Weihnachtsmarkt, Neujahr und viele Gäste
Die Tage zwischen den Festen noch arbeiten, dann eine Silvesterfeier und eine Woche Urlaub mit vielen guten und schlechten Erlebnissen. Deshalb gab's auch ziemlich viel zum schreiben, ich hoffe der Eintrag ist nicht zu lang!
27.12.2010:
Am Montag nach Weihnachten musste ich wieder arbeiten. Ich bastelte wieder an meinen Vogeletiketten weiter, plante den Weihnachtsmarkt, übersetzte an meiner Übersetzung weiter. Für den Weihnachtsmarkt musste ich die Läden abklappern um herauszufinden, ob es die nötigen Produkte überhaupt zu kaufen gibt und wenn ja, wie teuer sie sind.
Dazu muss ich vielleicht mal erklären, wie es hier mit den Läden und Einkaufsmöglichkeiten aussieht. Es gibt in Esso viele kleine Läden. Ich würde diese als Tante-Emma-Laden eingestuften. Denn sie sind alle sehr klein und wenn man ein Produkt kaufen will, so sollte man wissen wie es heißt oder zumindest darauf zeigen können. Denn man nimmt sich die Dinge nicht selbst, sondern sagt der Dame hinter der Theke was man haben will und sie holt es dann aus den Regalen hinter ihr. Neben diesen kleinen Läden gibt es hier noch einen “Supermarkt” Ein Laden, in dem man sich die Produkte selbst aus dem Regal nehmen darf, nur Käse und Wurst nicht und Obst und Gemüse muss man wiegen lassen. Also beinahe ein deutscher Supermarkt. Wäre da nicht die Produktauswahl. Denn diese ist erstens sehr klein und zweitens rein gar nicht beständig.
Das liegt daran, dass hier das meiste an Lebens - und Haushaltsmitteln importiert werden muss. Aus Petropavlovsk, Korea, China, Amerika…
Wenn dann ein LKW mit einer neuen Lieferung Gemüse, Obst, Joghurt… ankommt, dann ist die Auswahl in den Läden kurzfristig wieder hoch und man kann mit Glück einigermaßen akzeptables Gemüse oder Obst kaufen. Aber diese Auswahl nimmt dann wieder ab, bis zum nächsten LKW und der hat dann nicht immer leckere Bananen dabei. Deshalb muss man hier nach folgender Regel einkaufen: Gehe erst in den Laden und überlege dort was du kochen willst, denn wenn du vorher entscheidest, dann gibt es die Zutaten wahrscheinlich nicht.
Soviel also mal zur Einkaufssituation in Esso.
28.12.2010:
Am Dienstag beschäftigte ich mich eigentlich mit den selben Tätigkeiten: Etiketten, Weihnachtsmarkt und Übersetzung. Wobei der Weihnachtsmarkt die meiste Zeit in Anspruch nahm. Denn inzwischen hatte ich die Kalkulation fertig, wir sagten Judith wie viel Geld wir brauchten und gingen dann auf die “Jagd” nach den Zutaten für Currywurst, Punsch, Früchtebrot und Schokokuchen. Auf Grund der oben beschriebenen Situation ein schwieriges Unterfangen. In Deutschland wäre man einfach in den nächsten Supermarkt gegangen und hätte sich dort die Sachen gekauft und wahrscheinlich nur einen Bruchteil davon bezahlt.
Am Nachmittag gab es dann ein vorgezogenes Neujahrsfest (in Russland ähnlich gefeiert wie bei uns Weihnachten) für die russischen Freiwilligen, da diese am Mittwoch für einige Tage in den Wald gehen wollten, um dort Neujahr zu feiern.
29.12.2010:
Auch den Mittwoch verbrachte ich nicht anders.
Als Susan und ich in einen Laden gingen, in dem wir vermuteten, dass es dort vielleicht 80 Würste gibt erlebten wir ein kleines Wunder. Denn tatsächlich erblickten wir in der Auslage ein paar Packungen mit Würstchen, die auch für den Grill geeignet waren. Wir sagten dann der Verkäuferin, dass wir davon acht Packungen bräuchten. Auch wenn sie uns noch etwas ungläubig anstarrte (es ist glaube ich nicht üblich in Großmengen einzukaufen, vier Klopapierrollen sind schon sehr viel) brachte sie uns tatsächlich acht Packungen. Zwar waren das keine Bratwürste deutscher Qualität, aber es waren welche.
