Weihnachten in der Ferne
Feiertage mal ganz anders
Nachdem ich mit der Vali vom 18-23.Dezember nochmal deutsche Luft in Berlin geschnappt und den deutschen "Luxus" genossen habe, stand auch schon Weihnachten vor der Tür. Wir kamen ungefähr um fünf Uhr abends in Panevezys an und uns stand noch der ganze Weihnachtseinkauf bevor. Am meisten Sorgen machte uns der Weihnachtsbaum. Zu zweit einen großen Tannenbaum vom Supermarkt zwanzig Minuten nach Hause zu schleppen stellten wir uns jetzt nicht so lustig vor. Falls jetzt jemand stutzig wird, ja in Litauen kauft man Tannenbäume im Supermarkt. Aber als wir daheim ankamen, wartete eine Überraschung von Vero und Juli auf uns. Ihr Abschiedsgeschenk bevor sie in die Heimat gefahren sind, war eine Art geschmückter Tannenbaum. Sie haben einen Tannenzweig in meine Palme gesteckt und festlich dekoriert. Da die zwei totale Weihnachtsmuffeln sind, verstanden sie unter der Weihnachtsdekoration zwar ein wenig was anderes, aber trotzdem war es eine wirklich nette Geste für uns. Das Schleppen des Tannenbaums fiel also schonmal weg, aber trotzdem mussten wir noch in den Supermarkt gehen. Das war es aber dann auch für den Tag.
Am nächsten Morgen schliefen wir erstmal aus und waren dann den ganzen Tag damit beschäftigt, das Weihnachtsessen für den Abend vorzubereiten. Okay, Vali hat gekocht und ich habe geschnitten und sie unterhalten. Am Abend kam dann die Mimi vorbei, eine andere österreichische Freiwillige, und wir hatten wirklich einen schönen Abend zu dritt. Am besten war aber das Essen. Gefüllte Zucchiniröllchen, Bruschetta, selbstgemachte Ravioli und ein Schokoudding. Der Pudding war eine Dr. Oetker Puddingmischung und war die einzig wirkliche Aufgabe, die ich hatte, ist aber leider völlig in die Hose gegangen. Naja, jetzt weiß ich wenigstens, dass man zu der Mischung noch eigenständig Zucker hinzufügen und die Milch davor mit dem Pulver mischen muss, damit es keine Klumpen gibt. Man lernt nie aus:)
Nach dem Essen, der Bescherung und einer kleinen Verdauungspause haben wir noch einen nächtlichen Sapziergang mit unseren zwei türkischen Freunden Oz und Mehmmed gemacht. Dieses Weihanchtsfest war zwar ganz anders, als jedes Weihnachten davor, aber trotzdem einmalig. Der erste Weihnachtsfeiertag war dann ein richtiger Gammeltag. Nur Filme und Essen den ganzen Tag. Am nächsten Tag wollten wir dann mal wieder etwas produktives machen, also gingen wir shoppen, In Litauen werden die Feiertage nicht so genau genommen und Supermärkte und große Einkaufszentren haben eigentlich immer offen. Ich glaube, es müsste die Welt untergehen, damit der Supermarkt mal geschlossen bleibt.
Die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester waren wir dann in einer Art Winterdepression gefangen. Bei -20 Grad unter tags konnten wir nämlich nichts mehr machen, außer in unserem Bett mit Wärmflasche liegen zu bleiben. Bei solchen Temperaturen überlegt man sich schon zweimal, ob man jetzt wirklich wegen einer Packung Haferflocken nach draußen geht. Es war sogar zu kalt für Schnee, was ich in meinem Leben davor noch nie gehört habe. Aber zum Glück hat es vor dem Temperatursturz ordentlich geschneit, also war wenigstens die Landschaft weiß.
Einer meiner prägendsten Erlebnisse in diesen Tagen war, dass ich vollgepackt mit Einkäufen auf dem Eis ausgerutscht bin. Salz wird in Litauen leider nicht gestreut, weil das laut einer Aussage von einem Einheimischen "genauso wäre, als würde man Geld auf die Straße schmeißen". Also nimmt man stattdessen Sand, was leider fast nicht gegen die Glätte hilft. Da lag ich nun auf dem Boden, alle meine Kartoffeln waren irgendwo verstreut, weil die Tüte gerissen war und habe versucht, erstmal wieder aufzustehen. Was ehrlich gesagt gar nicht so leicht ist. Also bin ich auf dem Boden rumgekrochen und wollte die Kartoffeln in meine restlichen Tüten stecken, was leider auch gescheitert ist, da diese zu voll waren. Während ich so auf dem Eis rumgerutscht bin und meine Kartoffeln wieder einsammeln wollte, sind die Leute an mir vorbeigegangen, als hätten sie nichts bemerkt. Manche hatten sogar die Frechheit, neben mir stehen zu bleiben und mich anzuschauen, als wäre ich ein entlaufenes Tier im Zoo. Und das ist leider keine Übertreibung. Wirklich kein einziger Mensch hat mir geholfen oder wenigstens gefragt, ob es mir gut geht. Als wäre das nicht schon genug, musste ich leider diesen Sturz mit dem Verlust von zwei Kartoffeln bezahlen.
Nachdem ich mich von diesem Schock wieder erholt habe und wir alle wiedervereinigt in der Wohnung waren, ging es am 31. Dezember auf nach Kaunas, um dort in dem großen Haus der Freiwilligen Silvester zu feiern. Ich glaube, ich werde Silvester nie wieder mit so vielen verschiedenen Nationalitäten feiern.
Eines muss ich aber zum Schluss noch sagen: Ich hatte bis jetzt keine großen Probleme mit dem Heimweh, aber in der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester hat es mich dann doch ein wenig gepackt. Also überlegt euch das gut, falls ihr mal plant, ein Auslandsjahr zu machen und über Weihnachten nicht heimzufahren.
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