und die letzten Monate meines Freiwilligendienstes nochmal so richtig auszukosten.
Wobei es sich echt komisch anhört, dass jetzt schon fast 10 Monate meines esk vorbei sind.
Wahnsinn wie schnell die Zeit vergangen ist.