Auch die 22 Liter Saft für den Punsch bekamen wir. Zwar nicht in einem Laden, aber als wir dann im zweiten Laden waren, hatten wir die 22 Liter zusammen.
30.12.2010:
Noch immer hatten wir nicht alles zusammen. Es fehlten noch die exotischen Dinge wie Zitronat, Rumaroma (die haben wir auch nie bekommen), Backpulver (zum Glück hatten wir welches aus Deutschland mitgebracht), Ketchup, Kardamom (darauf kann man verzichten).
Den Ketchup haben wir dann doch noch bekommen, den Curry für den Curryketchup hatten wir auch schon, d.h. wir konnten den Curryketchup herstellen.
Am Abend erwarteten wir dann drei Gäste. Die drei hatten vor einiger Zeit Larissa kennengelernt, welche sie dann nach Esso eingeladen hatte. Bei der Frage nach einer Übernachtungsmöglichkeit fiel Larissa das Volontärshaus (Baßa) ein. Nachdem wir unsere Zustimmung erteilt hatten, stand der Sache nichts mehr im Wege und wir waren gespannt, was für Gäste wir für die Tage um Silvester rum wohl haben würden.
Am Nachmittag wurden wir von einer Kunsthandwerkerin abgeholt, die uns dann durch eine Ausstellung in der Kunstschule Essos führte. Dort waren jede Menge Bilder und Tonfiguren zu sehen, die Kinder gefertigt hatten. Die Dinge waren teilweiße so gut, dass ich nicht glauben konnte, dass sie tatsächlich von 8 bis 12 - jährigen Kindern gemacht wurden.
Als die drei, d.h. Boris, Anja und Olesya, dann am Abend ankamen konnte ich unsere bis dorthin noch völlig unbekannten Gäste das erste mal mustern. Außerdem wusste ich nun auch, dass außer Boris noch Anja und Olesya da waren, denn bis dorthin wussten wir lediglich, dass mit Boris zwei weitere Menschen kommen würden, aber nicht ob Mann, Frau, alt, jung oder wie sie hießen.
Um es gleich vorauszunehmen: Ich war (und Vera und Susan auch) mit meinen, bzw. unseren Gästen voll und ganz zufrieden. Sie waren freundlich, interessiert an unserer Kultur und Sprache, feierten gerne mit uns Neujahr, waren keine Dreckschweine wie andere Russen, die mit mir in einem Haus wohnen und mussten auch nicht ständig beschäftigt werden, sondern unternahmen selbstständig Touren.
Nachdem ich den dreien dann ihr Zimmer gezeigt hatte und sie sich dort ein wenig eingerichtet hatten, hatten wir Zeit um uns bei einem Tee etwas kennen zu lernen und zu plaudern (übrigens überwiegend auf Russisch schließlich kamen die drei aus Petropavlovsk und konnten zwar teilweiße auch gut Englisch, aber wir deutschen wollten gerne Russisch reden, um unsere sprachlichen Fähigkeiten auszubauen).
31.12.2010:
Auch am letzen Tag des Jahres mussten wir noch einmal in den Park um zu arbeiten. Als wir drei (Vera, Susan und ich) morgens zur gewöhnten Zeit ankamen, war allerdings noch niemand da. Dies war sonst bisher noch nie der Fall. Tatsächlich kamen die Parkmitarbeiter alle etwas Später. Unser Direktor war sowieso gerade in der Stadt und seine Stellvertreterin (Natalia Petrowna) war wohl auch schon in Feierlaune. Denn als sie eine Stunde zu spät aufkreuzte hörte man schon einen freudigen Silvesterwunsch den Flur entlang rufen. Nachdem sie dann kurz darauf wieder ging, arbeiteten wir dann noch weiter bis zur Mittagspause. Dann stoßen wir noch mit den verbliebenen Parkmitarbeitern auf einen guten Rutsch an, Juri Nikolajewitsch hatte extra noch ein paar Süßigkeiten gekauft, und gingen dann nach einem halben Arbeitstag nach Hause. (In Russland ist der Tag vor einem großen Feiertag schon zur Hälfte frei)
Dort machten wir uns nach einem Mittagessen an die Vorbereitungen für unsere Silvesterparty. Wir wollten gemeinsam mit unseren drei Gästen, Judith, Jura (Parkmitarbeiter) einem Freund von ihm und zwei weiteren Freunden von den Anja und Olesya feiern. Außerdem feierte der erst gestern wieder angereiste Juri Nikolajewitsch noch spontan mit uns mit.
Es versprach also ein große Party mit vielen uns noch ziemlich oder komplett unbekannten Leuten zu werden.
Und tatsächlich erlebte ich eine meiner interessantesten Silvesterpartys. Denn nicht nur, dass ich einen Großteil meiner Gäste nicht kannte, sondern auch deren Kultur noch immer nicht ganz vertraut für mich ist. Trotz dieser kulturellen Unterschiede war es eine sehr tolle Party mit “internationaler” Küche: Pommes, Rentiergeschnetzeltes, Kohlsalat, Kalmarsalat =Tintenfisch, Obst (Äpfel und Mandarinen, ganz typisch für das russische Neujahrsfest), Suchariki (kleine geröstete und gewürzte Brotstücke) Schlammbowle = alkoholisches Süßgetränk, Sekt (der auf keinem russischen Fest fehlen darf), Bier und der altbekannte Wodka. Übrigens haben die Deutschen den Wodka gekauft und nicht die Russen. Die haben erst zum Schluss, als es nichts anderes mehr gab, Wodka getrunken.
Natürlich gab es auch internationale Musik, es wurde getanzt, gespielt und gelacht.
Als gegen 5 Uhr morgens außer mir und Olesya niemand mehr wach war, der auch in diesem Haus wohnt, versuchten wir allmählich die noch verbleibenden Gäste loszuwerden. Allerdings ist das nicht ganz einfach, wenn man einerseits traditionell russisch ein guter Gastgeber sein will aber andererseits diese Leute auch gar nicht eingeladen hat (Ich sag da nur Gäste von Gästen) und sie sich dann zum Schluss nur noch mit meinem Alkohol zuschütten. Gegen 7 Uhr hatten Olesya und ich es dann aber geschafft und konnten in die Betten fallen.
1.1.2011:
Als ich am Neujahrsmorgen nach vier bis fünf Stunden Schlaf aufstand und in unsere Wohnküche trat, dachte ich nur: Wow!! Unser Gast Boris hatte am morgen schon alles aufgeräumt, als Vera bemerkte, dass unser Gast (!) aufräumt half sie ihm noch schnell, aber als ich aufstand war bereits alles erledigt.
Neujahr verbrachten wir dann mit Backen (Früchtebrot für den Weihnachtsmarkt), putzen, Essen… Da Olesya und Anja äußerst interessiert an der deutschen Kultur und Natur waren zeigte ich noch einige Fotos aus Deutschland und unterhielt mich mit ihnen über die russische und deutsche Kultur und andere interessante und/oder lustige Themen bis hin zu einer Lektion Deutsch.
Am Nachmittag kamen noch die zwei Freunde von den beiden Mädels. Eigentlich wollte ich mit denen nichts zu tun haben, sie waren mir einfach nicht sympathisch, aber es ist nicht gerade einfach in einem Land, in dem es üblich ist dem Gast alles anzubieten, was man zu bieten hat, jemanden vor die Tür zu setzen. Zumal wenn man die Sprache noch nicht richtig kann.
Als ich mich mit Susan über dieses Thema mal unterhalten habe, da kamen wir darauf, dass in Deutschland gerne mal mit dem Zaunpfahl gewunken wird und ein Gast meistens weiß, wann er gehen muss und er meldet sich auch meistens im voraus an und stürmt nicht einfach irgendwann in die Wohnung bzw. das Schlafzimmer. Deshalb sind wir vielleicht leicht überfordert, wenn irgendwelche Leute, die wir och nicht mal richtig kennen einfach bei uns reinschneien und dann schon mal ein paar Stunden da sitzen und einen aufhalten.
2.1.2011:
Heute wollten wir schon um 9 Uhr im Park sein, damit wir bis 11 Uhr alles aufgebaut hatten. Denn dann begann der Weihnachtsmarkt. Ich war allerdings schon eine Stunde früher im Park, um noch mit der Heimat zu telefonieren. Danach gings dann los mit aufbauen, hinrichten und noch frisches Brot kaufen. Frisches Brot zu bekommen war allerdings schwierig, da in der Bäckerei die Wasserleitungen eingefroren waren. Nachdem zwei Leute in mehreren Läden gesucht hatten, wurde aber doch noch etwas Brot gefunden. Also konnten wir die Currywurst doch mit Brot anbieten.
Auf Grund der niedrigen Temperatur an diesem Tag (minus 32 Grad Celsius) überlegten wir erst, den Verkauf ins Innere zu verlegen. Allerdings würden die Leute auf der Straße dann nicht so aufmerksam werden. Also beschlossen wir alles auf der Straße anzubieten.
Allerdings mussten wir vom Kuchen Anschauungsstücke im Freien auslegen, den Rest im lagern, sonst hätte es Kucheneis gegeben. Auch bei den Würsten musste man improvisieren. Wurde eine Wurst bestellt, so kam sie auf den Grill, war sie fertig, so wurde erst ein Teller genommen. Mit diesem ging man dann in das Parkgebäude und holte dort das selbstangerührte Curryketchup. Denn wenn man das draußen stehen ließ wurde es innerhalb weniger Minuten zu Curryketchupeis. Hatte man dann den Teller mit dem Ketchup musste man schnell die Wurst drauf. Das Brot wurde schon im Voraus auf dem Grill aufgetaut, war nämlich auch schon gefroren.
Selbst der Griff des Punschtopfes war eingefroren, da sich an ihm der Punschdampf niedergeschlagen hatte.
Da man bei diesen Temperaturen nicht allzu lange auf der Straße stillstehen konnte, wechselten wir uns immer ab. Diejenigen, die gerade Pause hatten, konnten sich dann im Park aufwärmen.
Leider kamen an diesem Tag nicht gerade viele Leute zu Besuch, aber zumindest hat den meisten unsere deutsche Küche geschmeckt und alle waren amüsiert über die Kopfbedeckungen, die unsere Chefin uns gab und meinte, wir sollten sie aufsetzen, genauso wie sie.
Gegen 15 Uhr beschlossen wir auch schon langsam aufzuräumen, denn die letzen Besucher waren gegen 14 Uhr gegangen. Um ca. 16 Uhr war dann auch schon alles vorbei und wir gingen nach Hause.
Dort warteten schon wieder Gäste von Gästen auf uns. Wenig erpicht auf deren Gesellschaft verzog ich mich dann auch auf mein Zimmer.
Eigentlich wollte ich auf 18 Uhr kochen und mit meinen Freunden (Judith, Vera, Susan, Larissa, Mascha, Anja, Olesya und Boris) meinen Geburtstag feiern. Nur im kleinen Stil. Das dann aber noch die anderen Leute, die auch schon auf unserer Silvesterparty da waren, bei uns in der Küche saßen und sich anscheinend darüber amüsierten, dass wir ihre Sprache noch nicht sehr gut beherrschten (während sie selber nur ihre Muttersprache konnten), gefiel mir gar nicht.
Nichts desto trotz gab es dann um ca. 18.30 Uhr etwas zum Essen. Als der unerwünschte Besuch dann weg war, wurde aus meinem Geburtstag doch noch das, was ich mir vorstellte: ein gemütliches Zusammensitzen.
3.1.2011:
Am Montag gingen wir erst um 10.30 in den Park, schließlich mussten wir gar nicht so viel vorbereiten.
Auch beschlossen wir heute den Verkauf im Park zu machen. Draußen wollten wir lediglich den Grill aufstellen und ein paar Schilder aufhängen.
Heute war eine große Gruppe Touristen im Park, die dann auch alle etwas von unserem Weihnachtsmarkt probierten. Anfangs wollte noch niemand eine Wurst haben. Doch dann wollten plötzlich alle eine und ich kam nicht mehr nach mit dem Grillen.
Am Nachmittag, als wir aufräumten, hatten wir dann allen Kuchen verkauft. Von den Würsten war allerdings noch genauso wie vom Punsch ziemlich viel übrig. Es waren einfach zu wenig Leute da gewesen.
4.1.2011:
Am Dienstag war erstmal ausschlafen angesagt. Schließlich hatten wir in letzter Zeit wenig Schlaf.
Zur Mittagszeit verabschiedeten wir dann Anja und Olesya. Sie fuhren schon etwas früher, während Boris noch bis zum 8. Januar bleiben würde.
Am Abend hatte Boris vorgeschlagen in ein örtliches Hotel zu gehen, um dort im Thermalfreibad zu baden. Da dies allerdings nicht umsonst war wie das öffentliche Bassin, waren wir zunächst noch etwas skeptisch. Schließlich sagten wir aber doch zu. Also gingen wir am Abend bei ungefähr minus 28 Grad los um ins Freibad zu gehen. Auf dem Weg trafen wir uns noch mit Judith, Wowa (ehemaliger Parkmitarbeiter) und Sascha (Bekannter von der Silvesterparty. Am Paramuschir (das Hotel) lotste Boris, der schon ein paar mal dort gewesen war, zu einem Zimmer. Dort wohnte gerade ein Russe aus Petropavlovsk, Roman. Wir sollten uns in seinem Zimmer umziehen und konnten dann direkt ins Bassin. Dieser Umstand führte dazu, dass wir keinen Eintritt zahlen musste.
Das Ambiente des Bassins war tatsächlich sehr gut. Das eigentliche Schwimmbecken war gefliest und die Umrandung war auch mit Holzwegen - und Terrassen angelegt. Außerdem waren die Bäume, die am Rand des Beckens standen, mit einem dicken Eis - und Schneepanzer überzogen, der vom aufsteigenden Wasserdampf kam.
Das Wasser selbst war allerdings nicht allzu warm. Deshalb konnten wir nicht allzu lange im Wasser bleiben und mussten schon bald wieder raus und in das Zimmer von Roman um uns dort wieder umzuziehen.
Während ich mich nur über mein eingefrorenes Handtuch lustig machte und dann schnell in das warme Zimmer lief, hatten Susan und Vera größer Probleme. Denn bei ihnen waren die Badschuhe am Beckenrand festgefroren. Bei Vera löste sich auch unter zu Hilfenahme von warmem Wasser aus dem Becken nur ein halber Schuh, d.h. das ein Schuh riss und einer sich gar nicht lösen ließ. Susan stieg in ihre Badschuhe und kam dann aber nicht weg, da auch ihre Schuhe eingefroren waren. Nur mit Mühe konnte sie einen Fuß mit Schuh vom Eis reißen, als sie dann den zweiten heben wollte, der aber auch festgefroren war, verlor sie das Gleichgewicht und musste sich mit der Hand auf dem Boden aufstützen. Obwohl sie die Hand schnell wieder vom Boden weg nahm war auch diese schon leicht am Eis festgefroren und noch einige Zeit später brannte ihre Hand von dem schmerzlichen abreißen.
Mal abgesehen von meinem eingefrorenen Handtuch und vereisten Haaren, die aber wieder im Zimmer auftauten bin ich also noch glimpflich davon gekommen.
Nach dem Baden blieben wir noch alle bei Roman auf dem Zimmer und verbrachten den Abend in lustiger Gesellschaft. Gegen Später gingen wir noch in die Hoteleigenen Disco. Um ca. 1 Uhr Nachts liefen wir dann angeduselt vom Alkohol, den es bei Roman auf dem Zimmer gab, nach Hause.
Wir drei (Vera, Susan und ich) dachten anfangs noch, dass wir nur kurz baden gehen würden und nach einer Stunde wieder zu Hause wären. Aber Roman hatte uns noch zum verweilen eingeladen und so wurde es dann halt doch spät.
5.1.2011:
Nach dem Frühstück wollte ich mich eigentlich in Ruhe auf mein Bett legen und mein Tagebuch weiter schreiben. Da kam aber plötzlich ohne jede Vorwarnung Roman in mein Zimmer und erzählte irgendetwas von Bier und den Mädchen. Ich geleitete ihn also zu Veras und Susans Zimmer. Dort packte er dann vier Flaschen Bier aus und wollte mit uns morgens um 11 Bier trinken. Wir lehnten dankend ab. Also trank er sein Bier halt alleine und wir unterhielten uns mit ihm. Als er nach einer halben Stunde immer noch nicht weg war, waren wir schon etwas genervt, schließlich hatten wir ihn nicht eingeladen. Aber er blieb trotzdem noch ziemlich lange und störte uns in unserem Tagesablauf (wir hatten alles noch zu tun, Tagebuch, Einkauf, Hausputz…) Nachdem er dann noch einen Tee getrunken hatte ging er dann endlich mal. Für den Abend hatten wir uns wieder verabredet. Dieses Mal wollten wir in die Bannja (Sauna) des Paramuschirs. Abermals mit der Gesellschaft vom gestrigen Abend.
Zuvor zog aber noch das personifizierte Chaos wieder in unser Haus ein: Unsere russischen Mitbewohner (Kostja, Nina und allen voran Sergej). Es brauchte nicht lange, bis wieder Teetassen mit alten Teekräutern überall herumstanden, das Bad wieder dreckig war, der Fernseher auf voller Lautstärke dröhnte etc. Aber wenigstens beseitigten sie nachdem wir sie darauf aufmerksam gemacht hatten, zwei Töpfe mit Brot, dass zuerst im Ofen getrocknet worden war, dann in Wasser eingelegt und dann vergessen wurde und vor sich hinschimmelte während sie für gut eine Woche im Wald waren.
Obwohl wir drei aus persönlichen Gründen, welche hier auf Grund der selbstverständlichen Diskretion nicht hin gehören, und allein deshalb weil Roman uns am Vormittag genervt hatte, waren wir eigentlich wenig erpicht auf diese Gesellschaft. Die Sauna wollten wir aber dennoch genießen und dachten, dass wir die Gesellschaft schon noch einmal “überleben” werden.
Wir sagten uns allerdings, dass wir nicht allzu lange bleiben wollten und im Gegensatz zu gestern auch keinen Alkohol trinken wollten.
Die Bannja war dann tatsächlich angenehm, wenn auch die Gesellschaft nicht die Beste war. Bei 80 bis 110 Grad schwitzen, sich mit einem Birkenwedel massieren lassen und dann eine Runde im Freien abkühlen oder eine Runde im Freibad schwimmen, dass hat schon was. Zwischen den einzelnen Saunagängen saß man dann im Ruheraum der Sauna und plauderte, aß und trank. Obwohl uns auch wieder Alkohol angeboten war blieben wir bei unserem Plan und tranken nur Alkoholfreies (Sollte sich irgendjemand also Sorgen gemacht haben, dass ich hier in Russland zum Alkoholiker geworden bin, so kann er das als Beweis dafür nehmen, dass ich kein Alkoholiker bin).
Nach zwei Stunden Sauna gingen wir dann nach Hause, obwohl wir noch zu Roman aufs Zimmer eingeladen worden waren, aber wie ich schon ein paar mal erzählt habe: teils unbeliebte Gesellschaft!
6.1.2011:
Wie wir schon befürchteten kam auch an diesem Morgen, ich saß gerade noch am Frühstück, Roman. Scheinbar fühlte er sich bei uns wohl. Obwohl wir nicht nur mit einem Zaunpfahl, sondern schon mit ganzen Strommasten gewunken hatten. Dennoch blieb er mehrere Stunden bei uns sitzen. Irgendwann setze ich mich einfach an meinen Computer und machte, was ich schon den ganzen Tag machen wollte: Tagebuch schreiben. Vera und Susan verzogen sich auch auf ihr Zimmer. Nur Boris unterhielt sich noch mit ihm.
Auch als ich mit Boris anfing Früchtebrot zu backen (Boris wollte unbedingt von mir gezeigt bekommen wie man das Früchtebrot macht, das wir auch am Weihnachtsmarkt verkauft hatten), blieb Roman sitzen. Immerhin hat er beim Backen geholfen und ich konnte mein Russisch trainieren, indem ich mich mit ihm unterhielt (was ich trotz backen und Tagebuch schreiben für lange Zeit tat). Die Gesprächsthemen waren sogar noch einigermaßen interessant, z.B. die kulturellen Unterschiede zwischen Russland und Deutschland.
Als Roman dann endlich ging, konnten Susan und ich dann auch endlich einkaufen gehen. Brot, Butter und andere wichtige Dinge.
Für den Abend waren wir (ich meine mal wieder Vera, Susan und mich) dann schon wieder bei Roman zum Schaschlikessen eingeladen. Inzwischen reichte es uns aber und, nicht ohne schlechtes Gewissen, lehnten wir die Einladung ab. Wir wollten einfach mal in Ruhe in unserer Wohnung sitzen und uns mal wieder unter sechs Augen unterhalten.
Am späten Abend lud uns Juri Nikolajewitsch (ihr wisst schon, der Inspektor, der auch bei uns wohnt) zum gemeinsamen Teetrinken ein. Schließlich war heute das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest (Raschdestwom) und gegen einen Tee im eigenen Haus hatten wir jetzt nichts einzuwenden.
7.1.2011:
Obwohl befürchtet, kam Roman heute nicht am Vormittag und wir konnten den Tag zunächst in Ruhe genießen. Wir konnten uns zum Mittagessen sogar etwas kochen, ohne dass irgendwelche Gäste währenddessen beschäftigt werden müssen. Das wir uns da mal wieder zu früh gefreut hatten, war ja klar. Denn kurz bevor das Essen fertig war, stürmte Andrej, ein Kunsthandwerker aus Esso, welcher des Öfteren unangemeldet bei uns hereinschneit, in Küche. Allerdings bleibt Andrej in aller Regel nur für einen Kaffee und geht dann wieder. Aber den Zeitpunkt hatte er einfach schlecht gewählt.
Auch das “personifizierte Chaos” kam gerade nach Hause und so war in der Küche wieder ein riesiges Remmidemmi.
Noch während ich meine Suppe löffelte klingelte mein Handy und mir schwante schon Böses. Und tatsächlich fragte Boris, ob Roman nicht in einer Stunde vorbeikommen könnte, um Wäsche zu waschen, da er im Hotel keine Gelegenheit hatte. Ich glaube ja, dass das nur eine billige Ausrede war, auch wenn es vielleicht tatsächlich im Hotel nicht ging, da dort das Kaltwasser eingefroren war.
Widerwillig gab ich nach Rücksprache mit Vera und vor allem Susan, die mit der Gesamtsituation gerade am wenigsten zufrieden war, meine Zustimmung. Allerdings ließ ich noch den unhöflichen Deutschen raushängen und meinte, dass Roman nur zum Wäschewaschen komme solle, und nicht wieder stundenlang bei uns herumsitzen sollte.
Ich hatte beinahe ein schlechtes Gewissen, dass ich mich so unhöflich benahm, aber Roman nervte uns in letzter Zeit wirklich und wenn ein Freund von mir mit der Selben Frage angerufen hätte, so hätte ich ihn noch zum Abendessen eingeladen.
Wir drei setzen dann noch einen oben drauf und warteten nur, bis Roman kam, um ihm die Waschmaschine zu erklären und gingen dann einkaufen. Wir brauchten ein paar Dinge für ein Abschiedsgeschenk und Essen mussten wir auch schon wieder kaufen. Also noch viel unhöflicher kann man eigentlich nicht sein und wir fühlten uns auch nicht gerade gut dabei.
Obwohl ich eigentlich nichts gegen spontanen Besuch habe, aber hier in Russland und ich glaube vor allem in unserem Haus ist mir das dann doch ein bisschen zuviel. Aber irgendwie kann man sich damit arrangieren und so seine Geduld, Spontaneität und Toleranz üben.
Als wir wieder von unserer Einkaufstour zurückkamen war Roman auch schon wieder weg.
In Ruhe aßen wir mir Boris noch zu Abend, schauten uns seine Bilder an, die er hier in und um Esso gemacht hatte und tauschten dann unsere Bilder aus.
Dann verabschiedeten wir Boris mit einem kleinen Abschiedsgeschenk und netten Worten, die er auch erwiderte und gingen ins Bett. Boris würde am nächsten Morgen früh aufgestanden sein und auf den Bus nach Petropavlovsk gegangen sein.
8.1.2011:
Den Samstag konnte ich in Ruhe beginnen und nach einer Dusche ein gemütliches Frühstück genießen.
Einen Großteil des Tages nutzte ich um mein Tagebuch wieder zu aktualisieren. Am Nachmittag ging ich nach einer Einkaufstour mir Susan noch kurz zu Judith, die uns auf einen Kaffee eingeladen hatte.
Als wir dann zurück waren, war es schon Abend und wir konnten schon bald mit dem Kochen fürs Abendessen anfangen.
Am Abend wartete ein gemütlicher Abend zu dritt (Vera, Susan und ich) im trauten Heim.
Da es in unserer Küche die letzen Tage sehr kalt war, verzogen wir uns in unser Gästezimmer, das gerade leer stand und das wärmste im ganzen Haus war.
Bedingt durch die niedrige Außentemperatur (seit gut zwei Wochen meistens unter minus 20 Grad) und die offensichtlich schlechte Isolierung unseres Hauses ist die Temperatur in unserer Wohnküche auf Schätzungsweiße 10 Grad plus gesunken. In der kältesten Ecke, beim Waschbecken ist sogar das Spritzwasser an der kalten Wand gefroren.
Die Kaltwasserhähne müssen immer aufgedreht bleiben. Falls nicht frieren sie ein und man hat nur noch sehr heißes und nicht schmeckendes Thermalwasser zur Verfügung. In einigen Haushalten, in denen der Wasserhahn nicht früh genug aufgedreht wurde, sind die Leitungen schon eingefroren. (z.B. im Paramuschir, bei Judith und im Park).
Um die niedrigen Temperaturen in unserem Haus auszuhalten, haben wir schon einige Fenster und den Hinterausgang mit Tüchern abgehängt, was vielleicht etwas gebracht hat. Dann muss man halt auch im Haus dicke Wollsocken, lange Unterwäsche und einen Wollpulli oder die Skihose anziehen, damit man nicht friert. Susan, deren Bett in einer Außenecke steht, muss zum Schlafen eine Mütze aufsetzen. Ich lass auch in der Nacht die Socken an und hab das Glück ein kleineres Zimmer mit weniger Außenwänden zu haben.
Laut Wetterbericht soll in den nächsten Tagen aber wärmeres Wetter kommen, nur noch minus fünf Grad, dann wird es auch in unserer Wohnung wieder wärmer werden.
9.1.2011:
Am Sonntag wollten wir nach dem Frühstück raus und einen Ausflug auf den Pionerskaya, einen Berg direkt hinter Esso, unternehmen.
Wir zogen uns also warm an und liefen dann letztendlich um ca. 11.15 Uhr los. Zunächst führte uns der Weg noch durch Esso, dann gings aber auch gleich sehr steil einen Schneehang nach oben. Vermutlich hatte ich zuviel angezogen, denn schon nach kurzer Zeit war ich durchgeschwitzt und keuchte. Obwohl man jetzt durch den Schnee besseren Halt hatte als im Herbst, als da nur Matsch war, war es doch anstrengender und ich war froh, als wir nach ca. 2 Stunden laufen oder beinahe schon klettern auf dem Gipfel ankamen.
Dort gab es erst mal einen Tee und einen Apfel, bevor es dann wieder nach unten ging.
Wie schon bei meiner ersten Besteigung mit Kay nahmen wir auch heute einen anderen weg nach unten, da der Aufstiegspfad sehr steil und ohne Bewuchs (zum Festhalten) war.
Den Abstieg nahmen wir also wieder abseits des Weges vor. Inzwischen lag dort aber so viel Schnee, dass er mir bis über die Knie reichte und Vera an einer Stelle bis zu den Hüften im Schnee versank, was dann einer Schneetiefe von etwa einem Meter entsprechen dürfte.
Kein Wunder also, dass es ziemlich anstrengend war, sich einen Weg durch diesen Tiefschnee zu bahnen.
Aber nach abermals einer Stunde kamen wir heil unten an und liefen nach Hause.
Dort machten wir uns dann erst mal was zum Essen und tranken ein paar Tassen Tee.
Danach war der Tag auch schon wieder beinahe gelaufen. Zum Abendessen kochten wir noch einmal, aber ansonsten gab es keine weiteren Höhepunkte.
10.1.2011:
Montag war der letzte Urlaubstag. Diesen verbrachte ich dann überwiegend zu Hause.
Am späten Vormittag putze ich mit Susan mal unseren Kühlschrank. Denn der sah inzwischen ziemlich verdreckt aus und wenn wir ihn nicht putzen würden, so würde das wahrscheinlich niemand machen. Also räumten wir den Kühlschrank komplett aus. Den Inhalt des Gefrierfaches mussten wir nur in unseren Windfang bringen. Dort war es so kalt, dass das Zeugs nicht auftauen würde.
Zwischendurch kam noch einmal Roman vorbei. Allerdings blieb er nur für einen Tee und ging dann wieder.
Am Nachmittag hatte ich meine Wohnung zum ersten mal seit langem nur für mich allein. Alle anderen waren ausgeflogen. Also dreht ich erst mal meine Musik in unserer Küche auf. Da ich nichts zum tun hatte, überlegte ich erst noch, spazieren zu gehen. Allerdings dämmerte es schon. Deshalb beschloss ich den russischen Techno-Pop, den ich gerade noch abspielte abzuschalten und stattdessen meine Folkloremusik aufzulegen. Dann versuchte ich mich an die Folkloretänze zu erinnern, die ich in Deutschland in einem Folkloreverein tanze. Allerdings war ich etwas aus der Übung und die Tanzpartnerin fehlte. Dennoch war es toll mal wieder zu tanzen.
Ein angenehmer Nebeneffekt war, dass ich dann mal wieder im T-Shirt in der Küche umherlaufen konnte, da es mir durchs tanzen so warm geworden war.
Nach meiner Tanzeinlage ging ich noch mit Susan, die inzwischen mit Vera zurückgekehrt war, einkaufen.
Dann war der Tag und damit auch der Urlaub zu Ende.